Sommer-Urlaub oder Halbfinal-Comeback?
(mn) Saisonende oder Halbfinal-Comeback? Sommer-Urlaub oder Endspiel-Traum? Enttäuschung oder Eishockey-Wunder?
Der EC Bad Nauheim kann die Best-of-Five-Serie der Oberliga gegen den SC Riessersee am Dienstagabend (20 Uhr, Colonel-Knight-Stadion) nach zwei Niederlagen (3:4 n.V./2:4) nur mit einem Sieg verlängern und die Entscheidung über ein Weiterkommen bis zum Wochenende (Spiel vier am Freitag/Spiel fünf am Sonntag) vertagen. »Wenn sich jeder in den Dienst der Mannschaft stellt und die nötige Konzentration da ist, können wir die Serie kippen«, sagt Fred Carroll - und wirkt durchaus überzeugt.
Was angesichts der schlechten Ausgangsposition zunächst nach einer üblichen Phrase klingt, wird vom Trainer der Roten Teufel gleich unterstrichen. Bei Fünf-gegen-Fünf sei man in zwei jeweils bis in die Schlussminute hinein offenen Begegnungen das bessere Team gewesen, habe die neutrale Zone clever und eng zugestellt und immer wieder Torchancen erspielt. Nur: Von der Strafbank müsse man eben fernbleiben. Fünf von bislang acht Treffern hat der Süd-Zweite aus Garmisch-Partenkirchen im Powerplay erzielt; RT-Top-Scorer Lanny Gare, der in 49 Partien bislang »nur« 24 kleine Strafen kassiert hatte, saß gegen Riessersee gleich bei drei Gegentreffern auf dem Sünderbänkchen.
»Für uns ist noch alles drin«, glaubt auch Mathias Baldys, Mittelstürmer der dritten RT-Angriffsreihe. »Ja, das hört sich kurios an. Aber ich bin wirklich davon überzeugt. Kleinigkeiten entscheiden. Wir könnten in der Serie ebenso gut 2:0 vorne liegen. Riessersee ist keine Übermannschaft wie beispielsweise vor zwei Jahren Hannover, als man vor dem dritten Final-Spiel schon wusste, dass da wohl nichts mehr zu holen ist. Und wenn wir Spiel drei gewinnen, ist wieder alles drin.« Die erneute Niederlage am Sonntag habe ihn in seiner Meinung eher noch bestärkt. »Bei Fünf-gegen-Fünf brennt defensiv bei uns fast nichts an.« Nach wie vor gehe man deshalb mit einer 50:50-Chance in das Spiel. »Wir müssen uns von den Diskussionen um Schiedsrichter-Entscheidungen frei machen und eben konsequent unsere Chancen nutzen«. Das Quäntchen Glück müsse dazu kommen.
Beispiele für eben jene Wendungen auf die Bad Nauheim nun hoffen muss, finden sich seit der Einführung der Playoff-Spiele Anfang der 80er Jahre immer wieder. So beim Blick nach Frankfurt. In der Saison 2008/2009 verspielten die Lions in den Pre-Playoffs als »Auswärtsteam« gegen die Hamburg Freezers eine 2:0-Führung. Im Jahr zuvor hatte der Deutsche Meister von 2004 gegen Iserlohn eine Best-of-Seven-Serie nach einem 1:3-Rückstand gedreht und war mit drei Siegen in Folge in die nächste Runde eingezogen.
Bad Nauheim war es in der Olympia-Eishalle von Garmisch-Partenkirchen gelungen, den Schock vom Freitag, den Ärger und die Enttäuschung über den leichtfertig verspielten Erfolg auszublenden. Getragen von einer Drei-Tore-Führung und der Begeisterung von 2804 Zuschauern, hatten die Roten Teufel in Spiel eins im Schlussabschnitt ihre Linie aufgeben, wollten den vierten Treffer, offenbarten Lücken und leisteten sich vier Strafzeiten, nachdem man 45 Minuten lang mit nur zwei Hinausstellungen ausgekommen war. »Das hätte nicht sein müssen«, weiß Carroll.
In Garmisch nun hätten »die Jungs gut gespielt, gut gekämpft. Die Leistung hat gestimmt«, erkannte Carroll das nötige Feuer in seiner Mannschaft. Das nötige Quäntchen Glück habe man eben nicht gehabt, »und Strafen wie jene vor dem dritten Gegentor dürfen einfach nicht passieren.«
Den Respekt der Oberbayern hat man sich seitens der Roten Teufel fraglos erarbeitet. »Die Bad Nauheimer besitzen die Qualität, einen Umschwung zu schaffen - anders als die Füchse Duisburg, die der SCR im Viertelfinale eliminierte«, schreibt der »Müncher Merkur« in seiner gestrigen Ausgabe, und wer am frühen Sonntagabend in die Gesichter der SCR-Funktionäre geblickt hatte, der wusste, dass sie diese Serie trotz der komfortablen Führung gedanklich nicht schon abgehakt hatten. Vor allem der Ausfall von Florian Vollmer bereitet unter der Zugspitze große Sorgen. Der Vorrunden-Top-Scorer des SC Riessersee hatte sich am Freitagabend eine Knöchelverletzung zugezogen und dürfte wohl auch heute nicht spielen können.
Die Roten Teufel müssen in Spiel drei auf Oliver Bernhardt verzichten. Der Routinier erhielt am Sonntag seine zweite zehnminütige Disziplinarstrafe in Endrunde und Playoffs und ist damit gesperrt. Allrounder Marius Pöpel rückt damit an die Seite von Patrick Gruber, und die Außenposition im dritten Block besetzt Igor Filobok, der zuletz als zehnter Stürmer auf der Bank saß.