Absagenflut bereitet Sorgen
Sieben auf einen Streich: Bundestrainer Joachim Löw muss vor den Schlüsselspielen in der Nations League eine Absagenflut verkraften – und improvisieren.
Joachim Löw schlendert mit tief in den Taschen vergrabenen Händen über den Trainingsplatz. Der größte Wunsch des nachdenklichen Bundestrainers: Bloß keine weiteren Verletzten. Es droht schließlich der Sturz in die europäische Zweitklassigkeit.
Vor dem Prestigeduell in der Nations League beim Erzrivalen Niederlande muss Löw schon genug improvisieren. Angeführt von Marco Reus und Ilkay Gündogan haben dem 58-Jährigen gleich sieben fest eingeplante Spieler für die Partie am Samstag (20.45 Uhr/ZDF) in Amsterdam abgesagt.
»Es ist immer eine große Herausforderung, wenn mehrere Spieler absagen. Man muss sich immer wieder auf neue Situationen einstellen«, sagte Löw-Assistent Marcus Sorg am Mittwoch, fügte jedoch kämpferisch an: »Wir haben schon öfter gezeigt, dass wir damit umgehen können.«
Nach dem öffentlichen Training in Berlin ereilten Löw die nächsten schlechten Nachrichten. Nach Reus, Gündogan, Antonio Rüdiger, Kai Havertz und Nils Petersen mussten auch Leon Goretzka und Torhüter Kevin Trapp passen. Mit der spontanen Nachnominierung von Serge Gnabry und Bernd Leno reagierte Löw auf die rekordverdächtige Absagenflut. Zuvor hatte er bereits Emre Can nachträglich dazugeholt.
»Wir haben genug Möglichkeiten, um uns einzustellen und vorzubereiten«, sagte Löw. Dennoch ist er einiger Optionen beraubt. Timo Werner, der zuletzt das deutsche Spiel auf der linken Seite belebte, muss wohl wieder in den Sturm rücken. Im zentralen Mittelfeld schmerzen die Ausfälle der zuletzt formstarken Reus und Gündogan.
»Das gehört leider dazu. Der Kader, der hier ist, ist aber schlagkräftig«, sagte Julian Draxler. Immerhin meldete sich Jerome Boateng nach seiner Erkrankung wieder fit.
Die Vorzeichen vor dem ersten Aufeinandertreffen mit dem Europameister von 1988 könnten dennoch besser sein. Zumal die Niederländer nach der verpassten EM 2016 und WM 2018 ebenso wie die DFB-Auswahl nach dem WM-Debakel in Russland erheblich unter Zugzwang stehen. Ein Abstieg aus der Division A der Nations League würde für beide Mannschaften einen erheblichen Imageverlust bedeuten.
»Wir sind gewarnt«, versicherte Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff auch mit Blick auf das Spiel bei Weltmeister Frankreich am Dienstag (20.45 Uhr/ARD) in St. Denis. Der sportliche Anreiz sei da. Man wolle nicht absteigen, sondern seine Position behaupten und als Mannschaft weiter Richtung EM 2020 wachsen, sagte Bierhoff.
Dass neben den Verletzungssorgen auch der in der DFB-Auswahl dominierende Bayern-Block wegen der Krise im Verein geschwächt ist, vergrößert die Sorgen. Sorg ließ aber keinen Zweifel daran, dass man dennoch auch in Amsterdam und St. Denis auf die angeschlagenen Bayern setzen wird. »Es ist wichtig, dass man so eine Achse hat. Wir brauchen Spieler mit Erfahrung«, sagte er.