Sead Mehic, genießen Sie als ältester Feldspieler Privilegien?
»Die Erholungsphasen sind jetzt ganz andere«, sagt der 37-jährige Mittelfeldspieler Sead Mehic vom Drittligisten Kickers Offenbach im WZ-Interview. Zugeständnisse will er keine.
Sead Mehic, Sie sind der älteste Feldspieler im deutschen Profifußball. Sieht man mit 37 Jahren die Saisonvorbereitung mit anderen Augen?
Mehic: »Die Erholungsphasen sind jetzt ganz andere. Alles dauert etwas länger. Man liegt auch schon mal länger auf der Massagebank. Wenn die anderen schon nach Hause gefahren sind, bin ich oft noch der letzte in der Kabine.«
Genießen Sie als Dienstältester auch Privilegien bei Trainer Arie van Lent?
Mehic: »Der Trainer hat selbst bis zu seinem 35. Lebensjahr gespielt. Er hat Verständnis, wenn es irgendwo zwickt und würde mir auch den nötigen Freiraum gönnen. In der letzten Saison habe ich aber nicht eine einzige Trainingseinheit verpasst. Ich muss dieses Zugeständnis nicht in Anspruch nehmen.«
Sind Sie stolz, mit 37 Jahren Rekordhalter unter den Feldspielern zu sein?
Mehic: »Ich bin froh, dass ich mit 37 Jahren noch fit bin und dass ich weiterhin gebraucht werde. Dass ich der älteste Spieler bin, spielt keine Rolle. Für mich war wichtig, dass ich für den Trainer und die Verantwortlichen nach der Saison einer der ersten Ansprechpartner in Sachen Vertragsverlängerung gewesen bin. Das hat in meinen Augen eine Aussagekraft. Wichtig ist zudem, dass Trainer Arie von Lent und ich den Fußball aus der gleichen Perspektive sehen und fast immer der gleichen Meinung sind.«
Trainingslager dienen der Integration von Neuzugängen, dem Zusammenhalt. Ist Teambuilding im klassischen Sinne denn heute, im Zeitalter von Smartphones und iPads, noch möglich, oder sind Trainingslager von heute mit den Quartieren früherer Jahre nicht mehr vergleichbar?
Mehic: »Ja, da ist schon ein gewisser Unterschied. Früher wurden mittags oder abends eher mal Karten gespielt, jetzt sitzen viele beim Kaffee mit dem Handy und einem Laptop am Tisch. Ich denke, dass ist eher eine Sache der jüngeren Generation. Aber auch da gibt es solche und solche.«
Sie könnten beinahe der Vater einiger Mitspieler sein. Wie gehen Sie auf junge Spieler zu, und wie treten diese Ihnen gegenüber?
Mehic: »Ich gehe schon in einer gewissen Art und Weise als Kumpel auf die jüngeren Spieler zu und versuche, jedem zu helfen. Mit meinen 37 Jahren habe ich genug Erfahrung und versuche, die Jungs zu verbessern. Wenn sie dadurch ihr Potenzial eher oder besser abrufen können, helfen sie der Mannschaft und damit im Endeffekt auch mir. Unsere Mannschaft ist in diesem Jahr – das habe ich schon festgestellt – in jedem Fall sehr, sehr willig. Das macht keinen Job als Führungsspieler einfacher.«
Sie sind Kapitän der Mannschaft, waren dies einst auch schon beim FSV Frankfurt. Wie interpretieren Sie Ihre Rolle? Sind Sie der oft zitierte verlängerte Arm des Trainers?
Mehic: »Ja, so hat der Trainer das gesagt kürzlich. Ich versuche dafür zu sorgen, dass seine Vorgaben auf dem Platz auch entsprechend umgesetzt werden. Aber dafür brauche ich keine Kapitänsbinde.«
Was können Sie aus Ihrer Erfahrung heraus den jungen Spielern auf den Weg geben? Vielleicht in den Punkten Geduld und Disziplin.
Mehic: »Tufan war drei der letzten vier Jahre verletzt. Das macht einen fertig. Jeden Tag Reha-Training. Ich hatte das mal fünf Wochen nach einem Wadenbeinbruch. Er macht das jetzt über Jahre hinweg mit. Ich bin positiv überrascht, wie er das meistert und damit umgeht. Ich hoffe, dass er schnell fit wird, und bin mir sicher, dass er dem FSV helfen kann. Die sportliche Qualität hat er zweifellos.«
In Offenbach wird – mal wieder – vom Aufstieg gesprochen. Was unterscheidet das Team vom Vorjahr?
Mehic: »Der Verein hat den richtigen Schritt gemacht und auf einen personellen Schnitt, wie er in den letzten vier, fünf Jahren vollzogen worden ist, verzichtet. Da wurde oft mehr als die halbe Mannschaft ausgetauscht. Uns hat es letztlich nicht an Qualität, aber an Kontinuität gefehlt. Wir waren drei, vier Spiele lang auf dem richtigen Weg, dann gab es wieder einen Bruch, weil die Mannschaft einfach nicht zusammengewachsen war. Das geht nur, wenn das Team mal über ein Jahr hinweg zusammen ist.
Wir hatten im Vorjahr anfangs 14 Spieler, dann kamen peu a peu Spieler dazu, und das waren später allesamt Stammspieler. Entsprechend schlecht war der Auftakt: Wir waren Vorletzter. Jetzt, im Sommer, wurden drei neue Spieler geholt, die uns verstärken. Ich denke, die Qualität ist höher als im letzten Jahr. Und ein solcher Club, mit solchen Fans und nun dem neuen Stadion gehört auch nicht in die dritte Liga.
Wen sehen Sie als Mitfavoriten an?
Mehic: »Die halbe Liga spielt um den Aufstieg, die andere Hälfte gegen den Abstieg. Die Liga ist in der Spitze ausgeglichen. Klar zählen Clubs wie die Absteiger Karlsruhe oder Rostock automatisch zu den Favoriten. Oder auch Erfurt, die waren bis zum Schluss oben dabei.«
Inwiefern hat sich der Fußball verändert im Laufe der Jahre?
Mehic: »Es wird mehr erwartet, gerade von jungen Spielern. Ich nenne mal die Beispiele Mario Götze, Marco Reus. Früher hieß es, das sind Talente. Heute sind 18-, 19-Jährige in der Bundesliga in taktischen Bereichen fertige Spieler. Denen muss man in dieser Richtung nichts mehr beibringen. Natürlich: Das Spiel ist schneller und dynamischer geworden.«
Trainieren Sie heute anders als früher?
Mehic: »Nein. Eher umgekehrt. Ich bin noch viel ehrgeiziger. Früher war man vorsichtiger, wenn’s gezwickt hat. Heute kann ich damit besser umgehen. Da weiß ich: Das ist nichts Schlimmes.«
Wie nimmt man als Spieler die Diskussion zum Thema Pyrotechnik wahr?
Mehic: »Solche Dinge sind traurig. Die Leute schaden sich selbst und dem Verein. Wie viel musste Eintracht Frankfurt in der Vergangenheit als Strafe bezahlen? Aber glücklicherweise gibt’s auch Menschen, die Courage haben und das zur Anzeige bringen.« (mn)
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