Große Emotionen

Erhitzte Debatten um zwei Großereignisse, Corona und auch die Folgen des Ukraine-Kriegs prägten das Sportjahr 2022. Trotz des WM-Debakels der Fußballer in Katar konnten deutsche Fans indes mehrfach jubeln.
Die Olympischen Winterspiele in Peking und die Fußball-WM in Katar: Innerhalb weniger Monate durfte die Welt im Jahr 2022 bestaunen, was so alles schiefläuft im internationalen Sport. Zwei Großereignisse sorgten für jede Menge Gesprächsstoff abseits des Wettkampfes, sie erhitzten die Gemüter von Fans, Funktionären und Politik. Beiden Events gemein waren die Diskussionen um Nachhaltigkeit und Menschenrechte - in dieser Dichte hatte der Sport das noch nie erlebt.
Pendelflüge für Fans, klimatisierte Tribünen und Stadien, die als »weiße Elefanten« in der Wüste zurückbleiben - umweltfreundlich ist die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar sicherlich nicht gewesen, darüber täuscht auch all das Greenwashing des Emirats und des Weltverbands FIFA nicht hinweg. Der Tod unzähliger Gastarbeiter, die Debatte um die »One Love«-Binde und ein WM-Botschafter, der Homosexualität als »geistigen Schaden« verunglimpft, das waren weitere Aufreger. Viele Anhänger wollten gar nicht erst zuschauen.
Ab November rollte der Ball dennoch, doch wie 2018 war für die deutschen Kicker bereits nach der Vorrunde Schluss. Der DFB versank im Chaos, Geschäftsführer Oliver Bierhoff musste nach 18 Jahren seine Koffer packen. Und auch bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) brodelte es, Donata Hopfen räumte nach nicht einmal 365 Tagen im Amt ihren Posten. Die Nachfolgersuche wird beide Verbände ins neue Kalenderjahr begleiten.
Auch die Winterspiele standen unter keinen guten Vorzeichen. Graue Berge, wenig Natur, aber umso mehr Kunstschnee führten die Vergabe an Peking ad absurdum. Gerutscht, gefahren und gejagt wurde trotzdem. Aus deutscher Sicht? Erfolgreich. Zwölfmal Gold, zehnmal Silber und fünfmal Bronze bedeuteten Rang zwei im Medaillenspiegel - obwohl die Biathlon-Männer erstmals seit 2010 ohne Edelmetall blieben. In der Gold-Rinne kam Team Deutschland im Bob, Rodeln und Skeleton mit Francesco Friedrich, Natalie Geisenberger und Co. nicht mehr aus dem Jubeln heraus. Im Biathlon-Einzel triumphierte Denise Hermann-Wick. Corona hatte die Winterspiele dabei fest im Griff.
Für Wirbel sorgte daneben die russische Eiskunstläuferin Kamila Walijewa mit einer positiven Dopingprobe. Noch immer ist die Medaillenvergabe im Teamwettbewerb ausgesetzt, der Fall beschäftigt den Internationalen Sportgerichtshof CAS. Wenige Tage, nachdem das olympische Feuer erlosch, entflammte der russische Angriffskrieg auf die Ukraine die Weltpolitik. Der Sport reagierte: Russische und belarussische Athletinnen und Athleten wurden von Wettkämpfen ausgeschlossen, die Europäische Fußball-Union entzog St. Petersburg die Austragung des Champions- League-Finales.
In der Europa League beeindruckte derweil Eintracht Frankfurt. Die »Euro-Adler« flogen durch den Wettbewerb, rangen den ruhmreichen FC Barcelona nieder und krönten sich im Endspiel mit dem Sieg im Elfmeter-Krimi gegen die Glasgow Rangers. Wie Eintrachts Europapokalhelden wurden auch die Nationalspielerinnen nach dem zweiten Platz bei der EM auf dem Frankfurter Römer empfangen. Während des Turniers in England löste die DFB-Elf einen Frauenfußball-Boom aus, der in die Bundesliga schwappte - und Tausende Fans auf die Tribünen lockte.
Als Publikumsmagneten erwiesen sich ebenso die Heim-EM der Basketballer und das Münchner »Mini-Olympia«, die European Championships. Das DBB-Team um Kapitän Dennis Schröder gewann Bronze, Sprinterin Gina Lückenkemper sorgte mit Gold über 100 Meter für eine Sensation.
Im Männer-Fußball holte Bayern München die zehnte Meisterschaft nacheinander, Schalke und Werder Bremen kehrten ins Oberhaus zurück. Im Januar wurde Noch-Bayern-Stürmer Robert Lewandowski zum Weltfußballer und Noch-Chelsea-Teammanager Thomas Tuchel zum Welttrainer gewählt. Im Juli trauerte Deutschland um Uwe Seeler, der im Alter von 85 Jahren starb.

