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Preiskämpfe bei Medikamenten: Unter den Lieferengpässen leiden die Patienten

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Von: Kim Hornickel

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Lieferengpässe bei Brustkrebsmitteln sorgen für Streit zwischen Herstellern und Krankenkassen. Unter den Preiskämpfen leiden jedoch vor allem die Patienten.

Kassel – Bei Generika, günstigen Nachahmer-Medikamenten, deren Patentschutz abgelaufen ist, kommt es immer wieder zu Lieferengpässen, zuletzt Anfang des Jahres. Unter der Knappheiten leiden auch Krebspatienten, die so keinen ausreichenden Zugang zu lebensrettenden Medikamenten haben. Doch weil die Kosten für Generika immer weiter sinken, steigt ein Hersteller nach dem anderen aus der Produktion aus. Die Firmen fordern höhere Preise, die Krankenversicherungen halten dagegen. Der Preiskampf zermürbt den Markt.

Von den Lieferengpässen ist auch das Brustkrebsmittel Tamoxifen betroffen. Tamoxifen blockiert den Hormonrezeptor und verhindert, dass der Brustkrebs sich weiter ausbreitet, erklärt der Verein Brustkrebs Deutschland online. Von den Engpässen sind nun, laut Schätzungen des Brustkrebs e.V., circa 120.000 bis 130.000 Brustkrebspatientinnen und Brustkrebspatienten betroffen, die das Medikament benötigen.

Das Brustkrebsmittel Tamoxifen wird günstig hergestellt und die Produzenten leiden unter dem Preisdruck.
Das Brustkrebsmittel Tamoxifen wird günstig hergestellt und die Produzenten leiden unter dem Preisdruck. © Hannibal Hanschke/dpa

Lieferengpässe bei Brustkrebsmittel: Hersteller stellen Produktion von Generika ein

Drohende Lieferschwierigkeiten spürte der Brustkrebs Deutschland e.V. schon im vergangenen Jahr. „Seit Dezember 2021 zeichnete sich langsam ab, dass die Verfügbarkeit von einem der wichtigsten Brustkrebsmedikamente Tamoxifen schwieriger wurde“, erklärt der Verein auf seiner Homepage. Im Frühjahr 2022 war das Medikament schließlich nur noch vereinzelt oder überhaupt nicht mehr lieferbar. Der Brustkrebs e.V. riet verzweifelten Patientinnen und Patienten, Medikament über Umwege in anderen Länder zu kaufen.

Im Frühjahr 2022 hatten dann mehrere Zulieferer entschieden, die Generika nicht mehr herzustellen. Das Problem: Schon 2006 gab es noch lediglich 19 Firmen, die Tamoxifen herstellten, wie die Tagesschau berichtet. Mittlerweile sind es laut dem Verein „Pro Generika“, dem Interessenverband der Generika- und Biosimilarunternehmen, nur noch drei Hersteller, mit nennenswertem Marktanteil. Pro Generika erklärt auf seiner Homepage, wie es zu den Lieferengpässen kommen konnte: „Hersteller oder wichtige Zulieferer sind aus der Produktion ausgestiegen, da diese für sie nicht länger wirtschaftlich war.“

Weniger als 9 Euro zahlen die Krankenkassen für eine Dreimonatspackung Tamoxifen an die Hersteller. „Und es ist der Preis, für den ein Hersteller wirtschaftlich produzieren muss“, warnt der Interessenverein. Steigen die Herstellerkosten, werde das von den Krankenkassen nicht ausgeglichen. Dann bleibe den Firmen laut Pro Generika nur eine Lösung: „Will er nicht mit Verlust produzieren, muss er sich aus der Versorgung zurückziehen.“

Tamoxifen kein Einzelfall: Probleme bei Medikamentenversorgung sitzen tief

Auch wenn Tamoxifen kein Einzelfall ist, und Lieferengpässe bei Medikamenten immer wieder auftreten, scheint eine Lösung des Problems schwierig, denn die Generika-Hersteller und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind sich uneins. Während die Hersteller höhere Preise und mehr Produktionsstandorte fordern, weist der Spitzenverband, laut Recherchen der Tagesschau, die Forderungen zurück. „Statt nach mehr Geld zu rufen, sollten die Pharmaunternehmen gesetzlich verpflichtet werden, Lieferengpässe frühzeitig anzuzeigen“, so ein Sprecher gegenüber der Tagesschau.

Der Streit um die Generika-Produktion könnte somit weiter andauern und Lieferengpässe sind auch in Zukunft nicht ausgeschlossen. Vorerst hat eine Hersteller jedoch für Entspannung auf dem Markt gesorgt: Hexal hat zusätzliche Chargen produziert, wie mehrere Medien berichteten. (Kim Hornickel)

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