1. Wetterauer Zeitung
  2. Sport
  3. Lokalsport

Gartenarbeit und Online-Studium: Wie Sportler aus der Wetterau die Krise im Ausland erleben

Erstellt:

Von: Michael Nickolaus

Kommentare

Tim Stärz aus Schwalheim finanziert sein Studium mit College-Fußball. Er lernt in Kalifornien online in seinem Wohnzimmer. Im Mai stehen die Abschlussprüfungen an.
Tim Stärz aus Schwalheim finanziert sein Studium mit College-Fußball. Er lernt in Kalifornien online in seinem Wohnzimmer. Im Mai stehen die Abschlussprüfungen an. © pv

Sie sind in der Wetterau groß geworden oder stehen hier als Profi unter Vertrag. Aktuell leben Donald Lutz, Tomas Schmidt und Tim Stärz aber im Ausland - und erzählen, wie sie dort die Corona-Pandemie erleben.

Sie verdienen mit Sport ihr Geld, ernähren die Familie oder finanzieren damit ihr Studium. Donald Lutz und Tim Stärz sind in der Wetterau groß geworden. Tomas Schmidt wurde vom Profi-Klub EC Bad Nauheim verpflichtet. Die Folgen der Corona-Pandemie erleben sie Ausland; in Australien, den Vereinigten Staaten und in Tschechien.

Donald Lutz (Friedberg/Baseball-Profi in Australien): Plötzlich musste alles ganz schnell gehen. Donald Lutz aus Friedberg hatte sich Anfang März mit der deutschen Nationalmannschaft im US-Bundesstaat Arizona auf die World Classics vorbereitet, saß in seinem Hotelzimmer, als ein Meeting einberufen und die Turnierabsage bekannt geworden war. »Meine Teamkollegen wollen schnellstens nach Hause«, sagt Lutz, der selbst geplant hatte, noch Freunde in Goodyear, seiner alten Heimat, zu besuchen. Dann aber kam der Anruf aus Australien. Das Land mache zeitnah die Grenzen dicht. Lutz nahm das nächste Flugzeug, schlug sich bei seiner Ankunft mit reichlich Papierkram herum und ging 14 Tage in Quarantäne.

Stabilitations- und Kräfigungsübungen in den eigenen vier Wänden: Baseballer Donald Lutz aus Friedberg erlebt die Corona-Krise in Australien.
Stabilitations- und Kräfigungsübungen in den eigenen vier Wänden: Baseballer Donald Lutz aus Friedberg erlebt die Corona-Krise in Australien. © pv

 »In unserer Appartement-Anlage wohnen auch viele ältere Menschen und Risikopatienten. Ich habe mir deshalb in unmittelbarer Nachbarschaft ein Hotelzimmer genommen - und das habe ich zwei Wochen lang nicht verlassen«, sagt er und lacht. Seine Frau Larissa habe ihm Essen und Getränke vor die Hoteltür gestellt, er selbst habe viel Zeit vor der Playstation verbracht oder versucht, - so gut das eben möglich war - mit Fitnessübungen in Bewegung zu bleiben. Australien habe das öffentliche Leben sehr streng reglementiert, drohe bei Verstößen mit hohen Geldstrafen, teils im fünfstelligen Bereich. Lutz hatte die Möglichkeit, sich im Internet über mögliche Infizierte auf seinem Flug zu informieren - und er hatte Glück. »Auf dem Flug vorher und nachher waren Passagiere, die sich mit dem Virus infiziert hatten. Auf meinem Flug waren alle Menschen gesund.« In Brisbane, wo die Saison beendet ist, sollte Lutz seit vergangener Woche eine Baseball-Akademie managen. »Doch das wird dauern«, vermutet der Wetterauer, der ohnehin seinen Lebensmittelpunkt von den Vereinigten Staaten nach Down Under verlegen will. Die entsprechenden Anträge sind bereits gestellt.

Tomas Schmid (EC Bad Nauheim/zu Hause in Tschechien): Anfang April ging’s heim, nach Tschechien - und für 14 Tage in die Quarantäne. »Ich bin sehr froh, dass dies vorbei«, sagt der künftige Verteidiger des Eishockey-Zweitligisten EC Bad Nauheim, der als »in Freiheit« gleich mal auf’s Fahrrad gesetzt hat, »um sich endlich wieder so richtig bewegen zu können.«

Viel Zeit für Haus und Garten: Tomas Schmidt, Neuzugang beim Eishockey-Zweitligisten EC Bad Nauheim, musste in seiner Heimat Tschechien in Quarantäne.
Viel Zeit für Haus und Garten: Tomas Schmidt, Neuzugang beim Eishockey-Zweitligisten EC Bad Nauheim, musste in seiner Heimat Tschechien in Quarantäne. © pv

 Für Einkäufe mussten Schmidts Nachbarn und Familie um Hilfe bitten, einiges hatte sie noch aus Bayreuth, ihrem letzten Wohnort, mit über die Grenze genommen. In Tschechien seien die Einschränkungen mit Deutschland vergleichbar. In die Öffentlichkeit geht’s mit Mundschutz, Sport sei nur Profis gestattet, Freunde treffen ist in diesen Tagen nicht möglich, von den Großeltern wird noch immer Abstand gehalten. Tomas Schmidt konnte der Quarantäne aber auch Positives abgewinnen. Rund ums Eigenheim gibt’s reichlich zu tun. »Wir konnten vieles erledigen, im und um das Haus. Das ist zeitaufwändig und wird gerne verschoben. Aber jetzt blieb uns ja fast nichts anders übrig.«

Tim Stärz (Schwalheim/spielt College-Fußball i n den Vereinigten Staaten): Tim Stärz ist in den Vereinigten Staaten geblieben. In Kalifornien, rund 30 Kilometer südlich von San Francisco, finanziert der 23-Jährige sein Studium »International Management« über ein Fußball-Stipendium. Im Mai stehen die abschließenden Prüfungen an. Einen künftigen Arbeitgeber hat der Schwalheimer ebenfalls schon gefunden. Viele Teamkollegen seien unmittelbar mit Ausbruch der Pandemie noch in ihre Heimatländer geflogen, erzählt er. Er selbst blieb. »Zum einen hätte ich nicht gewusst, ob und wie ich wieder ins Land komme, sollte die Fußball-Saison starten, zum anderen will ich jetzt meinen Abschluss machen«, sagt Stärz. Die Saison ist inzwischen abgesagt. Stärz, der einst das Sportinternat in Magdeburg besucht und im U19-Regionalliga-Kader des dortigen 1. FC gestanden hatte, spielt für die zweite Mannschaft der Oakland Roots, eines Profiklubs der NISA, vergleichbar mit der dritten Liga in Deutschland. Er lebt im Studentenwohnheim, einen Steinwurf von der Uni entfernt. Vorlesungen werden online angeboten. »Vom Aufwand her ist’s nicht anders als vorher. Ich sitze eben nicht im Hörsaal, sondern im Wohnzimmer«, sagt der Offensiv-Kicker. Rund 20 Minuten sind’s zum Strand, da darf er allerdings nicht hin. Bewegen darf sich Stärz nur ein einem Radius von fünf Meilen. Auf den Straßen in der Umgebung erkenne er »Ängstlichkeit und Sorglosigkeit gleichermaßen«. In der Öffentlichkeit herrsche seit der letzten Woche Maskenpflicht. Was ihn ärgert: »Zum einen, dass wir nicht trainieren und spielen können, zum anderen, bei diesem Wetter nicht an den Strand zu können, derzeit nicht jobben zu können und eben die Sorglosigkeit, mit der manche Menschen mit der Situation umgehen.«

Auch interessant

Kommentare