Harter Berufsalltag: Das treibt Notärzte zur Weißglut

Notärzte arbeiten jeden Tag hart an der Grenze ihrer Kräfte. Ein Retter berichtet über die oft schwierigen Arbeitsbedingungen - und was ihn zur Weißglut treibt.
Wer Notarzt werden will, braucht starke Nerven - denn was unsere Helfer jeden Tag erleben, treibt viele an ihre Grenzen. Einer von ihnen ist Falk Stikrat. Über seine Erlebnisse als Notarzt hat er inzwischen sein zweites Buch geschrieben: "Ich kam, sah und reanimierte" (Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf).
In seinem Buch erklärt er, was seinen Beruf jeden Tag so schwierig macht. Da wären zum einen die schwer verletzte Menschen, die im Sterben liegen, oder traumatisierte Angehörige, die gerade einen geliebten Menschen verloren haben. Aber auch uneinsichtige Patienten, Einsätze in schwierigen Milieus oder 12-Stunden-Schichten erschweren die Arbeit der Notärzte.
Besonders folgende zwei Situationen ärgern die Retter jeden Tag, wie er in seinem Buch schreibt:
Problem 1: Fehlende Rettungsgasse
"Ich glaube, dass sicher 90 bis 95 Prozent der Verkehrsteilnehmer sehr genau wissen, wie sie sich verhalten sollen und das auch korrekt umsetzen. Leider sind es die restlichen fünf Prozent, die uns große Probleme bereiten und die das Gesamtbild zerstören. Es reicht nur EIN EINZIGES Auto, das keine Gasse bildet und das System funktioniert nicht mehr."
Wie Sie die Rettungsgasse richtig bilden, lesen sie hier.
Problem 2: Gaffer
"Auf die Palme bringen mich Gaffer. Wenn die Eltern geschmacklose Bilder des verunglückten Kindes zuerst im Internet sehen, ich meine, bevor ihnen überhaupt die Todesnachricht überbracht wurde, dann ist das für mich kaum zu ertragen."
Notärzte werden oft wegen Lapalien gerufen
Neben diesen Problemen geht Stikrat auch auf eine besondere Spezies ein: Menschen, die wegen Lapalien den Notarzt rufen oder den Krankenwagen als "Taxi" missbrauchen, wie folgendes Beispiel zeigt.
Eine ältere Dame rief unter einem vorgetäuschten Notfall den Notarzt, um sich von diesem eine Zecke am Bauch entfernen zu lassen. Schließlich wüsste sie nicht, wie man das macht, und die Notlüge sei nötig gewesen, damit der Notarzt überhaupt kommt. Doch die Dame hatte anscheinend schon ein deutlich getrübtes Sehvermögen, denn die vermeintliche "Zecke" erwies sich schnell als Muttermal.
Diese Diagnose wollte die Frau wiederum nicht glauben und zwang die Notärzte sie in die Notaufnahme zu fahren. Die Geschichte ist damit aber noch nicht zu Ende: Die Patientin fädelt auch noch ein, dass sie im Krankenwagen zu ihrer Wohnung zurückgefahren wird. Ein Taxi könne sie sich angeblich nicht leisten. Das ganze auf Kosten der Beitragszahler.
Traumberuf Notarzt?
Dennoch ist Notarzt sein Traumberuf, wie Stikrat schreibt: "Ich bin froh den Beruf gewählt zu haben. In kaum einer anderen medizinischen Fachrichtung kann man das Resultat des eigenen Handelns so unmittelbar nachvollziehen wie in der Notfallmedizin. Mein Beruf ist es Menschenleben zu retten. Das ist doch cool, oder?"
Buchtipp: Falk Stirkat: Ich kam, sah und reanimierte. Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf. Preis: 9,99 Euro
Das könnte Sie auch interessieren:
Schon in früheren Interviews berichten Notärzte über ähnliche Erfahrungen. Ein Münchner Rettungsprofi erzählt hier von seinen dramatischsten Einsätzen.
Sie möchten auch gerne Menschenleben retten? Dann erfahren Sie hier,
.
Von Andrea Stettner