Thorsten Bastian will Kreisfußballwart werden
Wer ist Thorsten Bastian, der im März Kreisfußballwart Rainer Dreut beerben will? Ein international erfahrener Schiedsrichter und überregional engagierter Funktionär, wie sich herausstellt, der in der Funktion des Kreisfußballwartes auch zu lokalen Wurzeln zurückkehren würde.
Als echter »Frankfurter Bub« hat der Wahl-Oppershofener seine ersten fußballerischen Schritte in der Jugendabteilung des ESV Blau-Gold Frankfurt am Main gemacht. Mit 16 Jahren hat er dann einen Neulingslehrgang der Schiedsrichtervereinigung Frankfurt besucht. Dies sei der Beginn einer für ihn »unvergesslichen Zeit« gewesen, sagt er selbst. Denn als Schiedsrichter durfte er Spiele bis zur Regionalliga, der damaligen dritthöchsten Spielklasse, leiten. Und als Schiedsrichter-Assistent erlebte er zehn Jahre im ganz großen Fußball hautnah mit – mit einer »ungefähren Anzahl« von knapp 100 Spielen der 1. Bundesliga und »nicht gezählten Einsätzen in Liga 2«. Zusätzlich war er fünf Jahre als Assistent auf der Liste der Fifa und durfte bei über 40 internationalen Einsätzen »die schönsten Stadien in Europa kennenlernen«, an die er sich heute noch gerne erinnert.
Höhepunkt seiner sportlichen Laufbahn waren aus seiner Sicht das Champions League-Finale als Assistent von Hellmut Krug 1998 in Amsterdam zwischen Real Madrid und Inter Mailand sowie die Leitung des türkischen Pokalspieles zwischen Galatasaray Istanbul und Fenerbace Istanbul mit den Assistenten Stefan Trautmann und Torsten Weber 1997 im Frankfurter Waldstadion.
Parallel dazu hat Thorsten Bastian acht Jahre als Kreisschiedsrichterobmann in Frankfurt gewirkt. Nach Beendigung seiner internationalen und nationalen Laufbahn hat er sich im Bereich des DFB in der Kommission »Prävention und Sicherheit« engagiert, hierzu gehört die Aufsicht bei Bundesligaspielen. Heute noch fungiert er als Stellvertretender Vorsitzender des höchsten erstinstanzlichen Sportgerichts des Hessischen Fußball-Verbandes, ist Vorsitzender des Regionalsportgerichts Frankfurt und derzeit Klassenleiter der Kreisliga A Friedberg. Thorsten Bastian ist verheiratet mit seiner Frau Carola und bildet mit den Kindern Jan Philipp und Johanna sowie der Katze Kiki »die Familie Bastian aus Oppershofen«.
Tagsüber ist er bei einer großen Frankfurter Justizbehörde in Frankfurt am Main beschäftigt. Zum Jahreswechsel stellte sich der Kandidat für das höchste Fußballamt im Kreis den Fragen der WZ-Sportredaktion.
Thorsten Bastian, wie vereinbaren Sie bis dato Ihr großes ehrenamtliches Engagement mit ihrem Privatleben?
Thorsten Bastian: Dieser Spagat konnte nur durch das große Verständnis meiner Frau Carola gelingen. Sie musste unter anderem anlässlich unserer Hochzeit sogar eine Stunde auf mich warten, da mein Flieger vom Champions League-Einsatz zwischen dem FC Liverpool und den Glasgow Rangers eine Stunde Verspätung hatte.
Was elektrisiert und begeistert Sie überhaupt am Massenphänomen Fußball?
Thorsten Bastian: Fußball ist eine Sportart, die alle gesellschaftlichen Schichten unserer Bevölkerung in ihren Bann zieht. Nachdenklich dabei macht mich allerdings die zunehmende Gewalt in und um die Stadien sowie auch im Amateurfußball.
Mit welchen Vereinen sympathisieren Sie auf der lokalen und überregionalen Bühne?
Thorsten Bastian: Sie haben Verständnis, wenn ich den lokalen Charakter Ihrer Frage unbeantwortet lasse. Als Kind habe ich immer mit dem FC Bayern München mitgefiebert, nach vielen Einsätzen in Bundesligaspielen verliert sich das aber in einer aufgabenbezogenen Neutralität.
Im Frühling werden Sie für die Position des Kreisfußballwartes kandidieren. Wie beurteilen Sie die Ära von Rainer Dreut, wenn man das überhaupt kann bei diesem langen Zeitraum. Was waren seine größten Verdienste?
Thorsten Bastian: Der Kreis Friedberg ist und wird noch lange Zeit untrennbar mit dem Namen Rainer Dreut verbunden sein. Der Einsatz von Rainer Dreut für seine Vereine in der Wetterau ist schließlich in der Vergangenheit nicht umsonst mit Preisen sowie diversen Ehrungen durch den Hessischen Fußball-Verband gewürdigt worden. Die Leistung von Rainer Dreut muss für seinen Nachfolger Ansporn und Verpflichtung gleichzeitig sein. Seine größte Leistung war aber ohne Zweifel in den 80er Jahren , als er gegen die Pläne des Verbandes die Auflösung der höchsten Spielklasse im Kreis verhinderte, die verbandsseitig den Kreisen Hanau und Hochtaunus zugeordnet werden sollte.
Wann und wie hat sich herauskristallisiert, dass Sie sich Ihr Leben gleichfalls in dieser Position des Kreisfußballwartes vorstellen könnten?
Thorsten Bastian: Nachdem ich eine entsprechende Anfrage von Rainer Dreut erhalten habe und der Kreisfußballausschuss Friedberg in seiner Gesamtheit mir die Unterstützung für diese Aufgabe zugesagt hat.
Glauben Sie, dass es nach einer so langen Ära auch mal Zeit ist für einen Generationswechsel?
Thorsten Bastian: Ein Generationswechsel bietet auch beim Fußball immer Chancen der neuen Gestaltung. Grundsätzlich sollte man aber die ehrenamtliche Leistung von Personen nicht nach dem Alter beurteilen. Jeder muss zu einem von ihm selbst festzulegenden Zeitpunkt in sich hineinhorchen und entscheiden, ob es noch geht oder aber nicht mehr.
Als Außenstehender hat man den Eindruck, dass das Thema Futsal die ältere und jüngere Generation im Kreisfußballausschuss spaltet. Ist das so? Und wie stehen Sie persönlich zu dieser neuen Spielform?
Thorsten Bastian: Dieses Thema sehe ich mit einer großen Gelassenheit. Die Zukunft wird zeigen, ob sich Futsal wird durchsetzen können oder nicht. Entsprechend müssen die Kreise im Verbandsgebiet dann reagieren und die Vorgaben umsetzen. In der Tat wünsche ich mir hierzu eine sachliche Diskussion, auch mit einer entsprechenden Außendarstellung der Gremien des Verbandes.
Wie würden Sie in der Funktion des Kreisfußballwarts die Zukunft gestalten? Gibt es Visionen oder Ideen, was man ändern und verbessern könnte?
Thorsten Bastian: Zunächst einmal steht der elektronische Spielbericht ganz oben auf der Agenda. Ab der kommenden Saison ist dieser verpflichtend für den Seniorenspielbetrieb im Verbandgebiet angedacht. Vereine und Schiedsrichter müssen verbandsseitig entsprechend mit diesem neuen Medium vertraut gemacht werden. In naher Zukunft wird die Vorgabe des Verbandes mit 16er-Ligen umzusetzen sein, was in den Spielklassen zu einem erhöhten Abstieg führen wird.
Wen könnten Sie sich als »Ihren Helmut Schmid«, also Stellvertreter, vorstellen?
Thorsten Bastian: Helmut Schmid wird auch in der nächsten Legislaturperiode für das Amt des Stellvertretenden Kreisfußballwartes kandidieren. Seine Erfahrung und Kenntnis der Strukturen im Kreis sind wichtige Bausteine für die Arbeit des Fußballausschusses.
Träumen Sie insgeheim auch von anderen Karriere-Sprüngen beim DFB?
Thorsten Bastian: Ich gehe ja den anderen Weg. Bis zum Ende der Legislaturperiode im Juni 2012 bin ich aus dem Bereich des DFB, der Verbands- und regionalen Ebene freiwillig ausgeschieden. Sollten mir die Vereine auf dem Kreisfußballtag das Vertrauen schenken, möchte ich mich ausschließlich in diesem Amt engagieren.
Welche Persönlichkeiten imponieren Ihnen auf überregionaler Funktionärsebene? Und gibt es so etwas wie Vorbilder für Sie, vielleicht auch aus anderen Lebensbereichen?
Thorsten Bastian: Vorbilder im Funktionärsbereich habe ich eigentlich keine. Grundsätzlich ziehe ich aber meinen Hut vor allen Personen, die sich ehrenamtlich, ob im Verein oder im Verband, für den Fußballsport engagieren.
Wie stehen Sie zu überregionaligen Diskussionsthemen. Zum Profi-Schiedsrichter und der Torkamera beispielsweise ?
Thorsten Bastian: Der Profischiedsrichter wird sicherlich auf absehbare Zeit auf Druck des Weltverbandes auch im DFB-Bereich kommen. Aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen, dass das derzeitige System im Bereich des Schiedsrichterwesens, das Halbprofitum, die ideale Lösung ist. Geben Sie dem Schiedsrichter 20 000 Euro Monatsverdienst, dann macht er auch nicht weniger Fehler. Mit einem Verdienst von über 4000 Euro pro Begegnung in der Bundesliga sind die Schiedsrichter dieser Klasse aber schon jetzt faktisch Profis, jedoch noch durch ihren Beruf abgesichert. Die Einführung der Torkamera wäre aus meiner Sicht eine große Hilfe.
Wer ist Ihr EM-Favorit 2012? Und wie weit kommt die DFB-Auswahl?
Thorsten Bastian: Nach den gezeigten Leistungen in der Qualifikation ist die Auswahl des DFB sicherlich einer der Favoriten auf den Titelgewinn. Ob es allerdings reichen wird, wird auch in den entscheidenden Spielen gegen Ende des Turniers hin von der Tagesform der Akteure abhängig sein.
Glauben Sie an die Bundesliga-Rückkehr der Frankfurter Eintracht?
Thorsten Bastian: Als Schiedsrichter von Eintracht Frankfurt muss ich diese Frage natürlich mit einem unbedingten »JA« beantworten.
Sie waren vor einigen Jahren Opfer und Beteiligter im Fall des Schiedsrichters Stefan Trautmann. Welche Beziehung hatten Sie zum damaligen Bundesliga-Schiedsrichter. Und wie würden Sie heute die damaligen Geschehnisse schildern?
Thorsten Bastian: Die Tragik dieses Vorfalls ist, dass ein begnadeter Schiedsrichter wie Stefan Trautmann durch das Fälschen von über 50 Unterschriften meiner Person unter Lehrgangsabrechnungen des Kreises Frankfurt am Main, welche eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung nach sich gezogen hat, seine Karriere weggeworfen hat. Ohne Zweifel ist dem Hessischen Fußball-Verband ein guter Schiedsrichter abhanden gekommen, der aus meiner Sicht das Potenzial bis nach ganz oben hatte. Über den heutigen Einsatz von ihm entscheidet der DFB. Welche moralischen Ansprüche an die zum Einsatz kommenden Schiedsrichter gestellt werden, müssten Sie dort nachfragen.
Welche guten Vorsätze haben Sie persönlich für das Jahr 2012?
Thorsten Bastian: Mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen.
Thorsten Bastian, vielen Dank für das Gespräch.
Michael Humboldt