Schneller und fairer: Das sind die neuen Fußballregeln zum Saisonstart

So manch ein Fußball-Fan mag sich in den ersten Spielen der neuen Saison verwundert die Augen gerieben haben. Der Grund: Regeländerungen. Kreislehrwart Kevin Sürer klärt auf.
Bereits seit 1. Juni diesen Jahres sind neue Regeln im Fußball in Kraft. Dafür zuständig ist das International Football Association Board (IFAB), das aus vier Mitgliedern des Fußball-Weltverbandes »Fifa« und je einem Vertreter der nationalen Verbände aus England, Nordirland, Schottland und Wales besteht. Bei der 133. Sitzung dieses Gremiums im schottischen Aberdeen haben sich die Experten für einige Neuauslegungen entschieden, die zur Vereinfachung des Spiels und zur Übersichtlichkeit für die Schiedsrichter dienen sollen.
Pflichtsitzung am Freitag
Die neuen Fußballregeln sind auch das Thema der nächsten Schiedsrichter-Pflichtsitzung. Der Friedberger Kreislehrwart Kevin Sürer lädt dazu alle Referees aus dem Fußballkreis für diesen Freitag, 2. August, um 19 Uhr ins Bürgerhaus nach Nieder-Florstadt ein.
Der Lehrwart des Fußballkreises Friedberg, Kevin Sürer, der für den SV Teutonia Staden in der Gruppenliga pfeift, fasst die wichtigsten Änderungen zusammen. Er sagt: »Der Tenor ist, das Spiel schneller und fairer und damit attraktiver zu machen. Die Schiedsrichter sollen die Regel im Geiste des Fußballs auslegen. Genau so werde ich es den Schiedsrichtern in unserem Kreis auch präsentieren. Es sind allerdings sehr viele Änderungen auf einmal, und sicher wird dem einen oder anderen am Anfang noch etwas durchrutschen, aber nach einer gewissen Eingewöhnungsphase wird das sicher gut funktionieren.«
Verwirrung beim Handspiel bleibt
Handspiel: Hier blieb die erhoffte Vereinfachung des ewigen Aufregerthemas aus. »Sie haben es leider nicht eindeutiger gemacht«, sagt Sürer. Immerhin: Als »Hand« gilt nun definitiv alles ab Schulterhöhe. Ein Tor zählt nicht mehr, wenn die Hand unmittelbar dazu beigetragen hat, auch nicht, wenn der Spieler »nur« angeschossen wurde. »Als Schiedsrichter im Amateurbereich ist das extrem schwierig zu beurteilen, richtig hilfreich ist es nur für den Videoassistenten«, sagt Sürer.
Abstoß: Die eigenen Spieler müssen bei einem Abstoß oder einem Freistoß nicht mehr aus dem eigenen Sechzehnmeterraum raus - die Gegner allerdings schon. Das soll den Spielaufbau schneller machen. Aber: Sobald der Ball das erste Mal berührt wurde, darf der Gegner attackieren. »Das kann eine Hilfe sein, aber auch zu gefährlichen Situationen führen«, meint Sürer. »In jedem Fall ist dies ein Punkt, der in den ersten Spielen für Verwirrung bei den Zuschauern gesorgt hat.«
Schluss mit dem Zeitspiel bei Auswechslungen
Freistoß: Bei einem Freistoß müssen die angreifenden Spieler mindestens einen Meter Abstand zu einer Mauer halten - sofern diese aus drei oder mehr Spielern besteht. Das Ziel ist es, die Unruhe herauszunehmen, die oft dadurch entsteht, dass die Angreifer versuchen, eine Lücke in die Mauer zu drücken oder den gegnerischen Spielern die Sicht zu verdecken. »Da konnte man bislang als Schiedsrichter nicht viel machen, jetzt ist das eindeutig geregelt«, sagt Sürer. Ebenfalls neu ist, dass der Schiedsrichter einen Freistoß auch dann schnell ausführen lassen kann, wenn er eigentlich eine Karte zeigen wollte. Dies kann er nun auch in der nächsten Unterbrechung noch tun. »Das gilt vor allem dann, wenn aus der Freistoßsituation eine unmittelbare Torgefahr entstehen könnte, wie etwa bei einem Konter«, erklärt Sürer. »Die einzige Voraussetzung ist, dass der Schiedsrichter noch nicht damit begonnen hat, eine Karte zu ziehen oder eine Mauer stellen zu lassen.«
Auswechslungen: Der Spieler soll in Zukunft dort das Feld verlassen, wo es am kürzesten ist - und nicht an der Mittellinie. »Es ist kein Muss, aber der Schiedsrichter hat nun die Befugnis, das zu entscheiden, und der Spieler muss sich danach richten«, sagt Sürer. »Tut er das nicht, gibt es dafür die Gelbe Karte.« Die Anwendung sei vor allem bei Spielen mit engen Ergebnissen sinnvoll, um Zeitspiel zu vermeiden. »Gerade im Amateurbereich kann der Spieler praktisch überall das Feld verlassen und von dort zur Bank gehen, wohingegen das in großen Stadien nicht immer geht«, sagt Sürer.
Der Schiedsrichter ist nicht mehr »Luft«
Schiedsrichter-Ball: »Auch hier gibt es bis jetzt noch einige Irritationen«, sagt Sürer. Denn: Während früher viele Spieler um den Schiedsrichter-Ball kämpfen durften, bekommt nun ein Spieler der Mannschaft den Ball, die ihn auch vor der Unterbrechung hatte. Die restlichen Spieler müssen sich in einem Vier-Meter-Radius entfernt halten. Der Vorteil: Es gibt kein Gestochere um den Ball, außerdem werden grobe Unsportlichkeiten, wie etwa das Weiterspielen nach einer Verletzungspause, obwohl die gegnerische Mannschaft den Ball ins Aus gespielt hatte, vermieden. Fair-Play-Gesten, wie den Ball in die gegnerische Hälfte zu schlagen, werden dadurch allerdings überflüssig.
»Der Schiedsrichter ist Luft«: Die neue Regel, wonach der Schiedsrichter eben nicht mehr »Luft« ist, ist eines der prominenten Beispiele für einen Schiedsrichter-Ball. Nun ist der Unparteiische verpflichtet, dann abzupfeifen, wenn durch seine Berührung ein Ballbesitzwechsel oder die Unterbindung eines Angriffs entstanden ist. Es gibt Schiedsrichter-Ball für die Mannschaft, die den Ball zuletzt hatte. »Diese Neuregelung kommt den Schiedsrichtern und den Vereinen zugute, denn bislang konnte man als Referee eigentlich nur tatenlos zusehen«, sagt Sürer.
Trainer und Betreuer können nun auch Karten sehen
Teamoffizielle: Eine wichtige Regelung aus der Sicht Sürers: Teamoffizielle wie Trainer und Betreuer, die als solche auch auf dem Spielbericht vermerkt sind, können in Zukunft ebenfalls Gelbe und Rote Karten erhalten. Dafür muss der Schiedsrichter sich allerdings vor dem Spielbeginn ein Bild davon machen, wer alles auf der Bank sitzt. Das Ziel sei es, die Schärfe rauszunehmen und den Innenraum im Spiel besser zu kontrollieren, erklärt Sürer. Bei einem Platzverweis muss der Schiedsrichter einen Bericht verfassen, dem Bestraften drohen juristische Konsequenzen durch das Kreissportgericht. »Man möchte einen deutlich strengeren Blick auf die Bank haben«, sagt Sürer. »Andere Sportarten wie Handball oder Basketball machen es vor, auch wenn ich glaube, dass sich das im Fußball erst einspielen muss.«
Seitenwahl: Die klassische Seitenwahl ist abgeschafft, der Gewinner des Münzwurfs darf nun entscheiden, ob er Anstoß oder die Seitenwahl haben möchte. »Das haben einige in der Vergangenheit falsch gemacht, aber nun muss sich niemand verrückt machen«, sagt Sürer. Durch die neue Anstoßregelung, bei der nur noch ein Spieler im Anstoßkreis steht, ist eine neue Dynamik entstanden, der mit einer möglichen Entscheidung für den eigenen Anstoß Rechnung getragen werden soll. Der Gewinner des Münzwurfs soll so einen weiteren Vorteil bekommen.
Schluss mit Rumgetänzel auf der Linie
Strafstoß: Bei einem Elfmeter sind die Regeln für das Verhalten des Torhüters präzisiert worden. Der Torhüter muss nun nur noch mit einem Fuß (statt vorher mit zwei) auf der Linie stehen. Bei Zuwiderhandlung gibt es eine Gelbe Karte. »Das ist im Amateurbereich ehrlicherweise schwer zu sehen«, sagt Sürer - vor allem dann, wenn ohne Gespann gepfiffen wird. Außerdem dürften Latte, Pfosten und das Netz sich bei Ausführung des Strafstoßes nicht bewegen.