Das hatte es mit dem spektakulären Feuerwehr-Einsatz am Kirchturm in Schwalheim auf sich

Es war ein spektakulärer Einsatz, den die Ortsfeuerwehr Schwalheim am Samstag absolvierte. Der Auftrag lautete: Das Zifferblatt am Turm der Evangelischen Kirche retten.
Bad Nauheim – Wahrscheinlich war es einer der kürzesten Wege, die die sieben Feuerwehrleute zum Ausrücken brauchten, gerade mal über die Straße, wo sich hoch oben in der Kurve die Evangelische Kirche erhebt. Doch die Planung für die außergewöhnliche Übung hatte es in sich. Nach dem Blick auf den Fahrplan und der Versicherung, dass der nächste Bus erst in einer Stunde kommen würde, sperrte die Feuerwehr die Straße. Dann musste das Feuerwehrauto mit der Drehleiter in die richtige Position gebracht werden, um exakt an die große runde Aussparung im Turm zu gelangen. Das Zifferblatt wurde schließlich mit Decken und Stangen vor dem Korb der Drehleiter befestigt.
Feuerwehrmann Christian Grossmüller war schon bei der Demontage am 12. Juni dabei und brachte Erfahrung mit. Für Celina Holland war es das erste Mal auf der Drehleiter und ziemlich aufregend - nicht wegen der schwindelerregenden Höhe von rund 20 Metern, sondern weil sie Sorge um das schöne weiße Zifferblatt hatte. Die Scheibe aus altem Kupferblech hat immerhin einen Durchmesser von 1,80 Meter und wiegt rund 35 Kilogramm.
Dann begann die Millimeterarbeit, das Zifferblatt so zu justieren, dass Burkhardt vom Innern des Turmes alle Schrauben befestigen und die Haken in die Ösen einhängen konnte.
Vorsichtig steuerten die beiden Feuerwehrleute den Korb ein wenig nach rechts und ein paar Zentimeter hoch. Nichts durfte am Mauerwerk schrammen. Nach 17 Minuten war das Zifferblatt wieder an Ort und Stelle. Punkt Elf Uhr zogen Burkhardt und sein Kollege Christian Schoppe beim ohrenbetäubenden Klang des Glockengeläuts den Haltebalken zurück. Dann gaben sie den beiden Feuerwehrleuten noch die schwarz lackierten Zeiger zum Aufstecken durch die Öffnung, stellten die Uhr ein und versahen das Montageloch mit einer Platte.
Bad Nauheim: KFZ-Meister kennt sich mit Farben aus
Hans-Otto Burkhardt hatte es schon lange geärgert, dass die Uhr an der Nordseite so gar keine Auskunft mehr über die Zeit geben konnte. An der Süd- und Ostseite waren schon vor gut 20 Jahren und 2003 die Blätter restauriert worden. Inzwischen konnte man hier auch keine Zahlen mehr erkennen, es war buchstäblich der Lack ab. Und mit Lack kennt sich der ehemalige KFZ-Meister aus.
Zuerst fertigte er eine Schablone, um die Zahlen hinterher richtig positionieren zu können. »Danach habe ich den alten Lack abgeschabt und abgeschliffen. Das war eine mühselige Arbeit, es darf nicht der geringste Rückstand bleiben«, erzählt er. Nach dem Säubern, Grundieren und Trocknen kamen der erste Zwischenschliff und zwei weitere Farbschichten. Auch hierbei musste immer ein nasser Anschliff erfolgen, um die Haftung der Farbe zu garantieren. Viel Fingerspitzengefühl erforderte das Malen der römischen Ziffern mit dem Pinsel. Dann noch einmal Feinschliff, und schließlich machten zwei Klarlackschichten das wieder strahlende Zifferblatt wetterbeständig.
Bad Nauheim: Willkommene Feuerwehr-Übung
Im Schwalheimer Kirchenvorstand ist man dem engagierten Kollegen sehr dankbar, dass er diese Arbeit von mehr als 30 Stunden ehrenamtlich auf sich genommen hat. »Das kann kein Lackierer mehr machen. Ich hoffe, es überlebt mich«, sagt Burkhardt und bedankt sich bei Wehrführer Jan Lesczensky. Der ist froh über diesen ungewöhnlichen Einsatzauftrag: »Wir müssen Übungen mit der Drehleiter machen, weil sie in der normalen Feuerwehrarbeit nicht so häufig gebraucht wird. Aber es ist ein spezielles Gerät, das man beherrschen muss«, erklärt er. So hat die Schwalheimer Feuerwehr eben mal ein Zifferblatt gerettet.
Kleine Schwalheimer Kirchengeschichte
Die erste Kapelle von Schwalheim war wahrscheinlich eine Brückenkapelle, etwa am heutigen Buxtonplatz gelegen. Die erste Pfarrkirche wurde 1504 nachgewiesen. Diese Markuskirche, im 17. Jahrhundert durch Langhaus und Emporen erweitert und in ständigem Renovierungszustand, war der Vorgängerbau der heutigen Kirche. Die nach der Reformation evangelisch-lutherisch gewordene Kirche wurde aber nach Anordnung des Hanauer Landesfürsten in eine evangelisch-reformierte Filialkirche der Pfarrei Dorheim umgewandelt und Pauluskirche genannt. Zahlreiche Gemeindemitglieder weigerten sich damals, die reformierte Kirche anzunehmen und bildeten eine eigene Gemeinde mit der eigenen Peterskirche, die jedoch 1803 schon wieder abgerissen wurde. 1818 fanden Lutheraner und Reformierte in Schwalheim zu einer evangelisch unierten Gemeinde zusammen. Der jetzige Kirchenbau wurde mit seinem 36 Meter hohen Turm am 24. August 1851 eingeweiht. 1966 wurde die Kirchhofsmauer aus Rücksicht auf den Verkehr zurückgesetzt. Bis zum Bau der katholischen Liebfrauenkapelle 1966 diente die Kirche beiden Konfessionen als Gotteshaus.