Türk Gücü Friedberg ohne Plan B

Die Fußballer von Türk Gücü Friedberg haben den Aufstieg fest im Visier. Ob als Meister auf direktem Weg oder im Falle der Vizemeisterschaft über die Aufstiegsrunde spielt dabei nicht die entscheidende Rolle. Hauptsache ist, der qualitative Sprung wird vollzogen und dadurch die sportliche Zukunft in der Verbandsliga Süd nach Abschluss der Saison 15/16 manifestiert.
Man verfügt über die beste Abwehr, die in 19 Pflichtspielen nur 16 Gegentreffer kassierte und dabei in sieben Duellen den eigenen Kasten sauber hielt. Auswärts brauchte man sich angesichts von acht Siegen und zwei Unentschieden mit Niederlagen noch nicht zu befassen, ferner führt Sturmführer Ibrahim Cigdem die ligainterne Torjägerliste mit 24 Goals souverän an. Keine Frage: Türk Gücü Friedberg, der Spitzenreiter der Gruppenliga Frankfurt-West, hat im bisherigen Saisonverlauf auf mehreren Ebenen Maßstäbe gesetzt, und eigentlich würden die Kreisstädter das Klassement mit einem imposanten Sechs-Punkte-Polster vor dem Wetterau-Rivalen SC Dortelweil (37 Zähler) anführen. Aber eben nur eigentlich, denn der vom Regionalsportgericht ausgesprochene und später vom Verbandssportgericht bestätigte Drei-Punkte-Abzug, den TG-Fans am 16. November nach der 1:2-Heimniederlage gegen Dortelweil durch Verbalattacken in Richtung Schiedsrichter quasi inszenierten, hat den einst so komfortablen Vorsprung aufs Verfolger-Trio nachträglich halbiert.
»Qualität spricht für uns«
Für Gökhan Satir, den sportlichen Leiter des Liga-Leaders, ändert sich dadurch ganz grundsätzlich gar nichts: »Klar, die Konkurrenz ist näher gerückt. Doch die Qualität des Kaders spricht für uns.« Der klubinterne Masterplan sei nach dem letztjährigen Abstieg ganz auf die sofortige Rückkehr in die Verbandsliga Süd ausgerichtet: »Über Plan B, ein weiteres Jahr Gruppenliga-Dasein, muss ich mir noch keine Gedanken machen. Ich hoffe, das bleibt auch so.«
Ein Vabanque-Spiel? Sieht ganz so aus. Doch Gökhan Satir wischt alle Bedenken, die Rechnung werde womöglich nicht aufgehen, vom Tisch. »Nahezu alle Spieler verfügen über höherklassige Erfahrung. Angefangen bei Torwart Kamber Koc, über Abwehrchef Alexander Clark und Spielmacher Özkan Ucar bis hin zu Torjäger Ibrahim Cigdem.« Im Grunde genommen würde der Kader, der in der Winterpause durch die Verpflichtungen der Offensiv-Kräfte Alit Usic (FCO Fauerbach) und Fatih Alemdar (1.
FC Lok Leipzig), »Allzweckwaffe« Sandro Beutnagel (SV Steinfurth), Abwehrrecke Halim Chehab (SV Gronau) und »Standby-Keeper« Engin Tari (FV Bad Vilbel II) noch einmal an Substanz gewonnen habe, schon jetzt Verbandsliga-Ansprüchen genügen: »Wir haben sehr großen Wert auf individuelle Klasse gelegt und die Mannschaft dementsprechend im Sommer letzten Jahres zusammengestellt.«
Dass diese Vorzüge nicht immer zum Tragen kamen und vor allem in Heimspielen zu punktuellen Rückschlägen führten, kostete Coach Nazim Sahin trotz führender Position im Gesamtklassement Mitte November seinen Job, zog eine kurze Übergangsphase nach sich (Clark, Ghazahnfari und Koc leiteten das Training, Satir fungierte beim mit 2:1 gewonnenen Jahres-Kehraus gegen Sandzak Frankfurt als Interimstrainer) und mündete in der Berufung von Abdessamad Fachat zum neuen Chef-Coach. »Abdessamad Fachat hat den richtigen Draht zur Mannschaft.
Ihm sollte es eigentlich gelingen, die individuellen Qualitäten der Spieler optimal herauszukitzeln«, hält Satir große Stücke auf den 26-Jährigen, der einst in Zweibrücken Regionalliga spielte, Anfang 2015 zu Türk Gücü Friedberg wechselte, jedoch wegen einer Meniskusverletzung ausfällt.
Umzug ein Glückfall
Im Übrigen sieht Gökhan Satir den Klub vor der Rückrunden-Fortsetzung (Heimspiel am 28. Februar gegen den SV Gronau) auch in Sachen interner Verwaltungsstruktur mit Vereinsboss Ramazan Kaplan an der Spitze sowie – vor allem – bezüglich der in den vergangenen Jahren eher unbefriedigenden Sportplatz-Situation bestens aufgestellt: »Der Umzug vom Ossenheimer Platz nach Ober-Rosbach war für uns ein Glücksfall.« Man sei stark daran interessiert, nicht nur bis zum Ende der Saison 2015/2016, sondern auch in den kommenden Jahren beim FC Ober-Rosbach, mit dem im A- und B-Jugendbereich eine Spielgemeinschaft bestünde, spielen und trainieren zu dürfen: »Die Hoffnung, als Friedberger Verein in der Kreisstadt auf einer den Ansprüchen genügenden Spielstätte unserem Sport nachkommen zu können, habe ich mittlerweile aufgegeben. Da bewegt sich nichts.«
Visionär betrachtet, hält Gökhan Satir sogar folgendes Szenarium für durchaus machbar: Türk Gücü Friedberg wird sich alsbald darum bemühen, vermehrt talentierte Spieler aus der Region an den Klub zu binden und genießt in nicht allzu ferner Zukunft Hessenliga-Status. Hört sich gut an, setzt aber zunächst mal eines voraus, nämlich diese Runde den Sprung aus der Gruppenliga in die Verbandsliga zu schaffen. Klappt das nicht, werden die Karten mit möglicherweise ganz anderen Prioritäten wieder neu gemischt. (ub)