76-Jährige kann wieder im World Wide Web surfen
Bad Nauheim-Wisselsheim (lk). Wochenlang wurde Johanna Haubner hingehalten. Trotz zahlreicher Versprechungen ihres Netzanbieters »1 & 1« blieb der Telefon- und Internetanschluss der 76-jährigen Wisselsheimerin tot. Weil sich die Rentnerin nicht mehr zu helfen wusste, schaltete sie die Wetterauer Zeitung ein. Mit Erfolg.
»Ich hab’ das Problem am 16. August gemeldet«, erzählt Johanna Haubner, als wir sie in der vergangenen Woche in Wisselsheim besuchen. Seit mehr als sechs Jahren ist die Rentnerin Kundin bei »1 & 1«. Mitte August fällt ihr auf, dass Internet und Telefon nicht mehr funktionieren. Seither hat sie eine Odyssee hinter sich: Stundenlang hing Haubner in den Warteschleifen der Kunden-Hotline fest, sprach mit Call-Center-Mitarbeitern und stöpselte nach telefonischer Anweisung von Technikern die Kabel an ihrem WLAN-Router um. »Manchmal ging es danach kurz. Aber nur stundenweise.«
Angeblich ist die Telefonleitung zu lang
Die Gespräche mit den Mitarbeitern des Netzanbieters hat sich die rüstige Rentnerin akribisch notiert. Vier Seiten umfasst die Liste. Ständig sei ihr versichert worden, dass der Schaden behoben sei. Auch habe man ihr erklärt, dass sie nun auf der »Prioritätenliste« stehe und man sich unverzüglich um ihr Problem kümmern werde. Ein Techniker habe nach einem Telefongespräch behauptet, dass Haubners Leitung zu lang sei. »Die kann doch nicht plötzlich gewachsen sein«, sagt die Rentnerin lachend. »Eine faulere Ausrede ist denen wohl nicht eingefallen.
« Schließlich hätten die Mitarbeiter von »1 & 1« vermutet, das Problem liege an der Leitung des Netzbetreibers, der Telekom. Doch als am 21. September ein Techniker der Telekom vor ihrer Tür steht, wird klar: Das Problem liegt nicht am Netzbetreiber, sondern am Anbieter und damit bei »1 & 1«.
»Ich brauche das Telefon, um meine Kontakte aufrechtzuerhalten.« Auch auf den Internetzugang mag die 76-Jährige nicht mehr verzichten. »Erst wurde das Internet groß propagiert, und jetzt habe ich mich dran gewöhnt«, sagt sie. Weil die Rentnerin sich nicht mehr zu helfen weiß, hat die WZ-Redaktion sich nach dem Besuch bei der Wisselsheimerin an die Pressestelle des Netzanbieters gewendet und um eine Stellungnahme gebeten. Prompt erfolgt ein Zwischenbescheid zum »Kundenfall Johanna Haubner«. Die Angelegenheit sei mit höchster Priorität an den technischen Spezialisten weitergegeben worden, heißt es. Damit Haubner schon in der Zwischenzeit online gehen könne, erhalte sie einen kostenfreien UMTS-Stick. »Weiterhin erstatten wir ihr die letzte Grundgebühr zurück und hinterlegen für sie noch eine weitere Grundgebühr-Befreiung«, heißt es weiter. Am vergangenen Mittwoch trifft nicht nur der versprochene »Surf-Stick« bei der Wisselsheimerin ein, sondern auch ein neuer WLAN-Router. Kaum hat Johanna Haubner den angeschlossen, kann sie wieder telefonieren und im Internet surfen.
Vertrag gekündigt
In einer abschließenden Stellungnahme seitens »1 & 1« heißt es, zwei Grundgebühr-Befreiungen seien für die Kundin hinterlegt worden. Außerdem habe man ihr die letzte Vertragsrechnung erstattet. Aber warum hat der Netzanbieter rund sieben Wochen gebraucht, um festzustellen, dass der WLAN-Router der Rentnerin nicht mehr richtig arbeitet? Zu Beginn der Störungsmeldung habe der Router noch ab und an funktioniert, weshalb man nicht von einem Defekt der Hardware habe ausgehen können. Erst nach dem Besuch des Telekom-Technikers am 21. September sei das Problem deutlich geworden. »Man hätte vielleicht einen früheren Termin für die Kundin erwirken können. Aber eigentlich hat unsere Technik richtig gearbeitet«, betont eine Mitarbeiterin der Pressestelle auf telefonische Nachfrage. Aufgrund des schleichenden Defekts des Routers gehe man von einer Überspannung aus. »Vermutlich ist die Hardware durch ein Gewitter (Blitzeinschlag/Überspannung) in Mitleidenschaft gezogen worden.«
Und Johanna Haubner? Die freut sich, dass Internet- und Telefonanschluss wieder funktionieren. Den »Surf-Stick« will sie nicht behalten. »Das ist doch Larifari«, sagt die Rentnerin, die eine solch nervtötende Strapaze nicht noch einmal mitmachen möchte. Muss Johanna Haubner wahrscheinlich auch nicht: Die Rentnerin hat ihren Vertrag mit »1 & 1« mittlerweile gekündigt.