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Tote Katzen, Hochwasser und Weidegang der Kühe

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Mücke (ks). Rund 70 Zuhörer saßen erwartungsfroh gestimmt in der Mediathek der Gesamtschule Mücke und sie sollten nicht enttäuscht werden: Die Frau mit dem roten Wuschelkopf weiß bekanntlich seit Jahren zu fesseln mit ihren Geschichten und Krimis.

Mücke (ks). Rund 70 Zuhörer saßen erwartungsfroh gestimmt in der Mediathek der Gesamtschule Mücke und sie sollten nicht enttäuscht werden: Die Frau mit dem roten Wuschelkopf weiß bekanntlich seit Jahren zu fesseln mit ihren Geschichten und Krimis. Eine Art Heimatabend könnte man es nennen, meinte Anne Chaplet, die am Sonntag Abend schon zum zweiten Mal auf Einladung des Vereins Kunstturm Mücke las.

Michael Fliegl vom Verein hatte den Gast herzlich begrüßt, ebenso Schulleiter Willi Sollner. Doch gleich zu Beginn der Lesung eine kleine Enttäuschung fürs Publikum: Anne Chaplet will ihrem Romanhelden Paul Bremer eine Pause gönnen und ein Buch über einen Kater schreiben, erklärte die Katzenfreundin. Am Abend (»das ist so ‘ne Art Nostalgieveranstaltung«) gönnte sie dem Publikum aber noch einen Ausflug nach Klein-Roda mit seinem ländlichen Charme und seinen liebenswerten Bewohnern - alle Ähnlichkeiten selbstverständlich rein zufällig.

Chaplet griff auch zu ihren allerersten Werken, aus denen sie noch nie gelesen habe, und hinter denen sie sich damals zunächst nicht zu erkennen gegeben hat - »aber nicht, weil ich die Rache der Nachbarn gefürchtet hätte.« Ihr Roman »Caruso singt nicht mehr« erinnert nach eigenen Worten auch an ein vergangenes Kapitel Ilsdorfer Dorfgeschichte (wo die Autorin ein Häuschen hat), »denn das Hochwasser, das es früher immer gab, ist Vergangenheit.« Nun aber ließ sie ihren Helden Bremer noch einmal mit braunen brackigen Fluten kämpfen, in denen nicht nur Katzenleichen schwimmen. Chaplets Bücher sind bekannt dafür, dass sie darin einen Blick hinter bürgerliche Kulissen wirft und das Dorfleben trotz ihrer Liebe zum Land nicht übermäßig romantisiert wird. Ihrem scharfen Blick entgeht dabei wenig. So sei der Umgang mit der Kreatur zum Beispiel eher pragmatisch: »Die sparsame Landfrau sucht das Heil nicht beim Tierarzt, sondern setzt auf Natur und Schicksal.« Pferdeschlitzer und Brandstifter treiben ihr Unwesen in der scheinbaren Idylle und setzen Paul Bremer zu - der einst aus der Stadt geflohen war, um auf dem Land sein Glück zu suchen, »was aber nicht so einfach war.« Chaplet schilderte einen Radausflug und die »berauschende Aussicht auf sieben Windräder« oder sie wirft einen liebevoll-ironischen Blick zurück, wenn die Nachbarin morgens und abends mit dem lauten »Aaaauuuf« die Kühe zur oder von der Weide trieb.

Berührend die Schilderung eines alten Mannes aus »Schneesterben«, der seiner verstorbenen Frau in den Tod folgt und wo im Verlauf des Erzählens ein altes Geheimnis ans Licht kommt. Dunkle Kapitel wie Zwangsarbeiterschicksale bleiben nicht ausgespart. Als Zugabe gab es dann die Beschreibung des jährlichen Vernichtungsfeldzuges in den Gärten, wenn die Schneckenplage die Salatköpfe bedroht. Dann werden Schneckenleiber mit dem Messer zerhackt oder die Tiere nachts mit Salz bestreut. Maulwürfen wird ebenfalls auf scheußliche Weise der Garaus gemach - während der Nachbar im Schutzanzug mit der Giftspritze gegen das Unkraut am Wegesrand vorgeht - »Naja, Sie wussten ja schon immer, dass das Landleben laut, grausam und gefährlich ist,« meinte sie augenzwinkernd zu ihrem Publikum. Nach einer Pause gab Anne Chaplet eine Kostprobe aus ihrem neuen Roman »Schrei nach Stille« (kleiner Hinweis: dazu gibt es im Internet auf »youtube« ein entzückendes Filmchen). Eine kurze Fragerunde schloss sich an, in der die äußerst angenehme Lesestimme von Chaplet gelobt wurde, die doch geradezu dazu einlade, auch Hörbücher einzusprechen. Am Büchertisch konnte man sich noch ein »Stück« Chaplet mit nach Hause nehmen.

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