Geschäft in der Galerie Neustädter Tor streicht 2G-Kontrollen – Stadt greift ein

Woolworth verzichtet in Hessen seit mehreren Tagen auf 2G-Kontrollen. Man sieht sich als Grundversorger. In Gießen hat das Ordnungsamt Einwände.
Gießen - Die Regelung ist eigentlich klar: »Die Verkaufsstellen des Einzelhandels sind geöffnet, wobei der Zutritt ausschließlich Geimpften und Genesenen gestattet ist.« So ist es auf der Homepage des Landes Hessen nachzulesen. Dennoch gewährt das Unternehmen Woolworth seit einigen Tagen auch Ungeimpften Eintritt in seine hessischen Filialen, bis Dienstag (25.01.2022) auch in jene in der Galerie Neustädter Tor in Gießen. Denn auf der Internetseite des Landes ist ebenfalls festgehalten, dass Grundversorger von der 2G-Zugangsbeschränkung ausgenommen sind.
Woolworth-Filiale in Gießen: Unternehmen deklariert sich als Grundversorger
»Woolworth verzichtet seit dem Wochenende auf 2G-Kontrollen in den Kaufhäusern in Hessen. Grundlage dafür ist die rechtliche Einschätzung unserer Juristen, dass die derzeit gültige Coronaschutzverordnung des Landes Hessen unser Sortiment als Grundversorgung einstuft. Für Grundversorger gemäß der jeweiligen Verordnungen gelten bekannterweise keine 2G-Zugangsbeschränkungen«, teilt ein Unternehmenssprecher auf Anfrage mit.

Doch was umfasst Grundversorgung? Das Land Hessen listet eine ganze Reihe von Bereichen auf, etwa Supermärkte, Apotheken, Blumengeschäfte, Buchhandlungen oder Drogerien. Dem Verwaltungsgerichtshof in Bayern, wo eine ähnliche Regelung galt, war diese Einstufung nicht deutlich genug. So dienten etwa Kleidungsgeschäfte ebenfalls der Deckung des täglichen Bedarfs. Die Richter haben daher vor einer Woche die Beschränkung des Zugangs zu Einzelhandelsgeschäften in Bayern vorläufig außer Vollzug gesetzt. In Niedersachsen und dem Saarland haben Richter ähnlich entschieden.
Das führt auch Woolworth an. Die aktuelle rechtliche Einschätzung basiere auf Entscheidungen der Verwaltungsgerichte in anderen Bundesländern. Deren Coronaschutzverordnungen definierten die Grundversorgung ebenso offen, wie die aktuelle Fassung des Landes Hessen es tue, meint der Woolworth-Sprecher. »Aufgrund von erfolgreichen Normenkontrollanträgen von Woolworth wurden zuletzt in Niedersachsen und dem Saarland die 2G-Regeln außer Kraft gesetzt. Das Bundesland Bayern setzte die 2G-Regel außer Kraft, da die Definition der Grundversorgung in der Coronaschutzverordnung nicht abschließend formuliert war. Dies ist unserer Einschätzung nach auch in Hessen der Fall.« Eine entsprechende schriftliche Begründung werde den zuständigen Ordnungsbehörden in den Kaufhäusern vorgelegt.
Woolworth in Gießen bekommt Besuch vom Ordnungsamt
Das Land Hessen sieht die Angelegenheit ein wenig anders. Gegenüber der FAZ betonte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums, dass der Verweis auf die Entscheidungen anderer Länder nicht genüge, zumal sich die Begriffe in den Coronaverordnungen im Wortlaut »deutlich« voneinander unterscheiden würden. Ob Woolworth zur Grundversorgung gehöre, müssten die kommunalen Ordnungsbehörden jeweils an Ort und Stelle entscheiden.
Dafür ist in Gießen das Ordnungsamt zuständig. Und das hat der Filiale einen Besuch abgestattet. Die Folge: Laut Stadtsprecherin Claudia Boje hat der Markt den Zutritt für Ungeimpfte wieder untersagt. Nach Ansicht der Stadt berechtigt die angebotene Ware in der Gießener Filiale nicht für eine Einstufung als Grundversorgung. Damit konfrontiert betonte der Woolworth-Sprecher, den Vorgaben der Stadt nachzukommen. (chh)