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»Wir glauben an uns«

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Von: Michael Nickolaus

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Den Puck immer im Blick: Jan Guryca stand zuletzt dreimal in sechs Tagen zwischen den Pfosten des EC Bad Nauheim.	(Foto: Chuc)
Den Puck immer im Blick: Jan Guryca stand zuletzt dreimal in sechs Tagen zwischen den Pfosten des EC Bad Nauheim. (Foto: Chuc) © A. Chuc (www.chuc.de)

In der Vorsaison hat Jan Guryca nicht ein einziges DEL 2-Hauptrundenspiel absolviert. Jetzt stand der Halbprofi dreimal in sechs Tagen zwischen den Pfosten des EC Bad Nauheim.

Eine Serie von fünf Siegen hatte den EC Bad Nauheim Anfang Februar zurück auf einen Pre-Playoff-Platz, auf Rang zehn, der Deutschen Eishockey-Liga 2 geführt. Jetzt, nach anschließenden vier Niederlagen aus den letzten fünf Spielen, droht den Roten Teufeln in der vierten Saison nach dem Wiederaufstieg aber zum dritten Mal der sportliche Existenzkampf, sprich: die Teilnahme an den Playdowns. Nach nur einem Punkt aus dem vierten Derby-Wochenende (2:3 n. P gegen Frankfurt/2:3 in Kassel) dürfte der Mannschaft von Petri Kujala wohl nur eine erneute Serie von vier Siegen aus den abschließenden vier Hauptrunden-Spielen helfen; sicher nicht auszuschließen angesichts der Partien in Crimmitschau, gegen die Lausitzer Füchse, in Bayreuth und gegen Ravensburg, aber bei zwei Punkten Rückstand und einem bereits mehr absolvierten Spiel gegenüber dem SC Riessersee auf Rang zehn ein wohl eher theoretisches Rechenspiel. »Natürlich ist die Enttäuschung groß. Aber wir kennen unserer Restprogramm und auch das der Konkurrenz. Wir glauben an uns«, sagt Jan Guryca, der Torwart.

Hinter dem 34-Jährigen lag - wie an jedem Montagmorgen - eine kurze Nacht. Seit 6 Uhr ist er auf den Beinen; ungewöhnlich für einen Zweitligaspieler. Guryca ist einer der wenigen Halbprofis in der Mannschaft der Roten Teufel. Parallel zum Sport absolviert der zweifache Familienvater aus Nieder-Mörlen eine kaufmännische Ausbildung bei Werbepartner FinanzAktiv. Der Tag ist straff getaktet. »Ja, ich bin heute schon ein bisschen platt. Aber es hat Spaß gemacht zu spielen. Und ich habe versucht, die bestmögliche Leistung zu zeigen«, sagt der Torwart, den die WZ-Sportredaktion am Morgen zwischen zwei Unterrichtsstunden in der Gießener Max-Weber-Schule erreicht.

Nase gebrochen, Zahn verloren

185 Minuten Eiszeit (drei Spiele) in sechs Tagen finden sich seinem sportlichen Lebenslauf, trotz seiner 16 Profi-Spielzeiten, nicht allzu oft. Der 34-Jährige ist eben eine klassische Nummer zwei; das war in Bremerhaven schon so und später auch in Straubing, wo er jeweils mehrere Jahre unter Vertrag gestanden hatte.

In Bad Nauheim verhinderte Guryca, der im Dezember 2013 in die Heimat zurückgekehrt war, als Nummer-eins-Keeper gegen Crimmitschau (2014) und Kaufbeuren (2015) zweimal den Abstieg und rutschte nach der Verpflichtung des Finnen Mikko Rämö ins zweite Glied; um nicht zu sagen, auf das Abstellgleis. In der Hauptrunde der Vorsaison absolvierte Sympathieträger Guryca nicht eine einzige Partie und nahm loyal und ohne zu Murren auf der Tribüne Platz als der junge Förderlizenzler Felix Bick von Kooperationspartner Düsseldorf den Vorzug erhielt. Erst als Rämö während der Playoffs verletzungsbedingt nicht spielen konnte und Bick nicht zur Verfügung gestanden hatte, musste Guryca ran. »Ich mache jetzt nichts anders als im letzten Jahr auch. Ich versuche Vollgas zu geben, mich optimal vorzubereiten und das Vertrauen zu rechtfertigen, wenn ich zum Einsatz komme. Natürlich freue ich mich, wenn ich öfter spielen kann«, sagt der Torwart. 13 Spiele bestritt er in diesem Winter bereits, hat einen Gegentorschnitt von 2,44 Treffern. Derby-Nervosität kennt er nicht. »Klar, man spürt vor und auch während dem Spiel, dass es etwas Besonderes ist. Aber in der momentanen Lage ist es egal, wer der Gegner ist. Wir brauchen ohnehin jeden Punkt«, sagt Guryca, als die Schulglocke zur nächsten Stunde ruft.

Einen Zähler hat die Mannschaft gewonnen. Tabellarisch zu wenig. Dass Bad Nauheim mit Frankfurt und Kassel zwei Schwergewichten der Liga bis zum Ende die Stirn geboten hatte - sportlich quasi wertlos. »Wer weiß, wofür der Punkt vom Freitag noch gut ist. Der Mannschaft kann man jedenfalls keinen Vorwurf machen. Sie hat alles gegeben und bis auf eben ein, zwei Kleinigkeiten nicht viel falsch gemacht. Aber das wurde sofort bestraft«, sagt Andreas Ortwein. Der Geschäftsführer widerspricht gegenüber der WZ Gerüchten, wonach Felix Bick zur nächsten Saison aus Düsseldorf nach Bad Nauheim wechsele. »Das kann ich so leider nicht bestätigen.«  

\n\t\t\t- 9. Bayreuth (47 Spiele, 69 Punkte, Tordifferenz -7): Lausitz (A), Bietigheim (H), Ravensburg (A), Bad Nauheim (H), Frankfurt (A).\n\t\t\t- 10. Riessersee (47 Spiele, 65 Punkte, Tordifferenz -14): Freiburg (H), Dresden (A), Frankfurt (A), Heilbronn (H), Crimmitschau (A).\n\t\t\t- 11. Bad Nauheim (48 Spiele, 63 Punkte, Tordifferenz -5): Crimmitschau (A), Lausitz (H), Bayreuth (A), Ravensburg (H). - Bei Punktgleichheit zählt die Tordifferenz.\n\n\t\t\t*\n\n\t\t\tDie Mannschaften auf den Positionen sieben bis zehn spielen im Best-of-three-Modus (7./10./12. März) zwei Teilnehmer am Playoff-Viertelfinale (ab 14. März im Best-of-seven-Modus) aus. Die Klubs auf den Positionen elf bis 14 spielen in zwei Playdown-Runden (Best-of-seven) einen sportlichen Absteiger aus. Die erste Runde beginnt ebenfalls am 14. März.\n\t\t\t

Am Freitag gegen Frankfurt hatten die Teufel im ersten Abschnitt ausreichend Gelegenheit, eine vielleicht wegweisende Führung herauszuschießen, am Sonntag reichte ein Verhältnis von 42:21 Torschüssen (als Gastmannschaft!) den Badestädtern nicht zum Punktgewinn.

Seit Wochen fehlen mit Andreas Pauli (14 Saisontore) und Dusan Frosch (elf Treffer) gleich beide torgefährlichen Flügelstürmer der Topreihe, was zwangsläufig an die Produktivität (in vier der letzten fünf Spiele erzielte Bad Nauheim nur zwei Treffer) und auch Substanz geht. Die erste Powerplay-Formation steht oft 90 von 120 Überzahl-Sekunden auf dem Eis; zwangsläufig fehlen am Ende Kraft und Konzentration.

Zu allem Überfluss wirbelte eine Grippewelle durch die Kabine. Daniel Ketter lief - nach einem ungeahndeten Attacke in der Schlussphase des Frankfurt-Spiels - in Kassel gar mit einer gebrochenen Nase auf. Dominik Meisinger verlor dort einen Zahn und musste sich die Lippe nähen lassen. Das Gesicht von Marcus Götz ziert ein Cut, andere quälten sich, so lange es der Körper zuließ. Eine Entscheidung auf den Kontingentpositionen hatte am Rämö seinem Trainer abgenommen. Der Torwart verspürte im Training am Samstag einen stechenden Schmerz im Rücken und muss bis Mitte der Woche pausieren. »Das Team hat sich nicht aufgegeben«, spürt Ortwein. Viel Zeit bleibt nun nicht mehr, um noch einmal auf Rang zehn vorzurücken.

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