Lawrow sieht „reale Gefahr“ eines Weltkriegs - und nennt Nato-Waffenlieferungen legitime Angriffsziele
Der Ukraine-Krieg geht in voller Härte weiter, da warnt der russische Außenminister vor einem drittem Weltkrieg. Die Verhandlungen mit Kiew würden gebremst.
Moskau - Ein möglicher dritter Weltkrieg: Im Zusammenhang mit dem eskalierten Ukraine-Konflikt kommt diese Angst immer wieder zur Sprache. Die Nato will in dem Konflikt nicht direkt Kriegspartei werden. Doch auch durch das aktuell hitzig diskutierte Thema Waffenlieferungen werden Befürchtungen laut. Nun lassen aktuelle Aussagen des russischen Außenministers aufhorchen.
Denn Sergej Lawrow hält es für möglich, dass der Ukraine-Krieg in einen Weltkrieg ausarten könnte. „Die Gefahr ist ernst, sie ist real, sie ist nicht zu unterschätzen“, sagte er laut der Nachrichtenagentur Interfax am Montag (25. April). Gleichzeitig erklärte er, dass er nicht wolle, dass in einer derartigen Situation die Risiken noch weiter künstlich aufgebläht würden. Es gäbe viele Seiten, die das wollten, sagte er, ohne konkret zu werden. Die Unzulässigkeit eines Atomkrieges bleibe die prinzipielle Position Russlands.
Lawrow will Ukraine-Verhandlungen fortsetzen, aber: „Der gute Wille hat Grenzen“
Des Weiteren warf er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor, seine Verhandlungsbereitschaft nur „vorzutäuschen“. Russland werde die Verhandlungen mit der ukrainischen Delegation fortsetzen, sagte Lawrow. Er betonte zugleich: „Der gute Wille hat seine Grenzen.“ Wenn er nicht auf „Gegenseitigkeit“ beruhe, „hilft dies dem Verhandlungsprozess nicht“. Mit Blick auf ein mögliches Abkommen zur Beendigung des Konflikts in der Ukraine sagte Lawrow, die „Rahmenbedingungen“ einer solchen Vereinbarung würden vom „Stand der Kampfhandlungen“ abhängen, die zum Zeitpunkt des „Realwerdens des Abkommens stattgefunden haben werden“.

Ukraine-News: Russlands Außenminister Lawrow erbost wegen angeblicher Verzögerungen bei Verhandlungen
Lawrow warf wiederum den USA und Großbritannien vor, die Ukraine-Verhandlungen zu bremsen. Man wisse mit Sicherheit, dass „weder London noch Washington“ Selenskyj raten würde, die Verhandlungen zu beschleunigen, sagte der russische Außenminister in einem Interview mit einem russischen Fernsehkanal, das das Außenministerium am Montagabend auf Telegram teilte. „Sie raten Selenskyj jedes Mal, seine Position zu verschärfen.“
Lawrow behauptete, Kiew zögere die Verhandlungen hinaus. Zuletzt etwa habe die ukrainische Seite angegeben, man habe noch keine Zeit gehabt, sich mit dem neuesten russischen Vorschlag auseinanderzusetzen. Aus Kiew gab es dazu keine Angaben.
Lawrow erklärte zudem, die Positionen der Ukraine seien vom Ausland vorgegeben. „Viele von uns sind überzeugt, dass die wirkliche Position der Ukraine in Washington, London und in anderen westlichen Hauptstädten bestimmt wird“. Deshalb „sagen unsere politischen Analysten, warum mit dem Team von Selenskyj sprechen, man muss mit den Amerikanern reden, mit ihnen verhandeln, eine Art Vereinbarung erzielen“. Von russischer Seite ist zuletzt immer wieder die Eigenständigkeit und das Existenzrecht der Ukraine infrage gestellt worden.
Lawrow: Nato-Waffenlieferungen sind legitime Angriffsziele - „Wie könnte es anders sein“
Die US-Regierung hielt derweil einen ukrainischen Sieg in dem schon zwei Monate andauernden Krieg für möglich. „Sie können gewinnen, wenn sie die richtige Ausrüstung und die richtige Unterstützung haben“, sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin am Montag nach einem Besuch in Kiew. Am Dienstag will er auf der US-Militärbasis Ramstein in Rheinland-Pfalz mit Verteidigungsministern und Militärchefs aus 40 verbündeten Ländern über weitere Waffenlieferungen an die Ukraine sprechen.
Russland betrachtet Nato-Waffenlieferungen dabei als berechtigte Angriffsziele für sein Land. „Natürlich werden diese Waffen ein legitimes Ziel für die russischen Streitkräfte sein“, sagte Lawrow ebenfalls in dem Interview. Lager, auch in der Westukraine, seien bereits mehr als einmal zu solchen Zielen geworden.
„Wie könnte es anders sein“, sagte Lawrow weiter. „Wenn die Nato über einen Stellvertreter de facto in einen Krieg mit Russland tritt und diesen Stellvertreter bewaffnet, dann tut man im Krieg, was man im Krieg tun muss.“ (AFP/dpa/cibo)