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»Wer den Titel will, muss jeden schlagen«

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(mn) Peiting. Ausgerechnet Peiting. Der Playoff-Finalist der letzten beiden Jahre, der aufgrund der sportlich desaströsen Bilanz wohl unbequemste aller möglichen Viertelfinal-Gegner für den EC Bad Nauheim. Zehn Meisterschaftsspiele haben die Roten Teufel und der Eishockey-Klub aus der 12 000-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Weilheim-Schongau in den vergangenen vier Jahren bestritten - und zehnmal ist der EC Peiting als Sieger vom Eis gegangen.

Dazu kommt das DEB-Pokal-Aus der Hessen gegen die Oberbayern zu Beginn dieser Saison. »Besser kann es doch gar nicht kommen. Ich freue mich auf diese Serie. Da sind einige Rechnungen offen. Und wer Meister werden will, muss ohnehin jeden Gegner schlagen können. Warum also nicht Peiting gleich zum Auftakt? Irgendwann reißt jede Serie einmal - auch diese«, sagt RT-Stürmer Dennis Cardona. 17 von 18 möglichen Punkten aus sechs Endrunden-Spielen und Platz eins in der vermeintlich schweren Gruppe B lassen die die Mannschaft von Trainer Fred Carroll selbstbewusst in die am Freitag im Colonel-Knight-Stadion beginnende Best-of-five-Serie gehen.

»Ich stelle die Frage einmal anders: Welche der verbliebenen Mannschaften hätten wir denn lieber haben sollen? Alle Serien werden eng und nur mit 110-prozentigem Einsatz zu gewinnen sein. Aber das war uns allen doch schon vorher klar«, sagt Andreas Ortwein und blickt - trotz der Niederlage - durchaus positiv auf das Pokalspiel im September in Limburg zurück. Mit 2:4 unterlagen die Roten Teufel seinerzeit - »nach nur drei Tagen Eistraining und mit der halben Mannschaft«, erinnert der RT-Geschäftsführer. Das Team sei derzeit sehr gut drauf, die Bremse gelöst.

»Von den verbleibenden acht Mannschaften kann jeder jeden schlagen. Das macht doch gerade den Reiz aus«, sagt Ortwein, der zugleich die obligatorische Erhöhung des Eintrittspreises um einen Euro auf allen Plätzen zum Playoff-Start bestätigt.

Die Entscheidung pro Peiting ist am Sonntagabend im Olympia-Eiszentrum in Garmisch-Partenkirchen gefallen. Deggendorf (7.) hatte als klarer Außenseiter den einstigen Deutschen Meister SC Riessersee (2.) in ein alles entscheidendes fünftes Spiel gezwungen und dort sogar die Verlängerung erreicht. Hier hatte der Favorit in der neunten Minute das bessere Ende für sich und sicherte sich das Weiterkommen. Das Ausscheiden des EV Füssen (3.) gegen den EHC Klostersee (6.) blieb im Süden somit die einzige Überraschung. Peiting, der Süd-Vierte, rutschte somit auf die Füssen-Position. Klostersee ist der offiziell Süd-Vierte in der Rangfolge.

Im Norden, in der Verzahnung der Gruppen West, Nord und Ost, blieben Überraschungen gänzlich aus. Das West-Quartett zog geschlossen in die Runde der besten acht Drittligisten ein. In acht Spielen gegen den Norden und den Osten gab der Westen nicht einen einzigen Zähler ab und wurde seiner Favoritenrolle gerecht. Die einzige »Überraschung«: Bad Nauheim verdrängte den in der Vorrunde besser platzierten EV Duisburg und startet als offizieller Nord-Zweiter in das Viertelfinale, was auch für ein weiteres Heimrecht im Halbfinale von Bedeutung sein kann.

Zwei Punkte mussten in den letzten beiden Partien noch eingefahren werden - und diese wurden mit einer überraschenden Leichtigkeit verbucht. In Timmendorfer Strand war deutlich zu erkennen, dass alle Leidenschaft und alle Einsatzbereitschaft nicht ausreichen, wenn die individuellen Qualitäts-Unterschiede zu groß sind. »Meine Jungs haben heute ihre Grenzen erkennen müssen. Da konnte auch über den Kampf nichts erreicht werden«, resümierte Henry Thom. Seine Beach Boys wurden nach dem 1:9 dennoch wie Sieger gefeiert. Den ETC, der mit einem fünfstelligen Etat haushaltet, in dessen Reihen der teuerste Spieler bestenfalls so viel verdient wie ein Dritte-Reihe-Akteur in Bad Nauheim, hatte im Herbst niemand auf der Endrunden-Rechnung.

Entsprechend endete der Abend irgendwann am frühen Morgen im »Chevys«, der einstigen Kneipe von Ex-Teufel Henry Thom, wo noch lange in Erinnerungen an die vergangenen Erstliga-Duelle beider Mannschaften geschwelgt wurde.

In Bad Nauheim wird nun der Blick nach vorne gerichtet. »Wir haben in jedem Spiel aufs Neue eine 50:50-Chance. Egal, was vorher passiert ist. Wenn Markus Keller im Tor sein Potenzial abrufen kann und wir als Feldspieler diszipliniert, konzentriert und clever die richtigen Entscheidungen treffen, dann haben wir immer eine Siegchance. Jeder einzelne Spieler muss seinen Job erledigen und seinen Teil dazu beitragen«, sagt Lanny Gare. Der Kanadier, kürzlich als Spieler des Jahres der Oberliga West ausgezeichnet, ist schon in der Endrunde entsprechend vorangegangen. Wieder führt der 32-Jährige die Scorerwertung an, Penaltytore wie gegen Duisburg belegen die Führungsrolle und das Formhoch des Mittelstürmers. Seine Reihe mit Tobias Schwab und Jan Barta erinnert in diesen Tagen an ihre beste Phase während der Playoffs 2008/2009.

Dahinter hat sich Alexander Althenn als passende Ergänzung zum Duo Kyle Piwowarczyk/Manuel Weibler herauskristallisiert, und die Formation mit Namen wie Dennis Cardona, Mathias Baldys und Igor Filobok muss sich hinter keiner anderen dritten Formation der acht verbliebenen Klubs verstecken. Stabilisiert zeigte sich die Defensive vor Markus Keller - nur 13 Gegentreffer in sechs Endrunden-Spielen.

Fred Carroll erwartet in diesen Tagen Videomaterial über den nächsten Gegner und Tipps von seinem befreundeten Trainerkollegen Dave Rich. Der hatte vor seiner Entlasslung beim EV Landsberg mit den nunmehr abgestiegenen Lechstädtern in dieser Saison gleich zweimal gegen Peiting gewinnen können. »Die Top-Reihen beider Mannschaften werden sich wohl neutralisieren. Dahinter sind wir vielleicht stärker besetzt«, äußert Fred Carroll eine vage Einschätzung zum Duell mit dem Team von Leos Sulak, das seit Jahren als konstante Größe in der Oberliga Süd gilt.

Im Spiel der Rot-Weißen, deren Junioren-Mannschaft am Wochenende die Deutsche Meisterschaft gefeiert hat, dreht sich vieles, wenn nicht gar alles um die Top-Reihe mit Lubor Dibelka, Ex-DEL-Spieler Michael Kreitl und Manfred Eichberger, die 89 der 161 Vorrunden-Treffer und neun von elf Toren in der Drei-Spiele-Serie gegen Passau erzielt und damit ihre Ausnahmestellung unterstrichen haben. Dass Peiting »nur« Vierter geworden war, ist sicherlich auch dem verletztungsbedingten Fehlen von Lubor Dibelka geschuldet. Der Tscheche bestritt nur 33 der 44 Partien.

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