VfB Friedberg: Im Tief mit Perspektiven
Wasserball in Friedberg hat Tradition – seit 1948 schon. In der 2. Bundesliga ist der VfB etabliert, spielt dort die zehnte Saison in Serie; die vielleicht bis dato schwerste Spielzeit. »Wir sind zwar im Tief, aber wir haben eine Perspektive«, sagt Markus Scholl, VfB-Abteilungsleiter.
Der Name Scholl ist in Friedberg untrennbar mit dem Schwimm- und Wasserballsport verbunden. Fritz Scholl, der Senior, einst Stadtrat und Mitglied im Schwimmbad-Zweckverband, absolvierte über 800 Spiele. Markus Scholl, der seit vielen Jahren die Fäden bei den Schwimmern, der mitgliederstärksten VfB-Abteilung, zieht, bestritt über 1200 Spiele und ist noch immer in der zweiten Mannschaft aktiv. Und Junior Dennis kommt inzwischen ebenfalls schon auf 250 Partien. »Das Schwimmbad ist das zweite Wohnzimmer«, schmunzelt der 52-Jährige, der derzeit noch in der zweiten Mannschaft die jungen Spieler führt.
In diesem Sommer – nach dem sportlich eigentlich soliden sechsten Rang – wurde die Zweitliga-Zukunft intern allerdings hinterfragt. Lieber nach Wiesbaden oder Wetzlar fahren, statt nach München, Würzburg oder Pforzheim? Zeit und Kosten sparen? Den Status aufgeben? Zu viele Baustellen hatten sich aufgetan.
Rückzug vom Tisch
Das vordergründig größte Problem: die Besetzung der Torwartposition. Nils Peil, der Rückhalt, hatte sich in Richtung Leimen/Mannheim verabschiedet; ein adäquater Ersatz ist in diesem Sport mit seinen nur neun hessischen Klubs (bundesweit 194 Vereine mit Schwerpunkten in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen) schwer zu finden. »Der Torwart ist auf diesem Level das A und O, sonst gibt’s in jedem Spiel eine Klatsche«, sagt Scholl. Fündig wurde der VfB letztlich in den eigenen Reihen. Der 43-jährige Matthias Gail aus dem Oberliga-Kader zeigte seine Bereitschaft, auch Spielertrainer Stephan Schmitt kann auf dieser Position spielen. »Wir müssen nun eben konsequenter defensiv arbeiten und den Keeper noch mehr unterstützen«, sagt der Coach, der im fünften Jahr den VfB anleitet. Auf den Tisch kamen in der Runde mit Wasserballwart Norbert Duch auch die Auflagen des Deutschen Schwimm-Verbandes, der im Zuge der Professionalisierung immer höhere Anforderungen stellt; angefangen von der Meldung der Nachwuchsmannschaft und lizenzierten Trainern. Inzwischen müssen in der 2. Liga gar Internet-Liveticker vom Beckenrand aus angeboten werden. Ein weiterer Schwerpunkt der Überlegungen: die Unterstützung der Stadt Friedberg und in diesem Zusammenhang auch die Trainingsmöglichkeiten.
»Wir bekommen immer wieder Knüppel zwischen die Beine geworfen. Zuschüsse der Stadt werden gekürzt, Abgaben an den Zweckverband erhöht. Es krankt an vielen Ecken und Enden«, sagt Scholl und zieht Vergleiche mit den Fußballern. »Denen wird der Rasen gemäht, die bekommen Flutlicht und Duschen. Da passt das alles.« Zweimal wöchentlich werde im Wellenbad, wo sich die Wasserballer mit der DLRG, den Schwimmern und Tauchern die Kapazitäten teilen müssen, mit dem Zweitliga-Kader abends ab 21.15 Uhr trainiert. Die Nachwuchsmannschaften müssen mangels Hallenzeiten einen Teil ihrer Spiele gar auswärts oder in neutralen Becken bestreiten. »Das macht die Arbeit mit den Jugendlichen nicht leichter«, sagt Duch.
In der Kreisstadt hat man sich letztlich für einen Verbleib in der zweiten Liga entschieden. Ein Rückzug in die Oberliga hätte sicherlich den einen oder anderen Spieler mangels sportlicher Herausforderung nach Frankfurt oder Darmstadt getrieben, denn selbst mit der zweiten Garnitur dominiert der VfB diese Spielklasse, feierte zuletzt Meisterschaft und Pokalsieg. »Ein 20:0-Sieg nach dem anderen wäre auf Dauer langweilig.
Und der Rückzug hätte uns auch zurückgeworfen.« Denn: »Im Nachwuchs tut sich etwas. Wir brauchen aber etwas Zeit.« Die U15-Mannschaft wurde Hessenmeister. Aber drei, vier Jahre seien eben noch zu überbrücken, sagt Scholl, ehe die Jugendlichen, die von Kai-Uwe Grüning und Jose Garcia mit großem Engagement betreut werden, in den Kader der ersten Mannschaft integriert werden können.
Nachwuchsarbeit zahlt sich aus
Nach einem ordentlichen Spiel im Süddeutschen Pokal (11:14 gegen Leimen) gab es in der Meisterschaftsrunde die einkalkulierten Niederlagen gegen Würzburg (7:17) und Leimen/Mannheim (2:22) und die überraschende wie ärgerliche Pleite beim EFSC Frankfurt (7:10), die im Rückspiel (8:7) wettgemacht werden konnte. »Ein, zwei Mannschaften werden wir hinter uns lassen können«, mutmaßt Duch. In Spielern wie Torjäger Tobias Hahn, Oliver Roth, Patrice Hütt, Florian Hondrich und natürlich Spielertrainer Schmidt haben die Kreisstädter ihre Leistungsträger. Mit Ausnahme von Schmitt allesamt Eigengewächse, die in den Wasserball-Hochzeiten des VfB Mitte bis Ende der 90er Jahre ausgebildet worden sind, die in der Wetterau zu Hause sind.
Olaf Vetter ist mit 48 Jahren der Routinier im Team. Einen sportlichen Abstieg müssen die Wetterauer aktuell nicht fürchten. Die Süd-Staffel mit derzeit neun Mannschaften soll auf zwölf Teilnehmer erweitert werden; potenzielle Nachrücker von unten winken jedoch ab, was den Friedbergern die Möglichkeit bietet, den Nachwuchs heranzuführen. Und irgendwann wollen sich die Kreisstädter dann auch im Tabellenmittelfeld wiederfinden.