Deutsche Bahn & Co: Wasserstoff-Züge fahren ab 2022

Die Deutsche Bahn will bis 2050 klimaneutral werden. Einen Schritt in diese Richtung geht sie, indem sie Züge mit Wasserstoff-Antrieb kommerziell einsetzen will.
Tübingen - Die Deutsche Bahn wirbt damit, ein umweltfreundlicheres Verkehrsmittel zu sein als etwa Auto oder Flugzeug. Artikel wie „So nachhaltig ist der Fernverkehr der Deutschen Bahn“ und „Zugreisen: Unterwegs mit 100 Prozent Ökostrom?“ finden sich auf der Website des bundeseigenen Konzerns.
„Im Fernverkehr fahren bereits mehr als 98 Prozent der Züge auf elektrifizierten Strecken und sind somit mit Ökostrom unterwegs“, schreibt das Unternehmen. Das klingt alles fortschrittlich und grün, doch auf einen erheblichen Teil des Streckennetzes trifft das noch nicht zu. 39 Prozent der Strecken sind laut Bundesverkehrsministerium nicht elektrifiziert und müssen mit anderen Antrieben wie etwa Diesel abgedeckt werden.
Im Personennahverkehr ist der Anteil der nicht elektrifizierten Strecken am größten, im Fernverkehr - wo die Strecken stärker befahren sind - am kleinsten. Bis 2030 will Deutschland die Elektrifizierungsquote des Eisenbahnnetzes auf 70 Prozent anheben - bis 2050 sogar auf 100 Prozent.
Ein ehrgeiziges Ziel, bedenkt man, dass Deutschland von 2008 bis 2018 laut dem Bündnis Allianz pro Schiene lediglich einen Fortschritt von 58 auf 61 Prozent elektrifizierter Strecken gemacht hat. Zwar liegt es über dem EU-weiten Durchschnitt von 54 Prozent, aber Luft nach oben bleibt dennoch. In Schweden etwa lag der Anteil elektrifizierter Strecken 2018 bei 75 Prozent, in der Schweiz schon 2008 bei 100 Prozent.
Züge mit Wasserstoff bereits in Testung
Um das Ziel eines vollständig elektrifizierten Streckennetzes zu erreichen, will das Bundesgesundheitsministerium auf einen „Mix aus Oberleitung und alternativen Antrieben“ setzen. Mit Letzterem sind batterieelektrische und mit Wasserstoff betriebene - „brennstoffzellenbasierte“ - Züge gemeint.
Wie sich Wasserstoff auf der Schiene macht, wurde in Deutschland bereits mit elektrischen Triebwagen des französischen Herstellers Alstom getestet. Dieser war zuvor erfolgreich mit Dieseltriebwagen, sagte der Zugbauingenieur Andreas Frixen im ntv-Podcast „Wieder was gelernt“. Doch das Unternehmen habe angefangen, Lösungen abseits des Dieselantriebs zu suchen und mit der Entwicklung eines Wasserstoffzugs begonnen.
Anmerkung der Redaktion
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 21.05.2021 veröffentlicht. Da er für unsere Leserinnen und Leser noch immer Relevanz besitzt, haben wir ihn erneut auf Facebook gepostet.
2016 wurde der nach Angaben des Unternehmens erste Personenzug, der mit einer Wasserstoff-Brennstoffzelle betrieben wird, auf einer Messe der Öffentlichkeit präsentiert. Zwischen Buxtehude und Cuxhaven wurden die Züge namens „Coradia iLint“ laut ntv von 2018 bis 2020 bereits testweise im regulären Fahrplan eingesetzt.
Ab Ende 2022 sollen sie auf der Strecke in den kommerziellen Betrieb aufgenommen werden. Demnach habe Niedersachsen 14 Wasserstofftriebwagen bestellt, Hessen sogar 27. 2021 geht der Zug laut der Wirtschaftszeitung Handelsblatt in Serienfertigung.
Doch Alstom ist nicht das einzige Unternehmen, das Wasserstoff auf der Schiene für sich entdeckt hat. Auch Siemens startet zusammen mit der Deutschen Bahn „ins Wasserstoff-Zeitalter“, teilte die Bahn Ende 2020 mit. Während der Alstom-Zug 1000 Kilometer Reichweite hat, plant Siemens für den zweiteiligen „Mireo Plus H“ eine Reichweite von 600 Kilometern sowie eine dreiteilige Variante mit 1000 Kilometern.
Er soll 2024 den Probebetrieb zwischen Tübingen, wo er produziert wird, Horb und Pforzheim aufnehmen und dort einen Dieseltriebwagen ersetzen. Siemens und die Deutsche Bahn erhoffen sich durch seinen Einsatz eine Einsparung von 330 Tonnen CO2 in einem Jahr.
Wasserstoff: Deutsche Bahn verspricht sich große CO2-Einsparung
Die Deutsche Bahn, Siemens und Alstom zeigen sich vollends überzeugt von der Antriebsform, bei der elektrische Energie aus einer Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff entsteht: „Die klimafreundliche Verkehrswende ist möglich. Wir müssen den Verbrauch fossiler Kraftstoffe auf null bringen. Nur so kann die DB im Jahr 2050 klimaneutral sein. Dann werden wir kein einziges Fahrzeug mehr mit konventionellem Diesel betreiben“, sagte etwa Sabina Jeschke aus dem DB-Vorstand.
Der Wasserstoff für den Siemens-Zug soll zudem in Tübingen aus Ökostrom hergestellt werden. Den Zug zu betanken soll nicht länger dauern als bei einem Dieselzug.
Ingenieur Andreas Frixen sieht einen weiteren Pluspunkt bei Wasserstoff: „Ein wesentlicher Vorteil der Brennstoffzellen-Technologie und der damit verbundenen Wasserstoffversorgung ist, dass Tankstellen für Züge nicht nur von Zügen genutzt werden können. Man kann sie auch ausbauen, sodass dort Busse, Privatfahrzeuge, LKW und kommunale Fahrzeuge betankt werden können“, erklärt er im ntv-Podcast. (ial)
Mit Wasserstoff beschäftigen sich derzeit viele Unternehmen: BMW plant ein Wasserstoff-Auto, im nordhessischen Hofgeismar sollen Müllautos* mit grünem Wasserstoff fahren und der Werra-Meißner-Kreis in Hessen will Wasserstoff-Region* werden. *hna.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.