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Biker fühlen sich an den Rand gedrängt

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Bad Nauheim/Wetteraukreis (bk). Freeride, Four Cross, Downhill, Dirtjump … So unterschiedlich wie die Freizeitsportarten auf dem Mountainbike (MTB), so verschieden sind die Interessen der Betreiber. Doch in einem Punkt sind sich alle Biker einig: Den Entwurf des neuen hessischen Waldgesetzes lehnen sie rundweg ab, weil ihre Bewegungsfreiheit in der Natur damit weiter eingeschränkt werden solle.

Das gelte auch für das bei vielen Radfahrern beliebte Winterstein-Gebiet und den Bad Nauheimer Stadtwald, sagt MTB-Experte Bernd Hallmann aus der Kurstadt: »Wir dürften dann nur noch breite Schotterpisten befahren, was mehr Konflikte mit anderen Nutzern heraufbeschwören und das Gefahrenpotenzial erhöhen würde.«

Kleinere Konflikte, die mit Mountainbikern zu tun haben, gab es im Wald rund um Bad Nauheim, Friedberg, Rosbach, Ober-Mörlen und Wehrheim immer mal wieder. Archäologen berichteten über Schäden am Weltkulturerbe Limes, regionale Naturschützer fürchteten um die Ruhe der Tiere und den Bestand der Pflanzenwelt, Spaziergänger klagten ihr Leid über eine Gefährdung durch vorbeirauschende Radfahrer, der Forst kritisierte den Bau von Sprungschanzen auf Rückewegen. Insgesamt, so der Tenor bei Ortsterminen und runden Tischen, herrsche im Winterstein-Gebiet aber ein Zustand, mit dem alle Beteiligten leben können.

Sollte der Entwurf für ein neues hessisches Waldgesetz verabschiedet werden, ginge das vor allem zulasten der Mountainbiker, ist Bernd Hallmann überzeugt. Er war lange Leiter der MTB-Abteilung des Skiclubs Winterstein Bad Nauheim, ist in der Deutschen Initiative Mountainbike aktiv und hat einen Biker-Stammtisch mit bis zu 80 Teilnehmern aus der Region initiiert. Auch zu »freien« Bikern, die sich keiner Organisation anschließen, pflegt der Bad Nauheimer Kontakte.

»Das gültige Gesetz wird unterschiedlich ausgelegt, prinzipiell erlaubt es aber das Fahren auf befestigten Waldwegen. Wie es im neuen Entwurf heißt, soll dagegen nur die Nutzung von Pisten zulässig sein, die ganzjährig mit einem zweispurigen, nicht geländegängigen Kraftfahrzeug befahren werden können«, erläutert Hallmann. Letztlich bedeute das: Selbst breite naturbelassene Wege seien für Biker gesperrt, nur mit Schotter oder Asphalt befestigte Pisten dürften befahren werden. Bislang seien die Freizeitsportler am Winterstein auf »Singletrails« (schmale Waldwege) unterwegs, legten bis zu 50 Kilometer zurück. Komme das Gesetz, sei das verboten.

Hallmann: »Das Fahren auf den Schotterpisten ist nicht nur uninteressant, sondern gerade rund um Forsthaus Winterstein auch gefährlich. Dort sind nämlich viele Spaziergänger und Autos unterwegs.«

Als Problem sieht der Bad Nauheim lediglich einige jugendliche Biker, die querfeldein fahren und manchmal zu wenig Rücksicht nehmen. »Sie halten sich nicht ans bestehende Gesetz und würden auch ein neues nicht beachten.« Für diesen Personenkreis, der meist nicht an längeren Radtouren interessiert sei, müssten Parcours außerhalb des Waldes angeboten werden. In Bad Nauheim habe es solche Pläne gegeben, seien letztlich aber aufgegeben worden.

Gespräche sind »eingeschlafen««

Etwas anders drückt es der zuständige Fachbereichsleiter im Kurstadt-Rathaus, Peter Krank, aus: »Die Überlegungen, einen solchen Parcours zu schaffen, wurden ausgesetzt.« Einen Bedarf sieht der Fachbereichsleiter durchaus, weil die Biker-Szene offenbar weiter wachse. Es gebe aber aktuell keinen Ansprechpartner, der die unterschiedlich gelagerten Interessen dieser Freizeitsportler bündeln und gegenüber der Behörde formulieren könne.

»Würden wir ein MTB-Gelände schaffen, müssten sich die Nutzer in einem Verein organisieren, um bei Unfällen versichert zu sein. Einen solchen Verein gibt es aber nicht«, sagt Krank. Auch Hallmann gehört nicht mehr dem Skiclub Winterstein an, einige andere Biker sind ebenfalls ausgetreten. Die Gespräche mit Vertretern der Mountainbike-Szene seien, so Krank, »eingeschlafen«.

Wie Krank bestätigt, habe die Stadt vorgeschlagen, auf dem nicht mehr genutzten Gelände der Kiesgrube bei Nieder-Mörlen einen MTB-Parcours zu schaffen. Letztlich seien die Pläne an Naturschutz-Argumenten gescheitert. »Übergeordnete Behörden haben sich auf Vorgaben berufen, von denen sie nicht abweichen konnten oder wollten«, sagt der Fachbereichsleiter. Letztlich habe man sich für eine komplette Renaturierung des Geländes entschieden.

Auch der Bad Nauheimer Jugendbeirat hätte ein solches Angebot für Mountainbiker gerne gesehen. Den Limes als Sprungschanze – das will niemand. Ein Schutz von Kulturerbe und Natur – da sind sich eigentlich alle Seiten einig – kann aber nur gewährleistet werden, wenn Alternativen geschaffen werden.

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