»Das nimmt viel vom Kona-Flair«: Wie sechs Wetterauer die WM auf Hawaii erlebten

Der Ironman 2022 auf Hawaii stand unter völlig veränderten Vorzeichen. Sechs Wetterauer traten die Reise in den Pazifik an. Jörg Jung aus Butzbach war dabei und äußert sich auch kritisch.
(web). Die Ironman-Weltmeisterschaften auf Hawaii gingen vor wenigen Tagen mit der doppelten Anzahl an Athleten wie üblich über die Bühne. Unter den 5200 Sportlern waren sechs Wetterauer. Henrik Apel vom Triathlon Wetterau erzielte in 9:34:08 Stunden die beste heimische Zeit. Er kam als 58. der Altersklasse M40 ins Ziel. Für Vereinskollege Oliver Heil stoppten die Uhren bei 10:10:33 Stunden (189. M40). Die Bad Vilbelerin Rebecca Sack (Eintracht Frankfurt) belegte nach 10:51:49 Stunden Rang 34 in der W35. Kurz nach ihr finishte Jörg Jung vom Triathlon Wetterau (10:56:36), der als 124. in der M50 die Ziellinie sah. Karsten Kannenberg (Fun-Ball Dortelweil/175. M50/11:09:01) und die Karbenerin Maria Andreas (Eintracht Frankfurt/114. W35/12:36:38) komplettierten das heimische Sextett.
Die große Teilnehmerzahl und die Austragung an zwei Tagen fand bei den Langstrecken-Triathleten, den Zuschauern und den Einheimischen nicht nur positiven Anklang. Anders schien es aber nicht machbar gewesen zu sein, schließlich fiel das Mega-Event in den beiden letzten Jahren Corona-bedingt aus, Qualifikationsplätze wurden aber dennoch vergeben. Für die umfangreiche Veranstaltung war mehr denn je einiges an Vorarbeit erforderlich: Neue Radaufstellung am Pier, die Pro-Räder komplett runter vom Pier. Ein verlängerter Weg vom Pier zur Mounting-Line. Auch das Selbstabstellen des Rades war neu hier, genauso wie die Wellenstarts nach Altersklassen. Das führte dann auch mal zu Wartezeiten von 70 Minuten wie bei Jörg Jung nach Schließung der Wechselzone. »Auf der Radstrecke wurde erstmals auf dem südlichen Highway gefahren, während auf der Nordseite der Verkehr lief. Das nimmt ohne Frage viel vom Kona-Flair«, sagte Jung, der zum sechsten Mal auf Hawaii dabei war. »Das war auch später auf der Laufstrecke so, und das schon auf dem schmalen Alii Drive. Das war schon enttäuschend. Aber wenn diese Maßnahmen dazu beitragen, dieser Veranstaltung hier auf Hawaii eine Zukunft zu bieten, dann soll es eben so sein.« Der Wetterauer Triathlet fand zwar kritische Worte, konnte aber auch den Teil der einheimischen Bevölkerung verstehen, der nicht unbedingt vom Tourismus lebt. »Das Geld, dass die Triathleten mit auf die Insel bringen, ca. 100 Millionen Dollar, ist für die kein Argument.«
Zu wenige Helfer an der Strecke
Auch die Helferproblematik gestaltete sich als ernstes Thema. »Wer stellt sich zwei Tage an die Strecke in der Gluthitze?«, fragte Jung provokant. Auf der Rad- und der Laufstrecke musste von vorne herein mit Einschränkungen geplant werden. 13 statt 18 Aid-Stationen auf den 180 Rad-Kilometern, 18 statt 25 beim Marathon. Zudem deutlich weniger Helfer an jeder einzelnen Stelle. »So habe ich mir gerade auf dem Rad viel Zeit gelassen, um mindestens immer zwei Wasserflaschen greifen zu können.« Jeden Tag habe es neue Aufrufe vom Veranstalter an alle vor Ort gegeben, sich als Helfer einzubringen. Der Bad Nauheimer Oliver Heil mit seiner Familie war schnell bereit, zwei Tage vor seinem Rennen die Verpflegungsstelle auf der Palani zu unterstützen.
»Sollte ich wirklich noch einmal zurückkommen dürfen, ich würde es so annehmen«, stellte Jung trotz aller Kritik fest. Ob es für die WM überhaupt noch mal zurück nach Hawaii gehe, ob nächstes Jahr die letzte Veranstaltung im Pazifik über die Bühne geht, steht seiner Meinung nach in den Sternen. Für den Veranstalter »Ironman« gebe es allerdings kein Zurück mehr vom Zwei-Tages-Programm, dazu wachse die Serie weiterhin zu schnell. Und der Traum von Hawaii oder eben der WM-Slot bringen viele loyale und neue Kunden mit sich. Jung hatte übrigens für eine Trainingsausfahrt in Zweierreihe einen saftigen Strafzettel über 72,50 Dollar kassiert. Auch das gehört zu den Tatsachen auf der Insel der großen Triathlonträume.
Für den Start auf den Pazifikinseln müssen die Teilnehmer nicht nur viel Geld, sondern vor allem auch Zeit investieren. »Zehn Tage vor meinem Rennen bin ich auf Hawaii gelandet«, erzählt der Butzbacher Jung. Nach kurzem Hotelaufenthalt zog er mit seinem Vereinskollegen Henrik Apel in ein Appartement direkt am Alii Drive. Jung benötigte einige Tage, um sich an das schwüle Klima und die zwölf Stunden Zeitunterschied anzupassen. Wie üblich ging es immer früh morgens zum Pier, um auf der Schwimmstrecke zu trainieren und sich an Salzwasser, Wellen und Strömungen zu gewöhnen. Tageweise im Wechsel Radfahren auf dem Queen-K-Highway und Laufen auf dem Alii Drive gehören zum Standard.
Durch die Neuerung mit den zwei Renntagen war das gewöhnliche Programm aber einigen zeitlichen Veränderungen unterworfen. Dazu kam, dass Jung schon im ersten Rennen am Donnerstag (6. Oktober) am Start war. Da war der Kalender mit Terminen wie Registrierung, Nationenparade, Wettkampfbesprechung, Welcome Banquet und Bike & Gear-Check-In doch schon recht vollgepackt.