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Auf Kosten der Weiterentwicklung

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8,50 Euro: Das Mindestlohngesetz trifft auch den Eishockey-Zweitligisten EC Bad Nauheim.
8,50 Euro: Das Mindestlohngesetz trifft auch den Eishockey-Zweitligisten EC Bad Nauheim. © Nicole Merz

Vier Eishockey-Profis des EC Bad Nauheim wird in diesen Tagen das Gehalt erhöht. Unabhängig von der sportlichen Leistung, unabhängig von einem umtriebigen Spielerberater. Der Zweitligist muss seinen Angestellten seit 1. Januar den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro garantieren.

Eine Summe, »so um die 10 000 Euro«, hat Andreas Ortwein, der Geschäftsführer der Spielbetriebs GmbH, diesbezüglich ausgemacht. Neben vier spielenden Angestellten sind auch vier Mitarbeiter im Bereich Gastronomie von der Lohnerhöhung betroffen.

Im Juli 2014 war das Mindestlohngesetz verabschiedet worden – und stellt die Sporttreibenden nun vor Fragen. Wen betrifft die neue Gesetzeslage? Welche Zeiten müssen erfasst werden? Neben den Trainingseinheiten und den Spielen gilt es auch, Taktikbesprechungen sowie die Reisen zu den Auswärtsspielen zu berücksichtigen – und bei Fahrten quer durch die Republik kommt so einiges zusammen. Der günstigste Spieler der Roten Teufel kann jetzt schnell auf rund 1100 bis 1200 Euro brutto kommen.

»Kontraproduktiv«, sagt Rene Rudorisch.

Der Chef der Deutschen Eishockey-Liga 2 sieht dabei folgendes Kernproblem: Vereine, die einem Heranwachsenden mit überdurchschnittlichem Talent die Chance geben wollen, sich über ein, zwei Jahre gegen eine Aufwandsentschädigung im unteren dreistelligen Bereich zu entwickeln, droht nun ein höherer Kostenaufwand. »Das Gehalt verdreifacht sich«, rechnet Rudorisch hoch. Die drohende Konsequenz: Die Klubs vernachlässigen die Entwicklung von Talenten mit Potenzial und stecken ihre Gelder lieber in einen fertigen Spieler. Die Förderung junger Spieler verliert an Attraktivität. »In jedem Beruf gibt es eine Ausbildung. Warum sollen wir nicht auch im Sport darüber nachdenken und für eine Übergangsphase von vielleicht zwei, drei Jahren eine alternative Lösung suchen«, fragt der diplomierte Sportwissenschaftler und bringt den Begriff »Sport-Azubi ohne Mindestlohn« ins Spiel.

Mit Funktionären der Pro A, der zweiten deutschen Basketball-Liga, habe bereits ein Austausch stattgefunden, auch die Volleyballer sollen ins Boot geholt werden. »Wir müssen herausfinden, inwiefern Initiativen nötig sind«, sagt Rudorisch, der im nächsten Schritt den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) in der Verantwortung sieht, um die Interessen gegenüber der Politik zu vertreten. »Im DOSB muss man auch erkennen, dass dies nicht die optimale Lösung ist und nachjustiert werden sollte.«

Die bislang intern geführten Diskussionen haben durchaus kreative Ideen gefördert. Einer der 14 DEL 2-Geschäftsführer warf tatsächlich in den Raum, junge Spieler nur unmittelbar für die Spiele vertraglich binden und bezahlen zu wollen. Die Trainingsteilnahme sei freiwillig und liege im Eigeninteresse eines ambitionierten Spielers.

Vielleicht werden auch statt 22 Spielern künftig nur 15 Angestellte in den Bussen zu den Auswärtsreisen sitzen, um den Stundenzettel junger Spieler und das Budget zu entlasten? Wie viele junge Spieler lassen sich unter den nun gegebenen Umständen überhaupt einbauen? »Grundsätzlich schadet diese Entwicklung dem Sport, ganz speziell der Weiterentwicklung im Nachwuchs«, sagt Rudorisch.

Budgets im Eishockey werden im Frühjahr aufgestellt. Ob das Mindestlohngesetz tatsächlich durchgesetzt werden würde, war nach Saisonende 2014 nicht gesichert abzusehen. »Natürlich können wir uns nun fragen, ob es sinnvoll gewesen wäre, wir hätten Rückstellungen eingeplant. Gemacht hat das keiner; erst im November, als konkrete Informationen zur Umsetzung vorlagen, haben die Klubs begonnen, sich Gedanken zu machen«, räumt RT-Boss Ortwein ein. »Natürlich sind bis zum Saisonende nur zweieinhalb, vielleicht dreieinhalb Monate betroffen. Dennoch ist’s ein gewisses Sümmchen, das da auf uns zukommt und das für den kommenden Winter einkalkuliert werden muss.

« Jetzt werden sich vier Spieler des EC Bad Nauheim aber erst einmal über eine Lohnaufbesserung freuen können. Michael Nickolaus

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