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Volksverhetzung: Attacken gegen Flüchtlinge bei Facebook

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Vor Gericht beteuern beide Männer, nicht rechtsradikal zu sein.
Vor Gericht beteuern beide Männer, nicht rechtsradikal zu sein. © Steffen Hanak

Gießen (sha). Eine »Brandbombe« auf die Flüchtlingsunterkunft in der Rödgener Straße werfen? Wegen Volksverhetzung mussten sich nun zwei Männer vor dem Amtsgericht Gießen verantworten.

Glaubt man den beiden Angeklagten, dann haben sie keinerlei Vorbehalte gegenüber Flüchtlingen, stattdessen viele nicht-deutsche Freunde und sind praktisch selbst Ausländer – oder fühlen sich zumindest so. Der eine wegen seiner russischen Partnerin und eines besten Kumpels, der Inder ist – der andere wegen familiärer Wurzeln, die bis nach Kroatien reichen.

Der Dialog, den beide Männer am 23. Oktober 2014 bei Facebook auf der »Pinnwand« des Jüngeren führten, klang jedoch weniger weltoffen: Da war von einer »Brandbombe« zu lesen, die in die Flüchtlingsunterkunft in der Rödgener Straße geworfen werden sollte sowie von der Befürchtung, dass »Scheiße nicht brennt«. Reste einer solchen Aktion müsste dann ein »Entsorgungsmanagement« beseitigen, das »früher Gestapo hie?.

Ein Täter zeigt Reue

Vor einer Strafrichterin des Amtsgerichts traten die 24 und 35 Jahre alten Männer unterschiedlich auf: Der Jüngere, ein Arbeitsloser aus dem Kreisgebiet, beteuerte, »kein Menschenhasser« zu sein. Jene auf seiner Facebook-Seite veröffentlichten Zeilen seien das »Dümmste, was man machen kann« und er habe deshalb auch schon »verdammt viel Ärger mit meiner Familie« gehabt. Einen konkreten Grund, warum sich dennoch zu diesen Äußerungen hinreißen ließ, konnte der 24-Jährige beantworten. Er habe »Stress gehabt« und »den Kopf ausgeschaltet«, sagte er mit zerknirschter Stimme. Aufgrund seiner reumütigen Haltung stellte Richterin Sonja Robe ein zweites Verfahren gegen den Kreis-Gießener ein: Da der 24-Jährige den Satz »Dann schmeiß doch eine Bombe [in die Flüchtlingsunterkunft] rein!« geschrieben hatte, wurde gegen ihn auch wegen der Aufforderung zu einer Straftat ermittelt.

Der ältere Angeklagte, ein Gießener, betonte zwar auch, dass er nicht rechtsradikal sei. Im Gegensatz zu seinem Bekannten beharrte er jedoch darauf, dass lediglich sein »Sarkasmus« falsch verstanden worden sei. Dass ihm Volksverhetzung vorgeworfen wurde, fand er »schlimm«. Richterin Sonja Robe unterstrich allerdings, dass sie in den »geschmacklosen« Sätzen keinen Sarkasmus erkennen könne. Dies bekräftigte auch Staatsanwältin Dagmar Lachmann: Selbst, wenn die Angeklagten sich jetzt von ihren Facebookeintragungen distanzierten, sie hätten »zu Feindseligkeiten angestachelt«. Robe verurteilte den jüngeren Täter wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 900 Euro, der ältere muss 4000 Euro zahlen. Dass es sich nur um einen »schlechten Scherz« gehandelt habe, glaube sie ihm nicht, sagte die Richterin an die Adresse des 35-Jährigen.

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