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Eintracht Frankfurt: Eine andere Spielweise ist alternativlos

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Von: Thomas Kilchenstein

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Wieder gesund und gegen Arsenal dabei: Filip Kostic, der Frankfurter Unterschiedsspieler.
Wieder gesund und gegen Arsenal dabei: Filip Kostic, der Frankfurter Unterschiedsspieler. © picture alliance/dpa

Eintracht Frankfurt muss ohne Pressingmaschinen ihre Spielweise ändern - die Akteure dazu hat sie.

Am Ende der lockeren, eher regenerativ angelegten Trainingseinheit am Montag hat Filip Kostic noch ein paar Extrarunden drehen müssen, die Kollegen von Eintracht Frankfurt waren da längst schon auf dem Weg unter die Brause. Drehen müssen? Zuvor hatte der Serbe beim fröhlichen Fußballtennis - einer Art Ball über die Schnur - eine aufreizend desinteressierte Haltung an den Tag gelegt, die so auffällig war, dass Co-Trainer Christian Peintinger energisch werden musste. „Schenkt ihr ab?“, fragte er das Dreierteam um Kostic, Dejan Joveljic und Marijan Cavar, die am Schluss des Spaßturniers erwartungsgemäß Letzter geworden waren. Musste Kostic deshalb mehr laufen?

Filip Kostic steht der Eintracht wieder zur Verfügung

Sicherlich nicht. Aber der linke Flügelmann hatte krankheitshalber ja die Partie in Augsburg verpasst, sollte somit ein paar moderate Laufeinheiten nachholen. Immerhin steht Filip Kostic der Eintracht wieder zur Verfügung, das war die gute Nachricht vom Montag. Ohne ihn, das hat spätestens die mit 1:2 verlorene Begegnung am Samstag bei den bayrischen Schwaben schmerzlich gezeigt, geht nicht viel bei den Hessen.

Timothy Chandler ist dann gefragt worden, ob er froh sei, dass Filip Kostic wieder einsatzfähig sei. Das war ein bisschen gemein, weil Chandler am Samstag die verwaiste Position des serbische Nationalspielers eingenommen hatte, nicht besonders gut spielte - und den 26-Jährigen in keiner Weise auch nur halbwegs ersetzen können. Tapfer sagte also der Frankfurter Bub: Filip sei „sehr wichtig für uns“.

Filip Kostic, dessen Vertrag bei der Eintracht bis 2023 datiert ist, ist mittlerweile der entscheidende, der wertvollste Spieler im Frankfurter Ensemble, ist der, der den Unterschied ausmacht. Ohne ihn fehlt „uns Wucht und Schnelligkeit“ auf dem Flügel, hat Trainer Adi Hütter schon ausgemacht. Er ist - nach dem Abgang der drei Stürmer - einer der wenigen, der durch sein aggressives Anlaufen noch ordentlich Druck auf die gegnerische Abwehrreihe ausübt. Von seinen Flankenläufen, seinen Soli, seinen Dribblings und den zahllosen Flanken, die er in den Strafraum schleudert, mal ganz zu schweigen. Ohnehin ist ja eine der Frankfurter Stärken das Spiel über die Außen, Danny da Costa rechts, Kostic über links. Wenn das nicht funktioniert wie zuletzt - sei es, dass der eine fehlt oder der andere nicht mehr so häufig durchkommt -, mangelt es den Hessen massiv an Durchschlagskraft, dann stimmt die ganze Statik im Spiel nicht mehr.

Die SGE muss Spielweise ändern

Eintracht Frankfurt, Adi Hütter weiß das, muss künftig anders spielen als in der vergangenen Saison. Die Zeit der „Pressingmaschinen“ Ante Rebic, Luka Jovic, Sebastien Haller, auch Mijat Gacinovic (verletzt) ist vorbei. Das Konzept, über ein ständig hohes Attackieren zum Erfolg zu kommen, war wie maßgeschneidert für diese Akteure. Inzwischen aber hat die Eintracht diese Spieler nicht mehr, sie hat andere, mit anderen Fähigkeiten. Entsprechend muss das System verändert werden. „Wir sind fußballerisch weiter“, lobte Eintracht-Vorstand Fredi Bobic kürzlich, „wir sind feiner als im letzten Jahr“: Er meint damit, dass Profis wie etwa Djibril Sow (obwohl er das bislang noch nicht gezeigt hat), André Silva, Sebastian Rode, Goncalo Paciencia oder Daichi Kamada einen gepflegteren Fußball zu spielen in der Lage sind. Diese Stärken müssen die Frankfurter künftig vermehrt in die Waagschale werfen.

Das Spiel der Eintracht in Augsburg in der Podcast-Analyse des Rasenfunks

Bislang ist das nur in Maßen gelungen. Bislang stimmt die Balance noch nicht. Hütter will ja weiterhin couragierten Offensivfußball spielen lassen, mit offenem Visier, aber nicht halsbrecherisch verwegen. In Augsburg schafften es die Frankfurter trotz permanenter und haushoher Feldüberlegenheit nicht, ausreichend Tormöglichkeiten zu kreieren. Das Frankfurter Spiel nach vorne läuft noch unrund. Es fehlt die Wucht, die Power, die letzte Konsequenz - etwa so wie das Bas Dost bei seinem Debüt gegen Fortuna Düsseldorf gezeigt hat.

Eintracht Frankfurt hat an Dynamik verloren

Klar ist aber auch: Die Hessen haben durch die Abgänge des torgefährlichen Trios „an Dynamik und Geschwindigkeit verloren“, wie Bobic öffentlich nicht zu Unrecht feststellt. „Trotzdem haben wir eine tolle Mannschaft, die uns viele Variationsmöglichkeiten lässt“. So furchtbar viele Varianten hat man freilich in den jüngsten Spielen noch nicht gesehen, weiterhin baut das Frankfurter Spiel sehr stark auf das Funktionieren der Außenbahn auf. Trainer Hütter hat jetzt zwar die Spieler beisammen, die er sich gewünscht hat, nur müssen sie besser gemeinsam harmonieren, müssen die modifizierte Spielart noch in Fleisch und Blut übergehen lassen. Das wird eine gewisse Zeit dauern.

Eine andere Spielweise ist bei Eintracht Frankfurt auch deswegen nahezu alternativlos, weil das permanente Pressen des Gegners auf Dauer nicht durchzuhalten ist. Es hat ja durchaus Gründe, warum Eintracht Frankfurt in den letzten Jahren jeweils in der zweiten Saisonhälfte die Puste ausgegangen ist. Am Ende fehlten regelmäßig die Körner, um noch zu einem Endspurt ansetzen zu können. Sowohl bei Niko Kovac, da sogar schon zu Beginn der Rückserie, als auch bei Adi Hütter hatten Frankfurter Teams zum Schluss kaum noch etwas zuzusetzen. Das lag natürlich auch an der Vielzahl der Spiele, keine Frage, aber eben auch an der kräfteraubenden Spielweise während der Saison. Eintracht Frankfurt wird sich mal wieder häuten müssen.

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