»Storchenleben enden zu oft im Strommast«
Wetteraukreis (geo). Der Storch gilt als Glücksbringer. Doch ein bisschen Glück könnte er selbst auch gebrauchen. Strommasten, unachtsam zurückgelassenes Material auf Wiesen wie Gummischnüre und Störungen während der Brutzeit werden vielen Störchen zum Verhängnis.
Zudem dezimieren Wetterkapriolen, der gefahrvolle Zug in den Süden und natürliche Fressfeinde den Bestand. So ist stetes Engagement der Naturschützer nötig, um den Storch, der in den 1970er Jahren in der Wetterau ganz verschwunden war, zu schützen.
Wilhelm Fritzges, der Vorsitzende der Natur- und Vogelschutzgruppe Lindheim, kennt die Gefahren nur zu gut. Erst Anfang Juli führte ein Feuerwerk in Lindheim unweit des Nestes zur panischen Flucht dreier Jungstörche. Alle Vögel kamen wie durch ein Wunder zurück. Doch die Freude währte nur kurz. Eine Frau meldete sich bei den Naturschützern, weil sie auf ihrem Weg von Altenstadt nach Hammersbach unter einem Strommast in der Altenstädter Wiese einen toten Storch entdeckt hatte. Der Altenstädter Vogelschützer Erhard Geis suchte das Gebiet ab und brachte den toten Vogel ins Vereinsheim der Lindheimer Naturschützer. Der nicht beringte Adebar soll nun im Veterinäramt in Friedberg untersucht werden.
»Wir finden jedes Jahr tote Störchen unter Hochspannungsleitungen im Nidder- und im Seemenbachtal. Da muss etwas passieren«, fordert Fritzges. Er würdigte das Engagement der Ovag, die seit Jahren die Wiederansiedlung des Weißstorchs in Oberhessen fördere. Das Unternehmen helfe nicht nur beim Aufstellen neuer Storchennester, sondern leiste auch tatkräftige Unterstützung beim Beringen. Doch hätten all diese Bemühungen keinen Erfolg, wenn die Störche in den Stromleitungen verendeten.
Die Ovag arbeite seit einem Jahr »mit Nachdruck« an einer weiteren Verbesserung des Vogelschutzes, teilte Pressesprecher Andreas Matlé mit. Je nach Art des Mastes würden Abdeckhauben oder Büschelabweiser montiert, um große Vögel wie Storch, Bussard und Milan zu schützen. In der ersten Phase würden jene Masten umgerüstet, die im EU-Vogelschutzgebiet stehen. Dies seien 1735 im Versorgungsgebiet – und damit rund ein Fünftel aller Masten. Danach sollen die übrigen 6515 Masten verändert werden. »Allein für die erste Phase der Umrüstung wird die Ovag zirka 1,46 Millionen Euro ausgeben«, sagte Matlé.
Die Masten in Altenstadt seien im August an der Reihe. In der Düdelsheimer Gemarkung haben die Naturschützer ebenfalls einen Todfund zu verzeichnen. Dort liegt ein Storch mit ausgebreiteten Flügeln tot in seinem Nest. Die Todesursache ist noch ungeklärt. Ein weiterer Storch hat sich im achtlos liegengelassenen Bindegarn von Heuballen derart verfangen, dass er kaum noch laufen kann. Bisher ist es den Naturschützern allerdings noch nicht gelungen, ihn zu fangen, da er wegfliegt, sobald sich ihm jemand nähert. Er hält sich südlich der Biogasanlage in Altenstadt auf. »Die Landwirte sollten ihre Wiesen sauber verlassen«, mahnte Fritzges.