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Detlef Ernst, warum verlassen Sie den TV Petterweil?

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Die Ära von Detlef Ernst beim Handball-Landesligisten TV Petterweil neigt sich dem Ende entgegen. Wie der Trainer im Gespräch mit der WZ-Redaktion bekannt gibt, wird er den Klub am Saisonende verlassen.

Im Interview mit unserem Mitarbeiter Jan Martin Strasheim spricht der Übungsleiter über seine Beweggründe und neue Herausforderungen.

Detlef Ernst, die Landesliga-Rückrunde beginnt mit einem Auswärtsspiel in Kelkheim bei der TSG Münster II. Wie groß ist die Vorfreude auf die kommenden Spiele, und welche Ziele können Sie mit dem TV Petterweil erreichen?

Detlev Ernst: Wir sind durch den Derbysieg in Oberursel mit einem überaus positiven Empfinden in die Pause gegangen und wollen diese Stimmung jetzt mit ins neue Jahr nehmen. Die Jungs hatten Zeit zur Erholung, und wir freuen uns jetzt auf die Rückrunde. Durch die Ausgeglichenheit der Liga rutscht man natürlich auch mal schnell ein paar Plätze nach unten, und deshalb halte ich es für realistisch, uns in der ersten Hälfte der Tabelle zu positionieren, was gleichbedeutend mit dem Klassenerhalt, unserem Saisonziel, wäre.

Am Ende der Saison verlassen Sie den TVP nach fünf erfolgreichen Jahren. Was steckt hinter Ihrem Ausscheiden?

Ernst: Die sportliche Umsetzung unserer Vereinsphilosophie, mit eigenen Spielern zu agieren, war auf einen Zyklus von drei oder vier Jahren angelegt. Dass es fünf Jahre wurden, ist dem Druck der Mannschaft auf meine Person geschuldet gewesen. Ich denke, der Mannschaft und auch mir stehen Abwechslung und das damit verbundene Setzen neuer sportlicher Reize gut zu Gesicht. Mein Ausscheiden eröffnet zudem einem neuen Trainer die Möglichkeit, das Team sportlich und taktisch weiterzuentwickeln.

Wenn Sie die Zeit Revue passieren lassen, kommen sicher großartige Erinnerungen hoch. Wie würden Sie die vergangenen fünf Jahre beschreiben? Welche Ereignisse waren prägend für Ihre Zeit beim TVP?

Ernst: Diese Zeit ist und war schon einzigartig, weil sie vielleicht so nicht mehr zu wiederholen ist. Das Gemisch zwischen einer sehr charakterstarken Mannschaft und mir als Trainer hat einfach gepasst Ich kann auf fünf sehr schöne Jahre mit meiner Mannschaft und den Verantwortlichen im Verein zurückblicken. Eine unglaubliche Trainingsbeteiligung, viel Fleiß und Disziplin, gepaart mit dem notwendigen Erfolgshunger waren die Hauptgründe für eine gute sportliche Weiterentwicklung der Mannschaft.

Natürlich bleiben viele Derbysiege, sowie Spiele, in denen wir als Goliath mit unserem fantastischen Publikum siegreich waren, unvergessen. Auch das Endspiel um den Oberliga-Aufstieg mit den vielen mitgereisten Fans in Wettenberg war ein Höhepunkt. Prägend ist vielleicht die Tatsache, dass ich der Mannschaft den unbedingten Willen zum Siegen vorgelebt habe und sie ihn verinnerlicht hat.

Ein Detlef Ernst ohne Handball, ohne Trainerjob, scheint undenkbar. Zudem gehören Sie zu den erfolgreichsten Übungsleitern der Wetterau. Welche Aufgabe würden Sie gerne übernehmen in der Zukunft?

Ernst: Richtig, das ist auch für mich nicht vorstellbar. Ohne Handball geht es natürlich nicht. Meine Zukunft sehe ich weiterhin auf der Trainerbank. Ich möchte noch ein paar Jahre meinen handballerischen Sachverstand und Erfahrungsschatz weitergeben. Ich werde sehen, welche sportlichen Aussichten sich für mich ergeben. Auch dieses Jahr werde ich mir eventuelle Anfragen, in denen es um eine sportliche Zusammenarbeit mit mir geht, anhören und dann in Ruhe entscheiden.

Sie kennen sich in der Handball-Szene aus wie kein anderer. Wie sehen Sie die Entwicklungen im deutschen Handball derzeit? Wie beurteilen Sie die Auftritte der deutschen Nationalmannschaft in Spanien?

Ernst: Der personelle Schnitt ist brutal. Ich hätte mir einen soften Übergang zur nächsten Spielergeneration gewünscht. Henß und Co. sind nicht von heute auf morgen zu ersetzen. Dazu kommt das Fehlen von anderen wichtigen Akteuren wie Lars Kaufmann und Holger Glandorf – beide sind für uns leistungsmäßig nicht zu kompensieren. Man sieht, dass die Jungs wollen, aber wir haben auch gegen mittelmäßige Tunesier gesehen, dass einige Spieler in ihrer Qualität limitiert sind und andere wieder noch Zeit für ihre Entwicklung benötigen. Die beiden Wetzlarer Außen machen mir richtig Spaß und auch Mut für die Zukunft. Der sportliche Weg und die einhergehende Entwicklung eines Tobias Reichmann zeigt, dass es der richtige Weg sein kann, auch mal einen Schritt zurück zu machen und von Kiel nach Wetzlar zu gehen. Ich bin gespannt, welche Ideen ein Bob Hanning, wenn er denn in Amt und Würden sein sollte, im deutschen Handball umzusetzen versucht.

Und auf regionaler Ebene? Wie wird sich der Handball in der Wetterau und im Kreis Gießen in den kommenden Jahren verändern? Wo gibt es Verbesserungsbedarf?

Ernst: Wir haben im Vergleich zu anderen Regionen zwei Zugpferde vor der Haustür. Hüttenberg und Dutenhofen sind Leistungszentren und namhafte Aushängeschilder der Region, wobei der TV Hüttenberg eine beispielhafte Jugendförderung betreibt. Auf Kreisebene stellt sich für viele Traditionsvereine nicht mehr die Frage, in welcher Liga sie spielen, sondern ob man den Spielbetrieb überhaupt aufrechterhalten kann. Mangelnder Zulauf an Spielern, akuter Trainer- und Schiedsrichternotstand sowie fehlende Hallenzeiten sind Themen, die bei den Vereinen ständig im Mittelpunkt stehen. Die vermehrte Bildung von Spielgemeinschaften oder die Zusammenlegung von Handballkreisen wie jetzt Frankfurt und Wiesbaden, um wettbewerbsfähig zu bleiben, sprechen eine klare Sprache. Wir sollten nicht den Fehler machen, diese Entwicklungen zu ignorieren. Es bedarf immer mehr Anstrengungen der Verantwortlichen in den Vereinen, um unsere schöne Sportart zu erhalten.

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