Daumendrücken für Frankfurt

Lässt Maxi Kammerer beim EC Bad Nauheim den Knoten im Abschluss platzen? Der Torjäger der Düsseldorfer EG könnte am Wochenende für die Roten Teufel auflaufen.
Der Blick führt nach Frankfurt. Von dort, ausgerechnet von den Löwen, könnte die nun so zwingend notwendige Schützenhilfe vielleicht kommen. Riessersee (heute) und Bayreuth (am Sonntag), die unmittelbaren Mitkonkurrenten des EC Bad Nauheim im Kampf um Pre-Playoff-Rang zehn in der Deutschen Eishockey-Liga 2, sind in der Eissporthalle am Ratsweg zu Gast. In der Wetterau werden ausgerechnet dem Derby-Rivalen die Daumen gedrückt. Zwei Zähler trennen die Roten Teufel (zuletzt 5:3-Sieg in Crimmitschau und eine 0:2-Niederlage gegen die Lausitz) vor dem Hauptrundenabschluss vom sicheren Klassenerhalt. »Ja, natürlich war die Enttäuschung am Sonntagabend groß. Natürlich waren wir niedergeschlagen. Das müssen wir abschütteln und die Ergebnisse am Dienstag abwarten«, sagt Andreas Ortwein, der Geschäftsführer des EC Bad Nauheim, der heute in der Zuschauerrolle die Spiele der Konkurrenz verfolgen muss. »Vielleicht haben wir am Wochenende noch zwei echte Endspiele. Die Liga ist so verrückt. Da ist alles möglich.« Was soll er auch anderes sagen? Die Badestädter greifen nach dem letzten Strohhalm. Am Freitag ist die Mannschaft von Petri Kujala in Bayreuth zu Gast, am Sonntag kommt Ravensburg.
In Bad Nauheim endeten am Sonntag, im Spiel gegen die Füchse aus Weißwasser, gerade die ersten 20 Minuten, als sich die Meldung aus Dresden herumgesprochen hatte. Dort hatte der SC Riessersse binnen zwei Minuten im Schlussabschnitt einen Rückstand gedreht und hatte die Roten Teufel unter Zugzwang gebracht. Das Resultat ist bekannt: Die Hessen wurden für den hohen, aber in der Konsequenz völlig unproduktiven Aufwand nicht belohnt, blieben tor- und punktlos und mussten Rang zehn wieder abgeben. Wie gelähmt wirkten Spieler vor dem Tor und Zuschauer in ihrer Unterstützung. Der EC Bad Nauheim hat nach drei Niederlagen aus den letzten vier Spielen sein sportliches Schicksal mit Blick auf die Pre-Playoffs nicht mehr in den eigenen Händen, die gezittert haben, als der Puck vor dem leeren Tor partout nicht über die Linie gebracht werden konnte. In nur einem der letzten fünf Spiele haben die Roten Teufel mehr als zwei Tore erzielen können. Drei der letzten neun Treffer wurden im Powerplay erzielt, was eine Abhängigkeit vom Überzahlspiel deutlich macht. Dazu gesellen sich ein Unterzahl-Treffer und ein Empty-Net-Goal - im Spiel Fünf-gegen-Fünf fehlt schlicht die Effizienz.
Künftig mehr Ü23-Spieler
Abhilfe könnte - das ist zumindest die Theorie - nun aus Düsseldorf kommen. Für den Kooperationspartner aus der DEL ist die Saison auf Platz elf beendet. Und mit Maximilian Kammerer haben die Rheinländer einen Spieler in ihren Reihen, der als Förderlizenzler zumindest in der Hauptrunde auch für Bad Nauheim spielberechtigt ist. Zwölf Spiele hatte der 20-Jährige in der Vorsaison für die Roten Teufel bestritten (vier Tore, vier Vorlagen). Jetzt hat die U-Nationalspieler in Düsseldorf für Furore gesorgt. 15 Treffer erzielte er in 51 Spielen, konnte weitere elf Tore vorbereiten. Damit ist Kammerer bester Torschütze der DEG und teamintern drittbester Scorer »Das ist sicher ein Thema, dass wir im Hinterkopf haben und über das wir mit der DEG sprechen werden«, sagt Ortwein auf WZ-Nachfrage. Allerdings: Schon zum Ende der Vorsaison war Kammerer, der in Bad Nauheim nicht die erhofften Eiszeiten erhalten hatte, in Bad Tölz, in der Oberliga, zum Einsatz gekommen. Dort ist sein Vater Axel, ein Ex-Nationalspieler, Trainer. Die Tölzer Löwen führen aktuell die Süd-Staffel mit fünf Punkten Vorsprung an.
Mit Blick auf die kommende Saison haben die Gesellschafter während einer siebenstündigen Tagung in Ingolstadt die Weichen gestellt. Die wichtigste Veränderung: In der Spielzeit 2017/18 dürfen 17 statt bislang 14 Ü23-Spieler (inklusive Kontingentspieler) eingesetzt werden. Dass dabei rechnerisch weniger jüngere Spieler aus zum Einsatz kommen könnten, wird nicht als Hindernis für die Nachwuchs-Förderung angesehen. »Letztlich müssen wir feststellen, dass unsere Pflichtvorgaben gut gemeint waren, allerdings bezogen auf die letzten Jahre nicht den gewünschten Erfolg erbracht haben. Gute, talentierte Nachwuchsspieler setzen sich auch im Wettbewerb mit älteren deutschen Spielern durch. Ohne die nötige Philosophie an den Standorten, jungen Leuten eine Chance zu geben, hilft auch eine Vorgabe von oben nichts, weil die eingesetzten jungen Spieler oftmals nicht die Rolle bekommen, die sie für die Entwicklung brauchen«, sagt DEL 2-Geschäftsführer Rene Rudorisch. Härtefälle hatte es in der Vergangenheit insbesondere in Freiburg, Riessersee oder Rosenheim gegeben, wo man ältere Eigengewächse hatte ziehen lassen, um die formalen Voraussetzungen der U-Regelung zu erfüllen. Aus dem aktuellen Kader des EC Bad Nauheim fallen Jonas Gerstung, Andreas Pauli und Dominik Meisinger (allesamt Jahrgang 1993) in der kommenden Saison nicht mehr unter das U-Kontingent.
»Für uns wird sich nichts Grundsätzliches ändern. Sicherlich macht es bei einigen Spielern am Übergangen vom U- in den Ü-Bereich die Entscheidung leichter, mit diesen zu verlängern«, sagt Ortwein. Man werde auch in Zukunft mit jungen Spielern arbeiten und an der Philosophie nichts ändern. »Und ich kann mir nicht vorstellen, das wir unser Ü-Kontingent ausreizen werden.« Schon in dieser Saison war eine Ü-Stelle erst nachträglich (Steve Slaton) besetzt worden.
Beschlossen wurde zudem eine Spielleitung im Vier-Mann-System. Hier folgen die DEL 2-Klubs den internationalen Standards. Die Konsequenzen für die Roten Teufel: eine Erhöhung der Schiedsrichterkosten um rund 8000 Euro.