Bauprojekt: Ortsbeirat Schwalheim hat Bedenken

Kein Politiker hat etwas dagegen, wenn das Dingeldein-Firmengebäude in Schwalheim verschwindet und durch Wohnhäuser ersetzt wird. Doch der Ortsbeirat gießt jetzt etwas Wasser in den Wein.
Vor knapp zwei Jahren hat die Maschinenbau-Firma Dingeldein & Herbert in Schwalheim den Betrieb eingestellt. Einige Monate später wurde das Gelände in zentraler Lage, auf dem ein hässlicher Betonklotz steht, an den Bad Nauheimer Immobilien-Investor Rafael Jantos verkauft. Seine Pläne, dort 28 Eigentumswohnungen zu errichten, stoßen bei der Politik auf Zustimmung.
Das gilt auch für den Ortsbeirat, der sich kürzlich eingehend mit dem Bauvorhaben befasst hat. »Die Mitglieder des Ortsbeirats begrüßten einhellig die Entstehung neuen Wohnraums auf der jetzigen Industriebrache«, heißt es in einer Erklärung der Lokalpolitiker. Sie lassen allerdings umgehend ein Aber folgen.
Jantos und das Rathaus wollen das Projekt nämlich auf Grundlage des Paragrafen 34 Baugesetzbuch (BauGB) realisieren. Einen Bebauungsplan für das Gelände an der Ecke Salinenstraße/Faulweide soll nicht entwickelt werden. In Absatz 1 des Paragrafen 34 heißt es: »Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.«
Lokalpolitiker wollen Bebauungsplan
Jantos will vier Gebäude mit je zwei Etagen plus Dachgeschoss hochziehen. Die Neubauten sollen niedriger werden als manche bestehenden Häuser in der Nachbarschaft.
Trotzdem meldet der Ortsbeirat Bedenken wegen des Genehmigungsverfahrens an. »Wir vermissen für die vorgesehenen 28 Eigentumswohnungen die in den städtischen Gremien abgestimmten, der Öffentlichkeit zugänglichen verbindlichen Vorgaben eines Bebauungsplans und auch eine auf diesem Weg durchsetzbare Verpflichtung des Investors, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen«, betont Ortsvorsteherin Lisa Graudenz.
Zudem fragt sich der Ortsbeirat, ob ein »einvernehmliches Nebeneinander von hochpreisiger Wohnanlage und Sportplatz« gewährleistet werden kann. Weiteres Argument: Das Volumen lasse Zweifel aufkommen, ob sich das Bauvorhaben in die Umgebung einfüge. Aus all diesen Gründen bittet der Ortsbeirat den Magistrat, einen Bebauungsplan aufzustellen.
Geht es nach Bürgermeister Klaus Kreß, wird der Magistrat diesem Wunsch nicht nachkommen. Wie er betont, werde Wohnen an diesem Standort von allen Gremien ausdrücklich begrüßt. Bezüglich des Planungs- und Genehmigungsverfahrens dürften sich die Verantwortlichen nicht von Emotionen und subjektivem Empfinden leiten lassen. Kreß: »Glücklicherweise geht es allein nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs.«
Kreß weist Forderungen zurück
Jantos habe als Investor, der ein privates Bauvorhaben verwirklichen möchte, Anspruch auf ein Verfahren nach Paragraf 34 BauGB. Nach diesen Regeln würden in Bad Nauheim pro Jahr über 300 Bauanträge genehmigt. Ein Bebauungsplan für das Dingeldein-Gelände ist laut Kreß nicht erforderlich, weil die Ziele des Bauherrn mit denen der Stadt übereinstimmten. Konfliktpotenzial bestehe nicht.
Für die Genehmigungsfähigkeit ausschlaggebend seien Volumen und Höhe der Gebäude. Der Bürgermeister hat diesbezüglich keine Bedenken, entschieden werde aber im Kreisbauamt. Diese Behörde prüfe, ob sich die Häuser in die Umgebung einfügten.
»Am ehesten verstehe ich die Frage des Ortsbeirats, ob der Sportplatz in Gefahr geraten könnte«, sagt der Rathauschef. Das sei nicht zu befürchten, weil für diese Anlage Bestandsschutz bestehe. »Wer dort hinzieht, kennt die Situation und muss mit dem benachbarten Platz leben.«
Andere Unternehmer, die in Bad Nauheim Eigentumswohnungen errichten, müssen eine Investorenabgabe zur Förderung bezahlbaren Wohnraums an die Stadt entrichten. Das gilt in diesem Fall nicht. Laut Bürgermeister kann diese Abgabe nur verlangt werden, wenn die Stadt einen Bebauungsplan aufstellt. Für das Dingeldein-Grundstück werde es aber keinen B-Plan geben.
Kreß warnt die Politik davor, Investoren alles vorzuschreiben. So sei es ein Widerspruch, wenn der Ortsbeirat einerseits eine weniger dichte Bebauung wünsche und den Investor andererseits gerne zu einer finanziellen Förderung von bezahlbarem Wohnraum verpflichten möchte. Würden beide Forderungen erfüllt, rechne sich ein solches Projekt nicht mehr.
Vier Gebäude mit 28 Wohnungen
Die ehemaligen Firmengebäude auf dem 5200 Quadratmeter großen Dingeldein-Grundstück in Schwalheim sollen nach dem Willen von Investor Rafael Jantos in diesem Jahr abgerissen werden. Im ersten Quartal 2022 möchte er mit dem Bau von vier Mehrfamilienhäusern beginnen. Er plant 28 Eigentumswohnungen mit zwei bis vier Zimmern, die frühestens Mitte 2023 bezugsfertig sein werden. Die Gebäude werden nicht direkt an der Straßenfront stehen. Vielmehr sind kleine Vorgärten vorgesehen. Im Innenhof des Gebäudeensembles in Richtung Sportplatz sehen die Pläne eine umfangreiche Begrünung vor, das Grundstücke wird also nicht komplett überbaut.
Außerdem möchte Jantos eine Tiefgarage mit zwei Zufahrten und 62 Stellplätzen errichten. Die Investitionskosten schätzt der Bauherr auf 12,5 Millionen Euro.