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Leistungssportler, Coach, Stipendiat und Unterstützer einer Selbshilfe-Gruppe

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Delfin und Kraul sind die bevorzugten Lagen von Aaron Wilmes, der derzeit unter professionellen Bedingungen trainiert und im kommenden Sommer ein Studium beginnt. Er coacht auch andere und unterstützt zudem eine Selbsthilfegruppe. BACHMANN © pv

Das Rosbacher Schwimm-Ass Aaron Wilmes schlägt im kommenden Sommer ein neues Kapitel auf und beginnt ein Studium in Florida. Vorher hat er noch einiges vor.

(vre). Er gilt als eines der derzeit größten Schwimmtalente der Wetterau, ist mehrfacher Hessenmeister, Finalteilnehmer bei den Deutschen Meisterschaften und Deutscher Meister (Jugend A Staffel) im Freiwasser. Der 19-jährige Aaron Wilmes aus Rosbach, der dieses Jahr sein Abitur an der Friedberger Johann-Philipp-Reis-Schule abgeschlossen hat, trainiert seit 2019 bei der SG Frankfurt. Ab Sommer 2022 wird er mit einem Sport-Stipendium an die Keiser University nach West Palm Beach ins warme Florida wechseln.

Im Interview berichtet er über seinen Spagat zwischen Schule und Training, wie es ist, in Frankfurt unter dem ehemaligen Bundestrainer Dirk Lange zu schwimmen und was er sich von seinem Wechsel in die USA erhofft.

Herr Wilmes, Sie schwimmen schon seit Kindheitstagen, sind von der SG Wetterau zum TV Wetzlar und vor gut zwei Jahren nach Frankfurt gewechselt. Wie sieht ein Trainingstag aktuell aus?

In der Regel habe ich neun bis zehn Einheiten pro Woche. Normalerweise stehe ich täglich um 5.30 Uhr auf und fahre zum Landessportbund nach Frankfurt. Von 7 bis 9 Uhr findet die erste Trainingseinheit im Wasser statt. Wenn wir Athletik- und Krafttraining haben (zweimal pro Woche), fahre ich nachmittags erneut, ansonsten erst zur Abendeinheit von 18 bis 20 Uhr. Gegen 21 Uhr bin ich dann zu Hause.

Sie trainieren in Frankfurt unter dem ehemaligen Bundestrainer Dirk Lange. Wie nehmen Sie die Einheiten unter ihm wahr?

Wir hatten schon zuvor sehr gute Trainer. Bei Dirk Lange merkt man auf jeden Fall die lange Erfahrung auf sehr hohem Niveau. Bei ihm haben wir relativ viel Widerstandstraining. Wir schwimmen also mit Paddles und Flossen. Ich finde dieses Training sehr gut, weil es konkret um die Steigerung der schwimmspezifischen Kraft geht. Der Einheitenumfang von sechs bis sieben Kilometer hat sich kaum geändert.

Wie haben Sie die Doppelbelastung von Schule und Sport gerade während des Abiturs bewältigt?

Das lief tatsächlich ziemlich gut, da das Training zu dieser Zeit wegen der Corona-Maßnahmen etwas reduziert war. Meist hatten wir nur fünf Einheiten pro Woche. Gelernt habe ich immer vor, zwischen und nach dem Training. Und natürlich an den Wochenenden den ganzen Tag. Ich habe mir den Tag durchstrukturiert und mich daran gehalten.

Wie haben Sie die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Schwimmsport erlebt?

Als Leistungssportler bzw. Kaderschwimmer hatten wir in der Mannschaft trotz allem recht gute Trainingsbedingungen. Wenn ich dem ganzen etwas Positives abgewinnen möchte, habe ich gelernt, das Training noch mehr wertzuschätzen, weil es nicht mehr selbstverständlich war. Viele Vereinsschwimmer hatten ja gar kein Training. Und es war auch ganz gut für die Vorbereitung auf das Abi, weil ich Zeit zum Lernen und einen regelmäßigen sportlichen Ausgleich hatte.

Was ist Ihre Lieblingsdistanz im Schwimmen?

Am liebsten schwimme ich Mittel- und Langstrecke im Kraul und Delfin. Also 200 bis 1500 m Freistil und 200 m Delfin. Gerade bei den längeren Strecken wie 400 m und 1500 m geht es auch um Taktik, die Einteilung der Kraft und die Konzentrationsfähigkeit, z. B. bei Wende und Abstoß. Gleiches gilt im Freiwasser.

Sie haben ab Sommer 2022 ein Sport-Stipendium in den USA bekommen und werden an der Keiser University in West Palm Beach studieren und trainieren. Was erwarten Sie sich von diesem Wechsel?

Da ich neben dem Schwimmen auch Wirtschaft studieren möchte, erhoffe ich mir neben der Unterstützung im Sport auch eine solide akademische Ausbildung. Viele deutsche Schwimmer studieren derzeit in den USA, und ihre Zeiten beweisen, dass der College-Sport ein sehr professionelles Umfeld bietet. Training und Vorlesungen sind sehr gut aufeinander abgestimmt. Das ist so in Deutschland nicht gegeben. Und natürlich freue ich mich auf die regelmäßigen Wettkämpfe gegen andere Colleges, zum Teil in anderen Bundesstaaten. Weitere Aspekte sind die Sprache, die Internationalität auf dem Campus und das Wetter.

Was sind die nächsten Etappen bzw. anstehenden Wettkämpfe, die bei Ihnen vor dem Wechsel in die USA noch anstehen?

Kurzfristig gesehen haben wir am 18./19. Dezember in Bochum den Saisonabschluss. Anfang Februar 2022 soll der Deutsche Mannschaftswettbewerb (DMS) stattfinden. Bei den DMS treten in verschiedenen Ligen Vereinsmannschaften gegeneinander an. Mein Verein, die SG Frankfurt, schwimmt in der ersten Bundesliga und ich hoffe, dabei zu sein, wenn es um den Titel geht. Das alles setzt natürlich voraus, die pandemische Lage lässt Wettkämpfe zu.

Sie bieten mit Ihrer Website swim-better.com seit diesem Jahr ein Coaching an, mit dem Sie anderen helfen wollen, ihre Fähigkeiten zu verbessern. Wie kam es zu dieser Idee?

Wenn ich gelegentlich allein im Seedammbad oder im Usa-Wellenbad trainiere, fällt mir auf, durch welche kleinen Änderungen in der Technik andere Sportler effizienter schwimmen könnten. Schwimmen ist an sich nicht schwer. Es gibt aber viele Möglichkeiten, Fehler zu machen und dann den Spaß zu verlieren. Ich wollte mein Wissen gerne weitergeben. Mein erster Kunde war ein Kollege meines Vaters. Mittlerweile habe ich acht Personen aller Alters- und Leistungsstufen: Hobbyschwimmer, Vereinsschwimmer und Triathleten. Dabei geht es nicht immer um Schnelligkeit. Manche wollen sich einfach mit weniger unnötigem Kraftaufwand durchs Wasser bewegen, andere die Rollwende lernen oder eine weitere Lage beherrschen.

Sie unterstützen seit 2017 auch eine Selbsthilfegruppe für Neurofibromatose-Kranke, die mit dieser genetischen Erkrankung zu kämpfen haben. Wie sieht Ihr Engagement dort aus?

Der Impuls kam 2017 von Rebekka Ott, meiner damaligen Trainerin bei der SG Wetterau. Seitdem unterstütze ich die Selbsthilfegruppe bei ihrer Staffelteilnahme beim Rodgau-Triathlon. Es geht darum, Aufmerksamkeit für die Betroffenen zu wecken. Die Menschen können bei einem leichten Krankheitsbild laufen und Radfahren, aber nicht schwimmen. Deshalb übernehme ich seit 2017 den Schwimmpart in der Triathlon-Staffel. Wenn ich als Erster aus dem Wasser komme, macht der Sprecher natürlich auf das Team aufmerksam, die Zuschauer werden über die Krankheit informiert und entscheiden sich gegebenenfalls für eine Unterstützung. FOTO: BACHMANN

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Aaron Wilmes © pv

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