Drogen gegen den Schmerz: Wer bekommt Cannabis auf Rezept?

Wer Marihuana anbaut oder raucht, macht sich strafbar. Doch in Form von verschreibungspflichtiger Medizin ist Cannabis legal - und nimmt Krebspatienten den Schmerz. Gegen was hilft Hanf noch?
2018 war sie die österreichische Arzneipflanze des Jahres, doch in Deutschland gilt alleine der Besitz von Cannabis als Straftatbestand. Die Blüten der Hanfpflanze (Marihuana) und das Cannabis-Harz (Haschisch) darf weder besessen noch konsumiert werden, wie das Betäubungsmittelgesetz vorschreibt. Denn geraucht als Joint oder gegessen als Hanfkeks entfalten die Inhaltsstoffe berauschende Wirkung. Es kommt zum Cannabis-Rausch, der sich etwa in Form von Lachattacken, Angstzuständen und Halluzinationen äußern kann. Auch die Farb- und Geräuschwahrnehmung und das Zeit-Raum-Gefühl kann sich stark verändern.
Für die berauschende Wirkung von Cannabis sorgt in erster Linie der Hauptwirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol) in der Hanfpflanze. Dieser gehört zur Stoffgruppe der Cannabinoide, die nicht nur einen Cannabis-Rausch auslösen können, sondern auch schmerzstillende Wirkung entfalten, indem sie an Cannabinoid-Rezeptoren im Körper andocken. Doch es gibt noch mehr Gründe, warum Cannabis ein vielversprechender Ausgangsstoff in der Medizin ist.
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Cannabis für medizinische Zwecke gegen Übelkeit und Schmerzen
Etwa der Inhaltsstoff Cannabidiol, kurz CBD. Er gehört neben Tetrahydrovannabinol (THC) zu den Hauptvertretern der Cannabinoide in der Hanfpflanze. Es soll entkrampfend, entzündungshemmend und angstlösend wirken.
Der pharmakologische Nutzen der Hanfpflanze ist mittlerweile für mehrere Krankheiten und Symptome wissenschaftlich belegt. Deshalb haben Patienten mit schwerwiegenden Krankheiten unter bestimmten Voraussetzungen seit März 2017 Anspruch auf Cannabis als Arznei, wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung beschlossen hat. Sowohl der Wirkstoff THC als auch Schmerzmittel auf Basis von Cannabis sind seitdem für medizinische Zwecke zugelassen. Doch auch wenn es bereits einige Medikamente mit Cannabinoiden aus der Hanfpflanze auf dem Markt gibt, ist Medizinal-Cannabis nur für den Ausnahmefall gedacht, wenn andere Therapien nicht anschlagen. Es herrscht eine strenge Verschreibungspflicht.
Bei folgenden Erkrankungen und Symptomen wurde ein Nutzen von medizinischem Cannabis nachgewiesen, wie die Bundesärztekammer meldete:
- Übelkeit und Erbrechen bei Menschen mit chemotherapeutisch behandelter Krebskrankheit
- Behandlung von Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust bei HIV/AIDS
- chronischer Schmerz
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Darmkrankheiten bis Schlafstörungen - Wann hilft Cannabis noch?
An der Wirksamkeit von Cannabis in pharmazeutischer Qualität wird weiter geforscht. So sind sich Experten bei vielen Erkrankungen noch uneinig, ob und wie Cannabis wirken könnte. Die Techniker Krankenkasse (TK) etwa schreibt, dass Cannabis bei Darmerkrankungen keine Wirksamkeit zeige. Die Bundesärztekammer ist sich da nicht sicher und möchte den Nutzen von Cannabis-Arzneien hier nicht ausschließen.
Widersprüchlicher und bisher nicht ausreichend belegter Nutzen von medizinischem Cannabis besteht bei folgenden Erkrankungen und Beschwerden:
- Unbeweglichkeit bei Querschnittlähmung
- Spastiken bei Multipler Sklerose
- psychische Erkrankungen wie Schizophrenie oder Angststörungen
- Magen- und Darmerkrankungen wie chronisch entzündliche Darmerkrankungen
- Entzündung des Nervengewebes
- Schlafstörungen
- Morbus Parkinson
- Tourette-Syndrom
- Epilepsie
- Kopfschmerzen
Die Studienlage zum medizinischen Nutzen von Cannabis ist vor allem in den USA relativ umfangreich, etwa in Hinblick auf die schlaffördernde Wirkung. So kommt ein Forscherteam um Rudolph T. Pivik von der University of Arkansas for Medical Sciences in einer Veröffentlichung zu dem Ergebnis, dass Studienteilnehmer, die THC konsumierten, nachts mehr Tiefschlaf-Phasen erlebten. Das berichtete das Portal Hytiva, das sich unter anderem mit dem medizinischen Nutzen von Cannabis beschäftigt.
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Cannabis auf Rezept nur mit Genehmigung?
Je nach Erkrankung und Schweregrad der Symptome wird der Arzt entscheiden, ob eine Behandlung mit medizinischem Cannabis Sinn ergibt. Eine Genehmigung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist nicht mehr erforderlich. Eine solche war vor der Gesetzesänderung im März 2017 für den Erwerb von Cannabisblüten nötig.
Privatrezepte für Cannabisblüten darf heute jeder Arzt ausstellen, der sich dadurch Heilungserfolg verspricht. Lediglich die Einschränkungen der Betäubungsmittel-Verordnung sind zu beachten und die Kostenerstattung von Cannabis auf Rezept muss von den Krankenkassen genehmigt werden. Der Patient trägt dann nur die übliche Zuzahlung von maximal zehn Euro pro Arzneimittel, den Hauptteil der Kosten übernehmen die Kassen.
Wer vorhat, seine Beschwerden zu erfinden, um an Cannabis-Medikamente zu kommen, sollte das tunlichst sein lassen: Es drohen saftige Strafen.
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jg