Update vom 2. Juni, 6.35 Uhr: Die russischen Truppen erobern Gebäude für Gebäude der strategisch wichtigen Industriestadt Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine. Sie kontrollierten mittlerweile „80 Prozent der Stadt“, erklärte Regionalgouverneur Serhij Gajdaj in der Nacht auf Donnerstag. Der ukrainische Armeechef Walerij Saluschnyj erklärte, dass seine Soldaten in Luhansk mit der derzeit „schwierigsten Situation“ konfrontiert seien.
„Der Feind hat einen operativen Vorteil in Bezug auf die Artillerie“, räumte er laut Kiew in einem Telefongespräch mit seinem französischen Kollegen Thierry Burkhard ein. Er plädierte dafür, seine Truppen „so schnell wie möglich“ auf Waffentypen der Nato umzustellen. „Das würde Leben retten“, so Saluschnyj. Die Ukraine hofft auf die kürzlich vom US-Präsidenten Joe Biden versprochenen Mehrfachraketenwerfer, die eine größere Reichweite und Präzision versprechen.
„Die Situation im Osten ist wirklich schwierig“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dem US-Sender Newsmax in einem Interview. „Wir verlieren täglich 60 bis 100 Soldaten, die im Kampf getötet werden, und etwa 500 werden verwundet“, erklärte er.
Update vom 1. Juni, 22.45 Uhr: Plötzliche Waffen-Wende in Berlin: Nach der Panzerhaubitze2000 plant Deutschland die Lieferung mehrerer schwerer Raketenwerfer an die Streitkräfte der Ukraine.
Update vom 1. Juni, 22.15 Uhr: Wie geht es zeitnahe in der Ostukraine weiter? Wie das „heute journal“ des ZDF am Abend berichtet, erwägt Kiew den strategischen Rückzug seiner gesamten Truppen aus dem Donbass, damit diese von der russischen Invasionsarmee nicht eingekesselt werden. Währenddessen gab es am Abend auch im äußersten Westen des Landes in Lwiw (Lemberg) wieder Luftalarm.
Update vom 1. Juni, 21.30 Uhr: Sjewjerodonezk in der Region Luhansk steht nach ukrainischen Angaben kurz vor der vollständigen Eroberung durch die russischen Truppen. Demnach errichten die ukrainischen Streitkräfte am gegenüberliegenden Ufer des Flusses Siwerskyj Donez in der Stadt Lyssytschansk eine neue Verteidigungslinie.
Die Großstadt, die vor Ausbruch der Kämpfe wie das benachbarte Sjewjerodonezk rund 100.000 Einwohner hatte, soll schwerer einzunehmen sein. „Lyssytschansk hat eine bessere Position, es liegt höher. Und es liegt strategisch viel besser. Die Stadt steht ganz unter der Kontrolle der Ukraine“, erklärte der Leiter der regionalen Militärverwaltung von Luhansk, Serhij Hajdaj, im ukrainischen Fernsehen: „Die Beschüsse gehen überall weiter. Jede Siedlung wird von den Russen mit großkalibriger Artillerie, Mehrfachraketenwerfern und auch Flugzeugen beschossen.“
Update vom 1. Juni, 20.30 Uhr: Die ukrainische Armee hat nach Militärangaben im Süden des Landes 20 besetzte Ortschaften von russischen Truppen zurückerobert. Aus diesen Dörfern im Verwaltungsgebiet Cherson sei etwa die Hälfte der Bevölkerung geflüchtet, sagte der Leiter der regionalen ukrainischen Militärverwaltung, Hennadij Lahuta, im Fernsehen. Der Angriff werde von Norden aus dem ukrainischen Gebiet Dnipropetrowsk geführt, die ukrainischen Truppen rückten weiter nach Süden vor.
Unabhängig überprüfbar waren die Angaben nicht. Es gibt aber seit Tagen Berichte über Vorstöße der ukrainischen Armee im Süden, während sie gleichzeitig Stellungen im Osten wegen der überlegenen russischen Feuerkraft räumen muss. Die Stadt Cherson ist bislang als einzige ukrainische Gebietshauptstadt von der russischen Armee besetzt worden. Durch die Einführung des Rubels und die Ausgabe russischer Pässe unternimmt Moskau erste Schritte, um diese Region an Russland anzugliedern.
Update vom 1. Juni, 19.35 Uhr: Die Ukraine hat nach den Worten von US-Außenminister Antony Blinken zugesagt, die von Washington versprochenen modernen Raketensysteme nicht für Angriffe auf Ziele in Russland zu nutzen. Die USA rechneten damit, dass sich Russlands Krieg in der Ukraine über Monate hinziehen werde, sagte Blinken auf einer Pressekonferenz mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Washington. Mit den neuen Waffen wolle Washington sicherstellen, dass das Land „alles hat, was es für seine Verteidigung braucht“.
Moskaus Vorwurf, Washington werde mit den Waffenlieferungen den Konflikt weiter anheizen, wies Blinken zurück. „Es ist Russland, das die Ukraine angreift, nicht umgekehrt“, sagte der US-Außenminister: „Um es klar zu sagen, der beste Weg, eine Eskalation zu verhindern, ist, dass Russland die Angriffe und den Krieg, den es begonnen hat, beendet.“ Würde Russland seine Angriffe einstellen, könnte der Krieg „morgen schon vorbei sein“. Dafür gebe es aber derzeit keine Anzeichen.
Update vom 1. Juni, 18.15 Uhr: Russland hat offenbar die Oblast Sumy unweit der Grenze erneut mit Raketen angegriffen. Das berichtet das ukrainische Medienprojekt The Kyiv Independent.
Laut Dmytro Zhyvytsky, dem Gouverneur der Region, wurden an diesem Mittwoch sechs Raketen auf das Oblast abgefeuert. Opfer und Schadenshöhe seien noch nicht bekannt, heißt es in dem Tweet weiter. Sumy liegt nördlich der Millionenstadt Charkiw keine 50 Kilometer von der russischen Grenze entfernt.
Update vom 1. Juni, 17.55 Uhr: Die Großstadt Sjewjerodonezk mit einstmals rund 100.000 Einwohnern steht aktuell bei den schweren Kämpfen im Donbass im Fokus. Laut Bürgermeister Olexandr Strjuk bestehe die Hoffnung, eine vollständige Einnahme durch russische Truppen verhindern. Und das, obwohl seinen Angaben zufolge die prorussischen Speratisten und die Invasionstruppen Moskaus mittlerweile 60 Prozent des Stadtgebiets komntrollierten.
20 Prozent der Stadt seien nach den heftigen Bombardements zu einem „Niemandsland“ verkommen, erklärte er der Nachrichtenagentur Reuters in einem Telefoninterview. Seiner Kenntnis nach würden sich noch 12.000 bis 13.000 Menschen in der schwer zerstörten Stadt in der Region Luhansk aufhalten.
Update vom 1. Juni, 16.10 Uhr: Russische Truppen stehen offenbar kurz vor der Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Sjewjerodonezk. „Die Russen kontrollieren 70 Prozent von Sjewjerodonezk“, sagte Regionalgouverneur Serhij Gajdaj am Mittwoch. Bei Gefechten ist es zuvor in einer Chemiefabrik zu einem Zwischenfall gekommen.
Während die russischen Truppen nach Angaben Gajdajs ihre Stellungen im Zentrum der Stadt festigten, zogen sich die ukrainischen Soldaten weiter zurück. „Wenn die Russen in zwei bis drei Tagen Sjewjerodonezk unter ihre Kontrolle bringen, werden sie dort Artillerie und Mörser aufstellen und Lyssytschansk stärker bombardieren“, schrieb der Gouverneur von Luhansk im Onlinedienst Telegram.
Die durch einen Fluss getrennten Städte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk sind die letzten in der Region Luhansk, die zumindest teilweise noch von der Ukraine kontrolliert werden. Lyssytschansk ist nach Einschätzung Gajdajs schwerer einzunehmen, da die Stadt auf einer Anhöhe liegt.
Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reagierte auf den Zwischenfall. „Angesichts der Tatsache, dass es in Sjewjerodonezk eine groß angelegte Chemieproduktion gibt, sind die Schläge der russischen Armee in dieser Stadt mit wahllosen Luftangriffen einfach verrückt“, betonte der ukrainische Staatschef in einer Videobotschaft laut dem französischen Sender France 24. Doch am 97. Tag des Krieges sei es „nicht mehr überraschend, dass für das russische Militär, für russische Kommandeure und für russische Soldaten jegliche Verrücktheit absolut akzeptabel ist“, so Selenskyj.
Erstmeldung vom 1. Juni: München — Im Ukraine-Konflikt träumte der russische Machthaber Wladimir Putin von der Einnahme der ukrainischen Hauptstadt Kiew im Rahmen seiner Invasion - ein schneller und großer Erfolg. Die starke ukrainische Verteidigung zerschlug diesen Traum jedoch. Stattdessen fokussieren sich russische Truppen jetzt auf die Ostukraine, wo ein Sieg als wahrscheinlicher gilt. Diese Karte zeigt, wo der Ukraine-Krieg wütet.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten für Russland läuft die Offensive im Donbass nun deutlich schneller. Dort könnte schon sehr bald die nächste Stadt komplett in russische Hände fallen. Zuletzt konzentrierten Putins Truppen ihre militärischen Bemühungen auf die Stadt Sjewjerodonezk im Oblast Luhansk - offenbar mit ersten Erfolgen.
Das russische Militär hat sich nach ukrainischen Angaben beim Sturm des Verwaltungszentrums Sjewjerodonezk im Stadtzentrum festgesetzt. „Der Aggressor hat Angriffe in den nördlichen, südlichen und östlichen Stadtgebieten von Sjewjerodonezk durchgeführt, mit einzelnen Einheiten Erfolg gehabt und nistet sich nun im Stadtzentrum ein“, teilte der ukrainische Generalstab in seinem morgendlichen Lagebericht mit.
Das britische Verteidigungsministerium bestätigte die Berichte aus Sjewjerodonezk. Russische Truppen würden in Richtung Stadtzentrum vorstoßen, hieß es in der letzten Einschätzung des Ministeriums in London auf Twitter. Dabei hätten sich die Straßenkämpfe seit dem 30-31. Mai intensiviert. „Mehr als die Hälfte der Stadt ist nun wahrscheinlich von russischen Einheiten einschließlich tschetschenischen Kämpfern besetzt“, meldete das britische Verteidigungsministerium. Im Oblast Luhansk würden russische Truppen ihre Feuerkraft auf ein kleines Gebiet konzentrieren.
Russische Angriffe auf den Donbass im Ukraine-Krieg beschränken sich allerdings nicht nur auf Sjewjerodonezk. Auch um die Großstadt setzen Putins Truppen ihre Angriffe auf das ukrainische Militär fort.
Nach ukrainischen Angaben wurden im Laufe des Tages neun russische Angriffe im Donbass abgewehrt und mehr als 20 Militärfahrzeuge außer Gefecht gesetzt. Unabhängig lassen sich diese Angaben nicht überprüfen. Aufgrund der hohen Verluste erwartet ein britischer Experte einen baldigen Kollaps des russischen Militärs. (bb mit dpa)