»Attac«-Frankfurt wird zehn Jahre alt
Frankfurt (aho). Das orangene »Attac«-Banner hängt am Donnerstagmorgen neben dem regenbogenfarbenen »Peace«-Transparent. Zehn Jahre gibt es die Initiative bereits als Nachwirkung des Weltwirtschaftsgipfels 1999 in Seattle.
»Es war eine Aufbruchstimmung zu spüren«, erinnert sich Roland Süß vom »Attac«-Koordinierungskreis, der am 22. Januar 2000 dabei war, als sich 50 Personen im Bürgerhaus Bockenheim zusammenfanden, um das »Netzwerk zur demokratischen Kontrolle der Finanzmärkte« zu gründen.
Erst während des dritten Treffens des Netzwerkes in Frankfurt, hatte man den französischen Namen von »Attac« (»Association pour la Taxation des Transactions financières pour l’Aide aux Citoyens« (Vereinigung für die Besteuerung von Finanzstransaktionen zum wohl der Bürgerinnen und Bürger) übernommen. Im Dezember 2002 eröffnete das Bundesbüro in Frankfurt. Bei der damaligen Gründung hätten wohl die wenigsten der Anwesenden damit gerechnet, dass es »Attac« zehn Jahre später noch geben werde, erklärt Pressesprecherin Frauke Distelrath. »Wir hatten damals das Gefühl, dass endlich die ökologische Neuordnung der Welt anfängt«, erinnert sich Süß. Eine immer größer werdende Öffentlichkeit habe sich gefragt, was denn die Welthandelsorganisation sei. »Und wir konnten Diskussionen, die bis dahin hinter verschlossenen Türen stattfanden, einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen.
« Das sieht Süß auch heute noch als eine Aufgabe von »Attac«: Dem »berühmten Menschen auf der Straße« die Zusammenhänge und das wirtschaftliche Spezialwissen zugänglich zu machen. Hierfür sorgen rund 22 430 Mitglieder in 200 Ortsgruppen.
Einen richtigen Schub habe die Bewegung nach dem Weltwirtschaftsgipfel in Genua enthalten. Damals habe sich, auch durch das zunehmende Medieninteresse an spektakulären Aktionen, die Mitgliederzahl von »Attac« gesteigert. »Da gab es eine Wechselwirkung«, bemerkt Distelrath.
»In diesen zehn Jahren ist es ›Attac‹ gelungen, als starker Teil der globalisierungskritischen Bewegung, den neoliberalen Mainstream im öffentlichen Diskurs aufzubrechen und zu verändern«, erklärt Distelrath. So hätten mittlerweile politische Parteien Argumente übernommen. Süß ergänzt: »Wir müssen immer darauf achten, dass es nicht bei der Rhetorik bleibt, sondern dass Versprechen - auch nachdem ein Thema weniger Beachtung findet - weiter verfolgt und umgesetzt werden.« So auch in der Finanzkrise, die gezeigt habe, dass »Attac« Recht gehabt habe.
»Freie Märkte bilden Blasen«
»Wir konnten nicht auf den Tag genau sagen, wann die Finanzblase platzen würde«, so Süß. Aber von der Tendenz her sei sie absehbar gewesen. »Freie Märkte bilden Blasen«, ist Süß überzeugt. Auch in Fragen der Steueroasen oder des »PPP« (»Private Public Partnership«) - also in der Privatisierung staatlicher Institutionen - mischt sich »Attac« lebhaft in die Diskussion ein.
Leasing der U-Bahn verhindert
So wertet Süß es als einen der Frankfurter »Attac«-Erfolge, dass das 2003 angestrebte »Crossborder Leasing« der örtlichen U-Bahn nicht umgesetzt wurde. Das hätte nämlich aufgrund der amerikanischen Steuergesetze bedeutet, dass die Stadt ihre U-Bahn in die Staaten verkauft und die Strecken, auf 100 Jahre festgelegt, zurückgeleast hätte. 48 000 Frankfurter/innen hatten sich damals gegen diese Maßnahme ausgesprochen.
»Zehn von vielen«, ist der Titel eines Buches, das »Attac« Frankfurt anlässlich seines zehnjährigen Gründungsjubiläums herausgegeben hat. Zehn von vielen bedeutet auch, dass die Gruppe ihre Arbeit längst nicht als erledigt ansieht. »Die Finanzkrise wird uns noch die nächsten zehn Jahre beschäftigen«, erklärt Süß. Und auch die anderen »Geschäftsfelder« der Initiative dürften noch viele Jahre über die ersten zehn hinaus nicht an Aktualität verlieren.