Donizetti-Oper hat Premiere: Nicht modern, sondern schön

Das Stadttheater bringt das selten gespielte Werk »Linda di Chamounix« in einer Inszenierung von Hans Walter Richter auf die Bühne des Großen Hauses.
Belcanto allenthalben. So hat man’s gern im Stadttheater. Die nächste Oper auf dem Spielplan stammt aus der Feder von Gaetano Donizetti, einem führenden Vertreter dieser italienischen Musikrichtung. Dessen »Lucia di Lammermoor« ist längst zum Kassenschlager geworden. In Gießen feiert am Samstag, 31. Januar, eine selten gespielte Oper des Meisters in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln Premiere: »Linda di Chamounix« aus dem Jahr 1842. Donizetti schrieb die Oper für Wien und wurde prompt von Kaiser Ferdinand I. zum österreichischen Hofkapellmeister ernannt. Ob die »Linda« auch hier das Zeug zum Publikumsliebling hat?
Basierend auf einem französischen Theaterstück geht es wie so oft um eine tragische Liebesgeschichte, die der Tondichter geschickt in Szene setzt. Natürlich verliert die Titelheldin vor Kummer den Verstand – Donizettis »Lucia« lässt grüßen. In der koloraturreichen Partie der Linda darf Sopranistin Naroa Intxausti glänzen. Unter der musikalischen Leitung von Florian Ziemen und in der Inszenierung von Hans Walter Richter setzt das Stadttheater damit seine Aufführungsreihe unbekannter Opern des 19. Jahrhunderts fort.
Ausstatter Bernhard Niechotz wirkt am Dienstag beim Pressegespräch so locker und gelassen wie selten vor einer Premiere. »Es kann ziemlich cool werden«, erklärt er die gute Laune mit der Arbeit am neuen Stück. »Wir sind diesmal nicht modern, sondern schön«, skizziert er sein Bühnenbild, das einen zwar schlichten, aber beeindruckenden Gemeinschaftsraum in Chamounix darstellen wird – inklusive Schnee im dritten Akt.
Regisseur Richter inszeniert zum ersten Mal fürs Große Haus, mit Niechotz hat er bereits häufig zusammengearbeitet. Seine Donizetti-Premiere beschreibt Richter mit den Worten: »Jede Figur in dieser Oper ist wichtig. Der Schluss wird zum Weiterdenken anregen.«
Und worum geht’s? Die junge Savoyardin Linda wird nach Paris geschickt, um den Nachstellungen des Marchese di Boisfleury zu entgehen. Sie ist verliebt in Carlo, den sie für einen Maler hält – in Wirklichkeit aber ist er der Neffe des Marchese. Als dieser von seiner Familie gezwungen wird, eine andere Frau zu heiraten, verfällt Linda dem Wahnsinn.
Donizetti jongliert geschickt mit allen Komponenten, die man von einer Belcanto-Oper erwartet: Blühende Melodik, prickelnde Koloratur-Arien, mitreißende Ensembles und mächtige Chorszenen. Die tragische Handlung wird immer mal wieder von humorvollen Einlagen unterbrochen. Die vier Herren, die Linda das Leben schwer machen, werden von Leonardo Ferrando – vom Gießener Publikum zuletzt gefeiert als Gonzalo in »Die Eroberung von Granada« – Cozmin Sime, Calin-Valentin Cozma und Tomi Wendt interpretiert. Sofia Pavone singt die Hosenrolle des Pierotto.
Die stattlichen Chorpartien übernimmt der Chor und Extrachor des Stadttheaters unter der Leitung von Jan Hoffmann sowie der von Martin Gärtner einstudierte Kinder- und Jugendchor. Es spielt das Philharmonische Orchester. Beginn ist am Samstag um 19.30 Uhr. mm