1. Wetterauer Zeitung
  2. Sport
  3. Lokalsport

Jörg Jung ist Daylight-Finisher beim Ironman auf Hawaii

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

(mw) Zwischen Laufen, Trinken und Kühlen wagt Jörg Jung einen Blick auf die Uhr. 8:28 Stunden ist er schon unterwegs. 3,86 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und eben 24 Kilometer zu Fuß liegen schon hinter ihm, 18 kommen noch. Jetzt noch genügend Energie und Wille für einen Schnitt von fünf Minuten pro Kilometer? Angriff auf die Zehn-Stunden-Marke oder lieber auf Nummer sicher gehen, ein paar Minuten dranhängen und das Risiko minimieren?

Jung ist mutig und entscheidet sich für die erste Variante – mit Erfolg. Nach 9:58:11 Stunden beendet der Butzbacher die Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii auf Rang 333 unter 2000 Startern und gehört damit zum elitären Kreis der Daylight-Finisher.

»Wie schon bei meiner Qualifikation in Regensburg habe ich mir auf der Zielgeraden die Zeit genommen, rechts und links Hände abzuklatschen und den Zuschauern zurückzuwinken. Einfach die letzten Meter des langen Tages genießen. Der Traum von Kona. Es hat geklappt, was für ein schönes Gefühl«, berichtet Jung überglücklich und unendlich müde per Email aus Hawaii.

Tag startet um 3.45 Uhr

Um 3.45 Uhr startete Jung in den Wettkampftag, eine gute halbe Stunde später ging es zum Start-/Zielbereich am Pier von Kailua-Kona. Nach dem Start mussten die Athleten zunächst 1,9 Kilometer raus aufs Meer und wieder zurückschwimmen. »Wie bei einer WM zu erwarten, waren viele Athleten auf dem gleichen Niveau. Gerade an den Bojen gab es Stop-and-Go-Phasen mit gehörigem Gerangel«, berichtet Jung, der zudem wie alle anderen Athleten mit dem starken Wellengang zu kämpfen hatte. Nach 1:09:57 Stunden erreichte er die Wechselzone – und wurde schon hier von seinen Vereinskollegen von Triathlon Wetterau Marion und Thomas Mayer angefeuert.

»Mit der Zeit war ich zufrieden, zumal ich wenig Kraft gelassen hatte«.

Zeitstrafen-Zelte immer voll

Nach etwa 60 Kilometer auf dem Rad »gesellte« sich zu der Hitze der typische Hawaii-Wind. »Ich musste oft die kraftsparende Aero-Position verlassen. Der Griff zur Trinkflasche oder zum Gel war nicht ohne Risiko«, erzählt Jung, der mit der Eigenverpflegung nicht so gut zurecht kam und nach etwa 120 Kilometern auf die offizielle Verpflegung umstieg. Mit mehr Energie machte er auf dem Rückweg viele Plätze gut – zumal er nicht in die stets vollen Zeitstrafen-Zelte musste. Denn Windschattenfahren ist nicht erlaubt – das Vermeiden ist aber schwierig aufgrund der Vielzahl an Teilnehmern. Neben dem Trinken war das Kühlen ein großes Thema, brannten doch schon beim Radfahren die Fußsohlen. »Man fühlt sich, als ob man verglüht«, sagt Jung. Nach knapp über 6:40 Stunden nahm Jung den Marathon in Angriff.

Von Meile zu Meile denken

»Der Traum von einer Zeit unter zehn Stunden war hier ganz nah, denn eine Laufzeit unter 3:20 Stunden erschien mir möglich«, sagt Jung, der auf der Strecke jede im Abstand von einer Meile aufgestellte Verpflegungsstelle herbeisehnte. »Schwämme, Wasserbecher, Eis – es galt, alles zu greifen«. Die Hitze, lange Hügel bis zum Wendepunkt und die zunehmende Müdigkeit ließen die Kilometer-Splits immer langsamer werden. Bei Kilometer 24 wagte Jung den erwähnten Blick auf die Uhr. Obwohl Sekunde um Sekunde verlorenging, brach Jung nicht ein. »Hoffnung machte mir kurz vor Schluss zudem, dass die Beine nach dem letzten Anstieg bei Kilometer 40 noch ein hohes Tempo bergab zum Meer durchhalten«. Jungs Plan ging auf, der Zeitpuffer reichte zum ausgiebigem Jubeln und Abklatschen auf der Zielgerade, und nach 9:58:11 Stunden überquerte er überglücklich die Ziellinie.

Gestörte Vorbereitung

Jung dürfte einigen Kennern der Laufszene als Sieger zahlreicher Volksläufe im Rahmen des Oberhessencups ein Begriff sein; zudem wurde er 2006 gemeinsam mit Philipp Ratz und Marco Diehl Zweiter bei den Deutschen Marathon-Meisterschaften mit der Mannschaft des TSV Friedberg-Fauerbach. Im Triathlon war er bis dato noch nicht in Erscheinung getreten. Er bereitete sich jedoch intensiv auf den Ironman in Regensburg vor, um die Qualifikation für die Weltmeisterschaft zu schaffen. Die letzten zwölf Wochen vor dem Wettkampf trainierte er in Drei-Wochen-Blöcken mit zwei Wochen Belastung (rund 18 Stunden) und einer Entlastungswoche (weniger als zehn Stunden), ehe der 43-Jährige in den letzten drei Wochen den Aufwand deutlich reduzierte. In der bayerischen Domstadt benötigte Jung 9:22:24 Stunden.

Nach einer Verletzung belastete Jung erst Anfang September wieder voll und buchte seine Hawaii-Reise erst Mitte des Monats. »Es war wirklich knapp. Aber ich bin so dankbar, dass ich überhaupt an den Start gehen konnte«, erzählt Jung.

Zwei Wochen vor der Weltmeisterschaft traf Jung auf der triathlonverrückten Insel ein, akklimatisierte sich schnell, trainierte auf den Originalstrecken und versuchte, sich an die außergewöhnlichen Bedingungen am Renntag zu gewöhnen. »Die Unsicherheit, mit welcher Zeit der Ironman zu bewältigen ist, stieg mit jeder Trainingseinheit«. Jung nahm alle Veranstaltungen über das Registrieren, Wettkampfbesprechung, Nationenparade, Pasta-Party und Bike-Check-in mit – ehe der Tag der Tage näherrückte. Und nach acht Stunden Wettkampfzeit auch die Frage nach der Risikodosierung – die Jung danach mit dem Fazit beantwortet: »Es hat alles geklappt.«

Auch interessant

Kommentare