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Buric – ein Torhüter mit Potenzial Benjamin Buric: Ein Torhüter mit Potenzial

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Benjamin Buric konnte im Tor der HSG zuletzt mehrfach glänzen.	(Foto: Vogler)
Benjamin Buric konnte im Tor der HSG zuletzt mehrfach glänzen. (Foto: Vogler) © Oliver Vogler (Sportfoto Oliver Vogler)

Ein halbes Jahr nach Andreas Wolff hat Handball-Bundesligist HSG Wetzlar wahrlich kein Torwart-Problem. Neben Routinier Nikolai Weber machte zuletzt immer häufiger auch Benjamin Buric auf sich aufmerksam. Wer ist dieser Typ und was macht ihn aus?

Seine Leistungen im Tor der HSG und bei der Nationalmannschaft ließen ein großes Loch in der Defensive des Bundesligisten befürchten. Ein halbes Jahr später redet niemand mehr vom Europameister, denn die HSG hat mit Benjamin »Benko« Buric einen neuen Helden zwischen den Pfosten. Vor ziemlich genau einem Jahr kündigte der Verein auf seiner Homepage Buric als neuen Keeper an der Seite von Nikolai Weber an. Doch die Fans fragten sich: Wer ist der Typ? Schnell war das Video seiner Top-Paraden mit der bosnischen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 2015 in Katar gefunden. Es ging ein Raunen durch die sozialen Medien. Von »ein echtes Juwel« über »wir werden sehr viel Spaß mit dem Jungen haben« bis zu »der wird in der Arena noch zu Höchstform auflaufen« war nur Positives zu lesen. Fast ein Jahr später hat »Benko« die Arena erobert, sind sein Torwart-Trainer Jasmin Camdzic und auch Chefcoach Kai Wandschneider voll des Lobes. »Was er über diese drei, vier Monate geleistet hat, ist auch für mich persönlich überraschend«, sagt Camdzic. »Dass er dieses Leistungsvermögen vorher hatte, wusste ich. Aber dass er das alles abrufen konnte und uns geholfen hat, diese 18 Punkte zu holen, das hat uns positiv überrascht.«

»Als ich ihn das erste Mal sah, hat er nicht gut gespielt, aber er hat gute Bewegungen gezeigt und Spielintelligenz, das war top. Ich hatte dann 2013/2014 die Gelegenheit, viel mit ihm zu trainieren, ihn als Typ besser kennenzulernen. Da habe ich mir gesagt: Das ist einer, der auf jeden Fall Bundesliga-Potenzial hat.« »Jasmin ist ein Jugo-Torwarttrainer, das ist besser für mich«, schmunzelt Buric. »Außerdem ist er wie ich Bosnier. Er hat mir in den ersten Monaten viel geholfen, mit der Sprache, der Mannschaft, im Training.« »Mit 17 Jahren bin ich nach Ljubuski, das ist fünf Stunden von zu Hause entfernt. Wir waren sehr jung und so habe ich jeden Tag mit meinen Eltern telefoniert. Mein Zwillingsbruder Senjamin ist mitgegangen, das hat es etwas leichter gemacht. Wir sind eine Einheit. Jetzt ist es wieder schwer, denn es ist neu für mich, von meinem Bruder, der in Nantes spielt, getrennt zu sein.« »Ich habe gleich im Tor gespielt. Ich war damals der kleine dicke Junge, den sie ins Tor gestellt haben«, lacht der 26-Jährige und deutet mit den Händen den runden Bauch an. »Maglaj ist eine Handball-Stadt und meine Freunde sind trainieren gegangen, sie haben Senjamin und mich mitgenommen.« Senjamin wollte mehr laufen und spielte nach kurzem Intermezzo im Tor am Kreis, doch »Benko«, der Lauffaule, blieb dem Kasten treu. Von Ljubuski wechselten beide zu RK Borac Banja Luka, ehe es zu Champions League Teilnehmer RK Gorenje Velenje ging. Dazu gehören Gorenje und Celje, zwei Schwergewichte auf dem Balkan. Wir haben in der Champions und der Europa League gespielt«, strahlt Buric, »Gorenje wäre auch ein guter Club für die Bundesliga. In Slowenien hatten wir wenig schwere Spiele. Hier ist das anders, hier ist jedes Spiel hart. Zu Hause gegen den Bergischen HC zu verlieren – so etwas habe ich in Slowenien nicht erlebt. Hier gibt es keine leichten Spiele, das ist gut für mich.« »Ich war sehr nervös, das war mein Problem im ersten Spiel. Ich musste Andreas Wolff ersetzen. Immer ›Andi, Andi, Andi‹. Das ist Stress für mich, deshalb war ich anfangs nervös.« Inzwischen hat er Wolff fast vergessen gemacht, reißt die Zuschauer mit seiner emotionalen Art mit. »Das ist für das Publikum, für die Fans«, strahlt Benko über das ganze Gesicht und hebt die Arme, wie nach einem gehaltenen Ball. »Das kommt automatisch. Das ist gut für die Mannschaft und kommt von ganz tief drinnen. Das ist keine Show.« In der Arena fühlt er sich pudelwohl. »Das sind auch so verrückte Fans wie auf dem Balkan«, schmunzelt er. »So enthusiastisch. Das ist gut für mich, da fühle ich mich wie zu Hause.« Sein Spielstil ist ganz Benjamin Buric, denn ein Torwart-Idol hat er nicht. »Das bin ich. Ich gehe ins Spiel und das ist dann meine Zeit, diese 60 Minuten.« Seine Stärken sieht er in seiner Körpergröße und seinen mentalen Fähigkeiten. »Das hilft beim Spiel gegen den Kreisläufer, die Außen oder im Gegenstoß. Eine Schwäche sind noch die Würfe aus dem Rückraum, aber ich arbeite hart daran.« Zu Hause flimmern viele Videos über den Bildschirm, um die Gegenspieler kennenzulernen. Zudem tauscht er sich laufend mit Torwarttrainer Camdzic und Torhüter-Kollege Nikolai Weber aus. »Beide wissen alles über die Spieler der Bundesliga, geben mir sehr viele Tipps«, bedankt er sich. »Das brauche ich diese Saison ganz besonders, weil die Liga neu für mich ist.« Mit Weber spricht er in Spielen sehr viel. »Niko ist das Beste, was einem als junger Torwart passieren kann. Er hilft mir wirklich sehr, außerdem ist er mein Zimmi.« Was? »Mein Zimmerkollege«, lacht Buric. »Ich lese keine Zeitung«, lacht er. »›Jasko‹ schickt mir nur ab und zu Bilder aufs Handy.« Größte Kritikerin ist seine Mutter, die selbst in der Schule Handball gespielt hatte. »Immer wenn ich nach einem Spiel mit ihr spreche fragt sie: Warum hast du den und den Ball nicht gehalten? Und am nächsten Tag bin ich wieder der beste Torwart.« Nach dem letzten Spiel des Jahres am kommenden Montag gegen HBW Balingen/Weilstetten (17.15 Uhr/Rittal-Arena/ Vorschau folgt) geht es in Richtung Bosnien, zur Nationalmannschaft und ein paar Tage nach Hause, zu seiner Familie.

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