Einst Stürmer, jetzt Co-Trainer: Wie Adam Mitchell die Umstellung erlebte

Adam Mitchell hatte im vergangenen Sommer die Perspektive gewechselt. Als Zweitliga-Meister beendete der inzwischen 40-Jährige seine aktive Laufbahn und ist seitdem beim EC Bad Nauheim als Assistenztrainer tätig. Ein Gespräch über persönliche Umstellungen, taktische Veränderungen und über die gestiegene Attraktivität der Roten Teufel.
Adam Mitchell, für Sie ist es die erste Saison als Co-Trainer. Wie ist Ihnen die Umstellung vom Spieler zum Trainer gelungen?
Es war die richtige Entscheidung, nach der letzten Saison aufzuhören. Ich vermisse immer noch die Tage, an denen man ins Stadion kommt, trainiert und wieder nach Hause geht. Als Trainer ist es etwas anderes. Wir sind früh hier und bleiben auch länger. Aber es macht auch viel Spaß - und ich bin sehr froh, dass ich dem Eishockey noch verbunden bin. Wie alles gelaufen ist von letzter Saison bis jetzt, das ist traumhaft für mich. Das ist perfekt.
Warum war es die richtige Entscheidung? In der letzten Saison waren Sie noch der drittbeste Scorer der DEL2-Playoffs. Sie hatten bestimmt noch gute Angebote . . .
Das ist eine gute Frage. Ich weiß nicht, wie ich es gespürt habe. Aber ich habe die Entscheidung den letzten acht, neun Monaten nie bereut. Körperlich bin ich noch fit, aber ich habe zwei schlechte Schultern und die Knie schmerzen manchmal. Es war einfach genug. Außerdem hatte ich keine Lust mehr auf ein komplettes, hartes Sommertraining.
Viele andere DEL2-Trainer loben Cheftrainer Harry Lange. Gibt es etwas, was Sie an der Arbeit von Harry Lange beeindruckt?
Harry weiß, wie modernes Eishockey gespielt werden sollte. Und er hat ein brutales Auge für Talent. Die Mischung macht es eben aus. Ich habe nie für einen Trainer gespielt, der so eng mit den Spielern verbunden ist. Er hat einen guten Kontakt zu den Spielern und ist jeden Tag in deren Kabine. Die Spieler sind auch gerne mit ihm zusammen. Das ist eine ›Fine Line‹, weil man auch Fehler ansprechen und korrigieren muss. Es ist extrem gut, wie er das macht.
Vertreten Sie auch seine technischen und taktischen Ansichten? Zuletzt sagte Lange beispielsweise, dass die die klassischen »Stay-at-home-Verteidiger« aussterben werden. Außerdem will er aggressives Eishockey und viel Scheibenbesitz in der offensiven Zone.
Definitiv! Das Spiel wird immer schneller - und wenn Du die Scheibe hast, dann kann auch nur Deine Mannschaft ein Tor schießen. Wir wollen mit dem Puck spielen. Bemerkenswert ist auch, wie viele Stürmer er umfunktioniert hat. Die spielen jetzt richtig gutes Eishockey. Mick Köhler, Huba Sekesi und auch Philipp Wachter waren früher Stürmer. Dafür hat er ein gutes Auge.
Bad Nauheim hat nicht die beste Infrastruktur, also ist manchmal Überzeugungsarbeit notwendig, um Spieler zu akquirieren. Wie stark sind Sie - als langjähriger DEL-Spieler mit guten Kontakten - bei diesen Prozessen eingespannt?
Bei ein paar Spielern habe ich mitgesprochen. Bad Nauheim wird langsam wieder zum interessanten Standort für Eishockey. Die Spieler reden auch miteinander. Die wissen, was hier los ist, wie viel Spaß wir unter der Woche haben und dass wir gutes Eishockey spielen. Natürlich ist das Stadion nicht optimal. Aber die Stadt ist schön, und den Profis gefällt es hier. Das geht nach und nach durch die ganze Liga. Viele Spieler wollen hierher kommen.
Hat die Entwicklung auch im Beraterbereich einen Effekt? Wird Bad Nauheim den Spielern vielleicht eher empfohlen als noch vor fünf Jahren?
Das könnte absolut sein. Die Agenten wissen auch, dass wir gutes Eishockey spielen und Spieler weiterentwickeln wollen.
Gibt es einen Spieler in Bad Nauheim, von dessen Entwicklung Sie besonders begeistert sind?
Jeder hat gesehen, dass Fabian Herrmann einen großen Schritt gemacht hat. Er hat aber auch noch viele große Schritte zu machen. Er hat hier die Chance bekommen und sie genutzt. Wenn die jungen Spieler liefern, dann bekommen sie die Eiszeit. Pascal Steck hat sich auch gut gemacht. Nächste Saison wird auch er mehr Verantwortung bekommen. Das sind zwei richtig gute Beispiele.
Sie haben in Großstädten wie Frankfurt und Hamburg gespielt, aber auch in Landsberg und Straubing. Wie gefällt Ihnen Bad Nauheim?
Ich bin in einem kleinen kanadischen Dorf aufgewachsen. Auch in Hamburg habe ich außerhalb gewohnt, lediglich in Hannover lebte ich in der Stadt. Normalerweise wohnen wir außerhalb, das ist für uns angenehmer.
Letztes Jahr wurden Sie mit Frankfurt und Trainer Bo Subr souverän Meister, dieses Jahr hat er mit Kassel dominiert. Was zeichnet ihn aus?
Er ist taktisch richtig gut drauf. Das muss man auch sein, um so erfolgreich zu sein. Sein Umgang mit allen Spielern ist einfach top. Egal ob erste oder vierte Reihe, egal ob Top- oder Rollenspieler. Er holt aus allen das Beste raus. Das hat er überall bewiesen. In Kassel, in Frankfurt, in Tilburg. Ich freue mich für ihn, denn er ist ein sehr netter Kerl.
Der Huskies-Kader ähnelt dem Frankfurter Meisterkader aus dem Vorjahr, oder? Sind viele Zwei-Wege-Stürmer das Erfolgsrezept in der DEL2 - und für Bo Subr?
Für jede Mannschaft ist heutzutage wichtig, dass man mit vier Reihen durchspielen kann. Die Saison ist lang. Ich freue mich auch für meine letztjährigen Teamkollegen, die jetzt in Kassel spielen. Aber in den Playoffs müssen die Topspieler auch die Topspieler sein. Die haben sie auch, aber wir werden sehen, was in den nächsten Wochen passiert.
In Bad Nauheim läuft es besser, seit man Kontingentspieler verpflichtet, die auch defensiv gut arbeiten. Welchen Effekt hat das auf ein Team?
Es hilft der ganzen Mannschaft. Wenn die jungen Spieler sehen, dass auch ein Taylor Vause hart nach hinten arbeitet, dann gibt es keine Ausreden. Ein Spieler wie Taylor macht unseren Job einfach. Wir müssen die Jungs nie pushen, damit sie hart arbeiten. Es ist Wahnsinn, was unsere Leistungsträger wie Taylor, Kevin Schmidt, Tim Coffman und Jordan Hickmott im Training machen.
Ein kleiner Ausblick: Bietigheim steigt ab, Augsburg wahrscheinlich auch, zudem gibt es 2023/24 zwei Absteiger in der DEL2. Wird die nächste Saison noch einmal deutlich härter?
Wir haben schon darüber gesprochen, dass die Liga besser wird. Wenn dann noch zwei DEL-Mannschaften runterkommen und ein ambitioniertes Oberliga-Team, das brutal viel investiert, aufsteigt. Es wird immer enger, immer schwerer. Deswegen müssen wir unsere Mannschaft nach und nach ausbilden. Ich freue mich auf nächstes Jahr. Aber noch mehr freue ich mich auf das Halbfinale dieser Saison.