Tufan Tosunoglu, woraus schöpfen Sie während der Reha Kraft?
Der 23-jährige Offensivspieler Tufan Tosunoglu vom Zweitligisten FSV Frankfurt kämpft nach zwei Kreuzbandrissen und einem Quadrizepsmuskelriss um sein Comeback.
Tufan Tosunoglu, Sie haben sich in den letzten drei Jahren drei schwere Verletzungen zugezogen. Wie oft kommen da Zweifel, ob und wie es weitergeht?
Tosunoglu: »Zwischenzeitlich habe ich mich schon gefragt, welche Folgen meine Knieverletzung langfristig haben kann. Inzwischen habe ich aber ein ganz gutes Gefühl. Dennoch habe ich mir keinen festen Zeitpunkt für ein Comeback gesetzt. Wenn ich fit bin, bin ich fit. Wie lange das dauert, das weiß ich nicht.«
Woraus schöpfen Sie Ihre Kraft?
Tosunoglu: »Es gibt etliche Beispiele von Fußballern, die auch nach zwei Jahren wieder zurückgekommen sind. Ich liebe den Fußball viel zu sehr, und sehe für mich auch aktuell überhaupt keine Alternative. Ein Comeback im Profi-Fußball ist für mich der beste und einzige Weg.«
Wie sieht das Reha-Programm aus?
Tosunoglu: »Ich bin fünf- bis sechsmal die Woche fünf bis sechs Stunden im Rehazentrum Sporeg und versuche, das Knie zu stabilisieren. Nach zwei Jahren ist das inzwischen eine harte Zeit. Natürlich gibt’s Tage, an denen ich denke, dass ich keine Lust mehr habe. Aber was soll ich machen? Mit bleibt doch gar nichts anderes übrig.«
Fühlen Sie sich noch als Teil der Mannschaft?
Tosunoglu: »Wir, die verletzten Spieler, waren jetzt mal zwei Tage bei der Mannschaft im Trainingslager. Aber das ist mittlerweile schon ein bisschen komisch. Der neue Trainer kennt mich nicht, hat mich noch nie spielen sehen.«
Sie hatten sich beim Hallenturnier im Januar 2009 in den Fokus gespielt, sind fast schon kometenhaft aufgestiegen. Angesichts Ihrer Verletzungen ist es inzwischen sehr still um Sie geworden. Wie gehen Sie damit um?
Tosunoglu: »Es ist schon schwierig, wenn man weiß, dass man eigentlich guten Fußball spielen, aber seinen Job eben nicht ausüben kann. Gerade, wenn es mal nicht so gut läuft, würde man gerne helfen. Ich bin jetzt zwei Jahre quasi weg. Das ist keine leichte Situation. Aber so ist’s im Fußball. So schnell es nach oben geht, so schnell kann es auch nach unten gehen.«
Sie hatten nach Ihrer ersten Kreuzbandverletzung beim Bundesligisten FSV Mainz 05 unterschrieben. Kam dieser Schritt - im Nachhinein betrachtet - zu früh?
Tosunoglu: »Wenn man als 20-Jähriger ein Vertragsangebot bei einem Bundesligisten erhält, würden wohl die meisten die Chance ergreifen und das unterschreiben. Mir war der Eindruck vermittelt worden, dass man mich dort unbedingt haben wollte. Als ich dort war, hat der Trainer binnen vier Wochen aber nicht ein einziges Mal mit mir gesprochen. Das kam mir schon komisch vor. Im Nachhinein habe ich mir auch gedacht, dass ich nach dieser langen Verletzung lieber dort geblieben wäre, wo mein Spiel anerkannt worden ist. Natürlich war ich zu diesem Zeitpunkt nicht auf dem Niveau der Spieler aus der Bundesliga, aber mir wurde auch zugesichert, dass man auf mich baue; nicht, dass ich nach vier Wochen wieder weggeschickt werde.«
Vor Ihrer Unterschrift beim FSV Frankfurt war auch über einen Wechsel in die Türkei spekuliert worden. Wie konkret waren die Gespräche?
Tosunoglu: »Ich war in der Türkei, habe mir alles angesehen. Aber das war mir zu unseriös. Ich wollte lieber hier in Deutschland den Durchbruch schaffen. Das Beispiel Altintop zeigt, dass man mit 30 Jahren noch immer in die Türkei wechseln kann. Wenn man die Chance hat, hier in den ersten drei Ligen zu spielen, dann ist dies die bessere Alternative.«
Ihr Spiel hat von Ihrer Schnelligkeit und Ihrer Unbekümmertheit gelebt. Befürchten Sie diesbezüglich nun Einschränkungen ?
Tosunoglu: »Nach dem ersten Kreuzband-riss hatte ich keine Probleme. Auch nicht vom Kopf her. Wenn man so denkt, ist das Verletzungsrisiko ohnehin noch viel größer. Ich weiß selbst nicht, wo ich jetzt stehe. Auch für mich ist es wichtig, das jetzt zu sehen und zu testen. Ich bin gespannt, ob ich meine Stärken behalten habe und ausspielen kann, ob ich noch immer antrittsstark bin.«
Sie werden sich wohl über Spielpraxis in der zweiten Mannschaft für den Zweitliga-Kader empfehlen müssen?
Tosunoglu: »Das ist überhaupt kein Problem. Man braucht seine Wochen, bis man wieder richtig in den Rhythmus findet; im Training, wie im Spiel. Wenn’s in der zweiten Mannschaft gut läuft, ich durchhalte und Tore schieße, dann werde ich auch für den Trainer eine Zweitliga-Option werden. Jetzt wäre ich einfach nur froh, wenn ich wieder Fußball spielen darf.«
Welche Rolle hat Ihre Zeit beim MSV Duisburg, fern der Heimat, für Ihre Entwicklung gespielt?
Tosunoglu: »Viele Freunde haben den Fehler gemacht, sind hier geblieben und spielen jetzt unterklassig, obwohl sie in meinen Augen auch zumindest in der dritten Liga spielen könnten. Ich denke, dass - wenn ich nicht nach Duisburg gegangen wäre - meine Laufbahn nicht die gleichen Stationen gehabt hätte. Der Wechsel hat mir gut getan. Ich habe in Duisburg mit 18 Jahren bei den Profis mittrainieren dürfen und bin danach Jahr für Jahr eine Liga höher gekommen.«
Technische Hilfsmittel sollen eingeführt werden. Was halten Sie von der Torkamera?
Tosunoglu: »Ich denke, das ist die fairste und sinnvollste Variante. Ein Tor und letztlich auch ein Punkt können über Prämien von Spielern und Vereinen entscheiden. Da ist das der richtige Weg.«
Was können Sie von einem erfahrenen Spieler wie Sead Mehic lernen?
Tosunoglu: »Er spielt in der dritten Liga. Das sagt doch schon alles. Ich würde mich freuen, wenn ich mit 37 Jahren ebenfalls noch in der dritten Liga spiele. Es spricht für seine Qualität. Warum sonst sollte ein Trainer einen 37-Jährigen spielen lassen? Andere Spieler finden mit Anfang 30 keinen Verein mehr und wechseln in den Amateurbereich.« (mn)
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