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Gänse lassen Teich wie „Kloake stinken“ – Auch Waschbär-Problem in Bad Nauheim wächst

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Von: Bernd Klühs

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Zu viele Gänse im Kurpark? Parlament und Magistrat sind in dieser Frage unterschiedlicher Meinung. Die Stadtverordneten haben jetzt beschlossen, mehr zu tun, um die Zahl dieser Wasservögel zu reduzieren. © Nicole Merz

Tierische Einwanderer wie Nilgans oder Waschbär haben im Bad Nauheimer Parlament kaum Freunde. Die Politiker wollen die weitere Ausbreitung dieser Arten in Parks und Wohnvierteln verhindern.

Bad Nauheim – Seit Jahren wird in Bad Nauheim über die Gänsepopulation im Kurpark diskutiert. Doch nach wie vor ist die Wahrnehmung ganz unterschiedlich. Während das Parlament verdreckte Wege und die Verdrängung heimischer Vogelarten im Kurpark durch invasive Arten wie Nil- und Kanadagans kritisiert, sieht die Verwaltung kein großes Problem. Die CDU hatte bereits 2017 eine »Gänse-Invasion« ausgemacht und Abwehraktionen gefordert. Jetzt hat die Kenia-Koalition das Thema erneut aufgegriffen, verlangt auch Schritte gegen die Ausbreitung von Waschbären im Stadtgebiet. Der Antrag von CDU, Grünen und SPD wurde am Donnerstag einstimmig verabschiedet.

»Gänse sollen nicht abgeschossen werden, es gibt umweltverträgliche Methoden«, sagte CDU-Fraktionschef Manfred Jordis. Unter anderem müsse die Ansiedlung invasiver Arten in der Brutzeit verhindert werden. Der Magistrat nehme das Problem nicht ernst genug. Die Christdemokraten beklagen mit Kot verunreinigte Parkwege und die Verdrängung heimischer Entenarten. »Weil es zu viele Gänse gibt, deren Fäkalien auch im Wasser landen, stinkt der kleine Teich manchmal wie eine Kloake«, erklärte CDU-Stadträtin Sonja Rohde am Rande der Sitzung.

Bad Nauheimer Gänsepopulation laut Kreß stabil bis rückläufig

Die anderen Fraktionen sehen ebenfalls weiteren Handlungsbedarf - im Gegensatz zu Bürgermeister Klaus Kreß. »Sie sind offenbar nicht so oft im Kurpark«, sagte er an Jordis gerichtet. Die Gänsepopulation wachse nicht, sondern sei stabil bis rückläufig. Das bestätigten Experten. Kreß nannte den Umweltschutzbeauftragten Rudi Nein, den Erna-Ente-Treff sowie den Kur- und Servicebetrieb. Die Stadt arbeite seit Jahren mit einem Büro für Faunistik zusammen, das auf die Erfassung von Tierarten spezialisiert sei. Zählungen ließen keine Zunahme erkennen. »In der Brutzeit werden Gelege durch Gipseier ausgetauscht. Das ist sehr erfolgreich«, erläuterte der Bürgermeister. Das treffe kurioserweise auch auf das Anbringen von Nisthilfen zu. »Dadurch wissen wir, wo die Vögel brüten und haben einen leichteren Zugriff.«

Das Parlament bezweifelt, dass diese Aktivitäten ausreichen. Der Magistrat wurde beauftragt, im Ausschuss über ergriffene Maßnahmen gegen die »ausufernde Population« der Gänsearten zu berichten und weitere Schritte einzuleiten.

Waschbären drängen nach Bad Nauheim

Der Antrag der Koalition wurde am Donnerstag um das Thema Waschbären erweitert. »Diese Ergänzung ist wichtig, weil diese Tiere von den Streuobstwiesen immer mehr in die Stadt drängen. Aus Ortsteilen werden Vorfälle gemeldet«, sagte Grünen-Fraktionschefin Claudia Kutschker. Aufgabe der Verwaltung sei es, die Bürger zu informieren, wie sie Grundstück und Haus für Waschbären unattraktiv machen könnten.

Die Koalition setzt auf Verdrängung. Nach Ansicht des SPD-Fraktionsvorsitzenden Sinan Sert muss nicht rabiat vorgegangen werden: »Es gibt mit Sicherheit Möglichkeiten der Vergrämung, ohne die Waschbären abknallen zu müssen.« Die Verwaltung soll Vorschläge machen.

FDP-Stadtverordneter Jochen Ruths, der auf die Jagd geht, hält den Ansatz der Koalition für falsch. Waschbären seien Kulturfolger, suchten die Nähe des Menschen und ließen sich nicht vergrämen. Um die Tiere loszuwerden, kämen Fallen zum Einsatz. »Aktuell gibt es in der Straße Am Nauheimer Bach ein Waschbär-Problem«, sagte Ruths.

Waschbär-Problem in Bad Nauheim: Im Wald aussetzen ist verboten

Wie der Freidemokrat der WZ in einer Sitzungspause erklärte, würden gefangene Tiere erschossen. »Exemplare dieser invasiven Art im Wald auszusetzen, ist verboten«, sagte Ruths. Wer Lebendfallen aufstellen wolle, müsse eine Ausbildung absolvieren. Er sprach von einem flächendeckenden Problem, überall drängten die Allesfresser in Wohnviertel, bedienten sich in Mülltonnen oder suchten andere Nahrungsquellen. »Sind Waschbären einmal da, kriegt man sie schwer wieder los.« Ihre Fäkalien fänden sich auch auf Spielplätzen. Dadurch könne sich der Waschbär-Spulwurm, ein gefährlicher Parasit, auf den Menschen übertragen.

Die Gemeinde Wöllstadt habe eine Initiative ergriffen, um dem Problem Herr zu werden, Friedberg plane ein Waschbär-Management. Ein »Feldzug« gegen die Tiere hält Ruths nicht für erforderlich, hilfreich wäre ein kompetenter Ansprechpartner im Rathaus, der Bürger informieren könne.

Bejagung ganzjährig erlaubt

Die hessische Jagdverordnung wurde 2020 geändert. Danach dürfen Waschbären das ganze Jahr über geschossen werden. Wirkung hat diese Reform offenbar nicht gezeigt. Aus immer mehr Gemeinden werden Probleme mit diesen unerwünschten »Mitbewohnern« gemeldet, die in Häusern und Gärten enorme Schäden anrichten können. Wer die Tiere mit Lebendfallen fangen will, muss eine Ausbildung absolvieren. Gesetzlich verboten ist es, die Waschbären in Wald oder Feld auszusetzen. Gefangene Exemplare der invasiven Art dürfen nur vor dem eigenen Haus freigelassen werden.

Hilfe bei der Lösung eines Waschbär-Problems leisten manche Jäger. Sie fangen die Tiere und erschießen sie. Betroffene Bürger können sich auch an Schädlingsbekämpfer wenden. Nach Ansicht von Tierschützern müssen die Menschen lernen, mit diesen Tieren zu leben. Eine Verdrängung sei schwer möglich. Das Einfangen und Töten bringe nichts, weil dann Artgenossen nachrückten.

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