Merz will nach Kiew, und düpiert offenbar BKA - Scholz soll ihm Beratung angeboten haben

Olaf Scholz wird die Ukraine wohl nicht so schnell besuchen. Dafür scheint es Friedrich Merz gar nicht abwarten zu können, nach Kiew zu reisen. Trotz einer Warnung des Bundeskriminalamtes.
München - Wolodymyr Selenskyj kann sich im Angesicht des Ukraine-Kriegs offenbar doch auf hohen Besuch aus Berlin freuen. Eine Reise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Kiew hatte der ukrainische Präsident abgelehnt - wahrscheinlich wegen der lange Zeit russland-freundlichen Politik des deutschen Staatsoberhauptes. Bundeskanzler Olaf Scholz macht eher einen Bogen um das schwer unter Beschuss stehende Land. Doch nun will sich mit Friedrich Merz der Oppositionsführer aufrappeln.
Der Stabschef des CDU-Vorsitzenden, Jacob Schrot, bestätigte via Twitter die Pläne. Mit dem Trip seien drei Botschaften verknüpft. Es solle gezeigt werden, dass Deutschland an der Seite der Ukraine stehe. Zudem wolle Merz „konkrete Unterstützungsbitten“ mit auf die Rückreise nehmen. Und es gehe darum, die „gemeinsame staatspolitische Verantwortung von Opposition und Regierung“ auszudrücken.
Merz will in die Ukraine reisen: BKA hat Bedenken - Merz lehnt deren Personenschutz ab
Allerdings ruft die Merz-Tour längst nicht nur Begeisterung hervor. Wie der Tagesspiegel berichtet, habe das Bundeskriminalamt (BKA) ihm „ausdrücklich“ abgeraten und auf eine Verschiebung gedrängt. Hintergrund: Merz soll die Sicherheitsbehörden erst am Freitag davon in Kenntnis gesetzt haben, dass er sich nach Kiew aufmachen will.
Das sei dem BKA zu kurzfristig, es brauche für eine solch gefährliche Reise mehr Vorlauf, habe es aus der Behörde geheißen. Merz soll zudem Personenschutz durch das BKA abgelehnt haben. Von einem CDU-Sprecher hieß es dazu nur: „Zu Reisedetails und Organisation der Sicherheit kein Kommentar.“
Merz will Selenskyj besuchen: Kreml warnt vor Angriff auf Kiew
Zuletzt hatte der Kreml Warnungen in Richtung Westen ausgestoßen. Laut Verteidigungsminister Sergej Schoigu, sei die russische Armee jederzeit bereit, „um mit hochpräzisen Langstreckenwaffen Vergeltungsschläge auf Entscheidungszentren in Kiew zu starten“. Und weiter: „Bei solchen Maßnahmen wäre es für Russland nicht unbedingt ein Problem, wenn Vertreter bestimmter westlicher Länder in diesen Entscheidungszentren anwesend wären.“
Keine leeren Worte: So war Kiew etwa während des Besuchs von UN-Generalsekretär António Guterres bombardiert worden.
Video: US-Politikerin Pelosi besucht Selenskyj in Kiew - „Bis der Sieg erreicht ist“
Merz plant Reise in die Ukraine: CDU-Politiker stichelt gegen Scholz
Das scheint Merz jedoch nicht zu abzuschrecken. Aus der Union bekommt er Rückendeckung. „Friedrich Merz tut das, was ein Bundeskanzler längst hätte tun müssen“, betont Michael Brand.
Der menschenrechtspolitische Sprecher der Unions-Fraktion legt nach: „Viele Regierungschefs, Außenminister und andere haben sich mit der Ukraine durch Präsenz vor Ort in Kiew symbolisch verbunden. Die deutsche Regierung meidet das wie der Teufel das Weihwasser, so wie sie rasche und ernsthafte Unterstützung der Ukraine im Überlebenskampf verweigert hat.“
Womit er gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen hätte. Denn auch die Zurückhaltung bei Waffenlieferungen an die Ukraine und Sanktionen gegen Russland lässt Scholz alles andere als stark und entscheidungsfreudig wirken. Für Brand sieht der ehemalige Finanzminister „immer mehr wie ein kleiner feiger Mann aus, und nicht wie der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland“.
Merz reist nach Kiew zu Selenskyj: Scholz weiß Bescheid und soll Beratung angeboten haben
Immerhin soll Merz Scholz vorher informiert haben, dass er in die Ukraine reisen wolle. Das bestätigte ein Regierungssprecher dem Tagesspiegel. Dem Bericht zufolge wurde dem CDU-Chef vom Kanzleramt außenpolitische Beratung angeboten, diese habe er aber abgelehnt.
Bliebe noch die Frage, wann es losgehen soll. Laut der Zeitung spreche das Merz-Team vom Montag. Allerdings steht zum Wochenbeginn zunächst eine gemeinsame Präsidiumssitzung mit CSU-Chef Markus Söder in Köln an, im Anschluss gesellt sich mit Hendrik Wüst der nordrhein-westfälische Ministerpräsident für eine Pressekonferenz zu dem Duo. Der Wahlkampf im bevölkerungsreichsten Bundesland geht in die entscheide Phase, am 15. Mai wird gewählt.
Merz könnte nach einem ereignisreichen Tag demnach am Dienstag bei Selenskyj vorbeischauen. Also genau dann, wenn im Schloss Meseberg die erste Klausur des Scholz-Kabinetts stattfindet. Wem da wohl am Ende die Schlagzeilen des Tages gehören werden? (mg)