Party mit Likör, Kölsch und Pizza

(sid). Vorsängerin Almuth Schult war bei ihrer letzten »Humba« so in Ekstase, das Kölsch schäumte immer wieder im Schwall aus der Flasche in ihrer Hand. Lautstark gab die Fußball-Torhüterin den Startschuss zur feuchtfröhlichen Pokalparty des VfL Wolfsburg in Köln, der achten in Serie und zugleich ihr rauschendes Abschiedsfest.
»Man muss irgendwann auch heiser sein und erst im Hellen nach Hause gehen. Das ziehen wir so durch«, versprach Schult, die nach neun VfL-Jahren in die USA zum Angel City FC wechselt. Nach dem klaren 4:0 (3:0) im DFB-Pokalfinale gegen Turbine Potsdam flossen sogleich Bier, Sekt und oranger Meloncello - den Melonenlikör hatte Alexandra Popp von ihrem Lieblingsitaliener mitgebracht. Wie jedes Jahr.
Denn seit 2015 ist die Silbertrophäe im Besitz der Wölfinnen. Die erdrückende Dominanz in Zahlen: Die letzte Pokal-Niederlage datiert vom November 2013. Mit dem achten Triumph nacheinander holte der VfL nicht nur sein sechstes Double - mit neun Pokalsiegen zog der Verein auch als Rekordsieger mit dem 1. FFC Frankfurt gleich. »Das ist unbeschreiblich, daran wird man sich auch noch in Jahrzehnten erinnern«, meinte Schult, als sie mit Badelatschen an den Füßen sowie Pizza und Kölsch in der Hand zur Pressekonferenz erschien. Direkt nach Abpfiff sog sie im »Alle Neune«-Siegershirt gefasst alles in sich auf, ahnte aber: »Der emotionale Teil wird noch kommen.«
Doch für eine Aktion im Überschwang der Gefühle erntete sie Kritik. Ewa Pajor (11./32.), Jill Roord (42.) und Dominique Janssen (70.) hatten die Favoritinnen vor 17 531 Fans längst auf die Siegerstraße geführt, da sprintete die Nationaltorhüterin bei einer Ecke (86.) in den Potsdamer Strafraum, als müsste noch eine Rettungstat her. »Respekt vor ihrer Karriere, was sie alles gerissen hat. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass sie den Ausflug nicht macht«, ärgerte sich Turbine-Coach Sofian Chahed bei Sky. Schult klärte »die spontane Idee« auf: »Im Training hatte ich zuletzt mal ein grandioses Seitfalltor geschossen. Es wäre doch lustig gewesen, wenn ich mal ein Tor für Wolfsburg geschossen hätte. Es tut mir leid, wenn das falsch rüberkam.«
Der VfL verfolgt nun ohne die Galionsfigur Schult das Ziel, die Rolle als Branchenprimus vor dem letztjährigen Meister FC Bayern zu zementieren. Dass Tommy Stroot trotz Umbruch in der Debütsaison als Cheftrainer das Double holte und das Champions-League-Halbfinale erreichte, spricht wie die ausgeklügelte Kaderplanung für die Arbeit in der VW-Stadt.
Durch Jule Brand, Sara Agrez, Schult-Nachfolgerin Merle Frohms, Marina Hegering und Kristin Demann ist Verstärkung bereits gesichert. Schult verlässt den Verein unbesorgt und kann die zwei Wochen bis zur EM-Vorbereitung nutzen, um den Umzug mit ihrem Mann und den zwei Jahre alten Zwillingen nach L.A. zu planen. Wolfsburg, erklärte die 31-Jährige, sei »seit Jahren das fitteste Team der Liga«, und der unbändige Ehrgeiz, der »Geist der Mannschaft«, werde immer weitergegeben. Eine Warnung an die Konkurrenz, die hofft, »dass die Kluft nicht zu groß wird und wir nicht den Anschluss verlieren«, wie Chahed zugab.