Sylvester privat: So lebt der Topscorer des EC Bad Nauheim
Cody Sylvester ist der Topscorer des EC Bad Nauheim. Beim WZ-Hausbesuch gewährt er mit Partnerin Jenna persönliche Einblicke und erklärt, warum er einst für soziales Engagement geehrt wurde.
Frankfurter Straße, eine Drei-Zimmer-Wohnung. Vom Esstisch sieht man das Colonel-Knight-Stadion direkt gegenüber. Koffer stehen noch im Flur. Cody Sylvester und Jenna haben drei trainingsfreie Tage zum Kurz-Trip mit Freunden nach Paris genutzt. Euro-Disney, Eiffelturm, die Stadt der Liebe. Abschalten nach der Hauptrunde, Energie tanken für die Viertelfinal-Serie ab Dienstag in Kaufbeuren. »Es kann losgehen. Ich freue mich«, sagt Sylvester.
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Zusammen mit James Livingston war er im letzten Sommer vom EC Dornbirn aus der Erste Bank Liga Österreich zu den Roten Teufeln gewechselt. In der Wetterau ist der Linksschütze schnell in die von ihm erwartete Führungsrolle geschlüpft. Als Nachfolger von Nick Dineen. Mittelstürmer in der Topreihe, viel Eiszeit in Über- und Unterzahl. Am achten Spieltag hat er den Goldhelm des Topscorers übernommen und nicht mehr abgegeben. »Cody reagiert intuitiv.
Lautstark und guter Schütze
Er kann das Spiel sehr gut lesen, ist laufstark und hat einen guten Schuss«, sagt Petri Kujala, sein Trainer. Sylvester trifft das Tor wie kein anderer in Bad Nauheim. In 24 der 52 Partien war der 25-Jährige unter den Torschützen zu finden. Was ihn wurmt: die Plus-/Minus-Bilanz von minus 12. »Ja, keine Frage. Da sollte ein Plus stehen. Petri sieht mich aber gern etwas offensiver.«
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Als Dreijähriger stand Cody Sylvester erstmals auf dem Eis, seinem älteren Bruder Dustin (aktuell in Dornbirn unter Vertrag) nacheifernd. »Ich wollte schon immer Profi werden und habe - wie wohl jedes Kind auf Schlittschuhen - von der NHL geträumt«, sagt der 1,80 Meter große und 87 Kilogramm schwere Stürmer. Ein Studium nach der Schulzeit sei deshalb auch keine Alternative gewesen (»Das kann ich nach der Karriere machen«). Er habe voll auf die Karte Profisport gesetzt, ist den direkten Weg gegangen, den, der die beste Perspektive bot. »Ich lebe meinen Traum«, sagt er.
Nach 17 Einsätzen in der American Hockey League (zweitklassig) und 78 Spielen in der East Coast Hockey League (drittklassig) führte der Weg 2015 nach Iserlohn und eineinhalb Jahre später nach Dornbirn. Er wolle zurück in die DEL, hat er ein Ziel. Die DEL2 stehe von der Qualität etwas unter der EBEL, der Wechsel sei aber kein Rückschritt gewesen, sondern eine gute Option, sich in Deutschland wieder in den Focus zu rücken.
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Seine Freundin Jenna, eine US-Amerikanerin aus dem Bundesstaat Georgia, wo beide auch den Großteil des Sommers verbringen, ist seit fast drei Jahren an seiner Seite; ebenso Hendrik, der verspielte Vierbeiner. Bad Nauheim sei eine wunderschöne Stadt, betonen beide, ohne, dass es aufgesetzt wirkt. Mit Hund (»unser Kind«) sei in Deutschland ebenso vieles einfacher als in Nordamerika; gerade ein Restaurant-Besuch oder ein Einkaufsbummel. »Hier können wir ihn überall mitnehmen«, sagt Sylvester. Die Nähe zu Frankfurt biete zudem andere Shopping-Möglichkeiten als Dornbirn, wie Jenna augenzwinkernd ergänzt.
Länder, Menschen und Kulturen kennenlernen
Die gelernte Krankenschwester lebt in Bad Nauheim das klassische Leben einer Spielerfrau; mit allen Vor- und Nachteilen. »Natürlich wäre zu Hause manches einfacher. Ich habe mein Leben dort aufgegeben und bin einmal um die halbe Welt gereist, um bei Cody zu sein. In Dornbirn gab’s mehr Nordamerikaner im Kader, die ihre Frauen dabei hatten; mein Schwager war außerdem unser Nachbar. Das hat’s manchmal leichter gemacht, allein schon von der Sprache. Hier dreht sich das Leben eben komplett um Cody und den Trainingsalltag«, sagt Jenna, die aber auch die Vorzüge zu schätzen weiß. »Viele Nordamerikaner kommen vielleicht einmal im Leben für drei Wochen nach Europa. Wir haben hier hingegen immer wieder die Möglichkeit, Länder, Menschen und Kulturen kennenzulernen.«
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Sie sei sehr gerne hier, und natürlich sei es auch ein kleines Abenteuer, sich aus der eigenen Komfortzone heraus zu bewegen, und ein fremdes Land und eine andere Sprache kennenzulernen. In der tschechischen Hauptstadt Prag waren beide im November, Tagestrips führen gerne mal nach Heidelberg. Als »sehr zielstrebig« und einen »sehr entspannten Charakter« beschreibt Jenna ihren Lebensgefährten. Beide lachen sehr viel beim WZ-Besuch, wirken noch immer frisch verliebt.
Wickenheiser-Trophy
"Chance to play"
Cody Sylvester wurde 2013, damals war er Kapitän der Calgary Hitmen in der Western Hockey League (WHL) mit der Doug-Wickenheiser-Memorial-Trophy ausgezeichnet. Die Trophäe wird von der WHL jährlich an denjenigen Spieler verliehen wird, der sich durch soziales oder gesellschaftliches Engagement hervorgetan hat. Sylvester hatte eine Charity-Aktion ins Leben gerufen. »Ich hatte fünf wundervolle Jahre in Calgary und wollte einfach etwas zurückgeben, mich auf diese bedanken«, sagt er. T-Shirts mit dem Aufdruck »Chance to play« wurden verkauft, um mit dem Erlös (rund 20 000 Dollar waren zusammengekommen) Kindern, deren Eltern sich die teure Ausrüstung nicht leisten konnten, den Eishockeysport zu ermöglichen.
Die Deutsch-Kenntnisse verbessern beide beim gemeinsamen Kochen. Das Unternehmen »Hello Fresh« liefert in sogenannten Kochboxen die Zutaten. Die Rezepte sind deutschsprachig. »Das ist manchmal nicht leicht, dafür lustig«, schmunzelt Cody Sylvester. Er liebt »Schnitzel«, Jenna vermisst am meisten die mexikanische Küche, »die es bei uns zuhause an jeder Straßenecke gibt.« Ein- bis zweimal die Woche trifft man das Paar auch in den Kurstadt-Restaurants; meistens im Pfälzer Hof.
»Das Viertelfinal ist nur der erste Schritt. In einer Serie über sieben Spiele sollte es uns gelingen, uns in eine gute Position zu bringen«, sagt Sylvester selbstbewusst.