Erwartungsvoll nach Bulgarien ins junge Glück
Frankfurt. Jeden Tag um 14 Uhr beginnt am Südausgang des Hauptbahnhofs ein Überland-Abenteuer.
Frankfurt. Jeden Tag um 14 Uhr beginnt am Südausgang des Hauptbahnhofs ein Überland-Abenteuer. »Ich fahre nach Sofia, zum ersten Mal in meinem Leben«, sagt der 22-jährige Marokkaner Mohammed Himri, als er den dreiachsigen Fernbus Richtung Bulgarien besteigt. Der Fahrplan gebe ihm täglich die Gelegenheit, denn der Verkehr auf der Strecke von Frankfurt über Sofia bis nach Varna an der Schwarzmeerküste ruht nicht einmal am Wochenende. Der Bus ist billiger als der Zug. Vor allem Reisende aus Osteuropa wissen das.
Touring, in Deutschland nach eigenen Angaben Marktführer für Busfernreisen, bedient von Frankfurt aus auch Russland, die Ukraine, Finnland oder Kasachstan. »Unser Westeuropanetz wiederum nutzen vor allem Low-Budget-Urlauber«, erzählt Vertriebsleiter Frank Bodlak. Die äußeren Fixpunkte des Netzes heißen hier Oslo, Palermo, Lissabon und Glasgow. Das Billett für die Nachtfahrt nach Mailand ist ab 60 Euro zu haben. Für das Hin- und Rückfahrticket nach Sofia hat Mohammed, der in Friedberg studiert, 160 Euro bezahlt.
»Und vielleicht will ich bald öfter mal nach Sofia«, atmet er tief durch. Dort wartet Gurka auf ihn, die junge Bulgarin hat Mohammed im Internet kennengelernt. »Ich glaube, ich bin jetzt schon verliebt«, sagt er, und einige Mitreisende lächeln ihm zu. Besonders die weiblichen Passagiere nehmen Anteil an dem jungen Glück. Für die nächsten 30 Stunden dürfte Mohammeds Versorgung mit Eiern, Fladenbrot und jeder Menge Tipps zur Eroberung einer bulgarischen Braut gesichert sein.
Bis zum ersten Stopp um 15 Uhr in Mannheim sind nur zehn Passagiere an Bord, aber die beiden bulgarischen Busfahrer haben sich in Frankfurt viel Zeit genommen, den Gepäckraum fachgerecht zu bestücken. Der Kühlschrank, der in Mannheim an Bord kommen soll, wird Platz finden, und für München stehen zwei TV-Geräte auf der Gepäckliste. Die drei großen Plastiktüten im Gepäckraum gehören einer alten Dame, die kein Deutsch spricht und noch in Frankfurt im warmen Bus einschläft.
Der junge Stilian aus Varna will erst auf dem langen Balkantrip die Augen schließen und ordert bei Fahrer Georgi ein Bier. Per Billigflug von Frankfurt aus hat Stilian seinen Bruder und dessen »Fashion Shop« in London besucht. Auch Stilian will demnächst »Fashion« an Touristen verkaufen. Mehr als zwei Dosenbiere wird er bei Georgi aber kaum loseisen. Denn der hat schlichtweg keine Lust, volltrunkene Passagiere umherzufahren. Deshalb rationiert Georgi das Bier.
Georgi nennt seine bulgarische Chefin »Mama«, verdient rund 700 Euro brutto pro Monat und fragt bei der Rückkehr auf den Beifahrersitz, welches Geschenk Mohammed für Gurka hat. Aber Mohammed kann kein Bulgarisch. Zumindest nicht bis Mannheim. Da hat er dank seiner Sitznachbarn bereits die erste einstündige Sprachlektion hinter sich.
Stefan Höhle, ddp
Fernbusse in Deutschland - Bahn hat gesetzliches Privileg
Frankfurt (ddp-hes). Innerdeutsche Fernbuslinien, meist mitbetrieben von der Bahn AG, existieren nur von und nach Berlin und wurden noch vor der Wiedervereinigung konzessioniert. Im überregionalen Kraftverkehr hat die Bahn ein gesetzliches Privileg. Einzige Ausnahme ist die von Touring angebotene Nachtverbindung zwischen Hamburg und Frankfurt, da die Bahn die Strecke nachts nicht mit einem ICE bedient.
Im Oktober entschied der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel in zweiter Instanz, dass Touring die vom Darmstädter Regierungspräsidium genehmigte Linie Frankfurt-Köln-Dortmund betreiben darf und wies damit eine Klage der Bahn AG ab. Zurzeit prüft die Bahn, gegen die Nichtzulassung der Revision zu klagen. Bleibt das erfolglos, will Touring die Linie einrichten.