Angesichts der schweren Schäden an der Energieversorgung forderte Selenskyj die Bevölkerung erneut zum Stromsparen auf. Nach seiner Darstellung waren unter anderem die Regionen Chmelnyzkyj, Odessa, Saporischschja und Dnipropetrowsk neben vielen anderen betroffen von den Angriffen.
Update vom Sonntag, 23. Oktober, 5.55 Uhr: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat sich für eine Wiederaufnahme der russischen Gaslieferungen nach dem Ukraine-Krieg ausgesprochen. „Wir brauchen langfristige Verträge für Flüssiggaslieferungen aus den USA, Katar und anderen arabischen Ländern. Außerdem müssen wir endlich eigenes Erdgas in der Nordsee erschließen. Und wenn der Krieg vorbei ist, sollten wir auch wieder Gas aus Russland nutzen“, sagte Kretschmer der Bild am Sonntag.
+++ 22.45 Uhr: Mychajlo Podoljak, Berater des ukrainischen Präsidialamtes, erklärt, es hänge von den europäischen Staats- und Regierungschefs ab, ob der russische Präsident Wladimir Putin in der Lage sei, seinen Plan im Ukraine-Krieg umzusetzen. Russland wolle durch gezielte Angriffe auf die Infrastruktur der Ukraine eine neue Flüchtlingskrise in Europa auslösen. „Der einzige Weg, eine humanitäre Katastrophe zu verhindern, ist die schnelle Übergabe von Luftabwehrsystemen und zusätzlichen Raketen“, schrieb er auf Twitter.
Durch russische Angriffe auf kritische Infrastrukturen in der Ukraine wurde am heutigen Samstag laut Bericht des Kyiv Independent die Stromversorgung von über 1,4 Millionen ukrainischen Haushalten unterbrochen. Die russischen Angriffe hatten das staatliche Energieunternehmen Ukrenergo gezwungen, die Stromversorgung im ganzen Land einzuschränken.
+++ 22.30 Uhr: Nach Angaben des Bürgermeisters der nordwest-ukrainischen Stadt Luzk, Ihor Polischtschuk, wurde die örtliche Energieanlage durch einen Raketeneinschlag praktisch zerstört. Er teilte via Telegramm mit: „Die Energieanlage, die getroffen wurde, ist schwer beschädigt. (…) Es ist derzeit unmöglich, sie wiederherzustellen.“ Nach vorläufigen Informationen sei sie von drei Kh-101-Raketen getroffen worden. Der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte teilte zudem in seinem abendlichen Bericht mit: „Im Laufe der letzten 24 Stunden haben die Besatzer 40 Raketenangriffe durchgeführt und 16 iranische Angriffsdrohnen vom Typ Shahed-136 eingesetzt. Unsere Verteidigung schoss 20 Marschflugkörper und elf Drohnen ab.“
+++ 21.50 Uhr: Wolodymyr Selenskyj plädiert im kanadischen Fernsehen dafür, dass die Welt Russland vor einem nuklearen Angriff auf die Regierungsgebäude in Kiew warnen sollte. Das sagte der ukrainische Präsident in einem Interview mit den Sendern CTV und CBC. Es spiele dabei keine Rolle, ob die Ukraine ein Nato-Land sei oder nicht. Wenn Russland einen nuklearen Angriff auf das ukrainische Regierungszentrum durchführe, dann müsse die Antwort der Welt ein Angriff auf das russische Regierungszentrum sein. Selenskyj betonte, dass die Ukraine mit einem Nachbarn lebe, „der nichts anderes versteht als Gewalt.“
+++ 21.20 Uhr: Nach Angaben des Leiters der militärischen Stadtverwaltung Olexji Rewa ist die Sicherheitslage in der Frontstadt Bachmut sehr heikel. Die russische Armee zerstöre die Gemeinde und attackiere zivile Personen. Die feindliche Artillerie und Luftwaffe beschießen demnach die Wohnviertel der Stadt. Ganze Wohnblöcke der Hochhäuser würden einstürzen. Auch dutzende Einfamilienhäuser seien ausgebrannt, schrieb Rewa auf Facebook weiter. Die Infrastruktur der Stadt sei vollständig zerstört, eine Wiederherstellung der Strom- und Wasserversorgung nicht möglich. Er rief die Einwohner dazu auf, die Stadt zu verlassen.
+++ 20.40 Uhr: Nach Angaben des Generalstabs der ukrainischen Streitkräfte haben alle russischen Besatzer die Dörfer Charivne und Chkalove im Gebiet Cherson verlassen. Im Ort Beryslaw, unweit des Wasserkraftwerks Kachowka, seien Offiziere und medizinisches Personal evakuiert worden.
Das meldete der Generalstab der Streitkräfte der Ukraine. In der Stadt Cherson komme es vermehrt zu Plünderungen und anderweitigen illegalen Aktionen. Die Besetzer beschlagnahmen demnach Autos der örtlichen Bevölkerung und versuchten, die Stadt über eine Fähre zu verlassen.
+++ 18.55 Uhr: Der Gouverneur der russischen Grenzregion Belgorod wirft der Ukraine erneut schweren Beschuss des Gebiets vor. Zwei Menschen seien dabei am heutigen Samstag in der Grenzstadt Schebekino getötet worden, teilte Wjatscheslaw Gladkow mit. Elf Menschen seien verletzt worden, vier davon schwer. Gladkows Angaben nach wurde bei dem Beschuss auch Energie-Infrastruktur getroffen. Rund 15.000 Menschen seien zeitweilig ohne Strom, Heizung und Wasser gewesen.
Das Gebiet Belgorod klagt neben anderen Grenzregionen seit Beginn des russischen Angriffskrieges immer wieder über Beschuss aus der Ukraine. Diese dementierte die Vorwürfe. Nach Darstellung des russischen Gouverneurs hat sich die Lage in den vergangenen Wochen weiter verschärft. Gladkow ordnete daher eine strengere Bewachung von Objekten der Energie-Infrastruktur an.
+++ 16.00 Uhr: Nachdem sich Russland und die Ukraine gegenseitig vorgeworfen haben, den Kachowka-Staudamm zerstören zu wollen, will sich der Betreiber nun auf ein „Worst-Case-Szenario“ vorbereiten. Der Damm liegt flussaufwärts der umkämpften Stadt Cherson und wird derzeit von Russland kontrolliert. Erst am Samstag (21. Oktober) hatte der ukrainische Präsident Selenskyj behauptet, dass Russland den Damm vermint habe und einen „Terroranschlag“ plane (Siehe Update vom 21. Oktober, 22.21 Uhr).
Der Betreiber sagte jetzt, er lasse vermehrt Wasser ab, um die Flutwelle im Falle einer Zerstörung kleinzuhalten. Dies berichtete das ukrainische Nachrichtenportal Ukrainska Pravda unter Berufung auf russische Medien. Die Ukraine hat internationale Organisationen aufgefordert, eine Beobachtermission zu dem Damm in der umkämpften Region zu schicken. Demnach seien Hunderttausende Menschen bedroht, wenn die Anlage zerstört werden würde. Auch Russland wirft der Ukraine vor, einen Angriff auf den Damm zu planen.
+++ 14.55 Uhr: Die prorussischen Behörden in Cherson haben die Menschen dazu aufgefordert, die Stadt „sofort“ zu verlassen. Grund für die Anordnung seien die „angespannten Situation an der Front“ sowie andauernde Angriffe auf die Stadt, verkündete die russische Administration am Samstag (22. Oktober) auf Telegram. Die Evakuierungen über den an Cherson grenzenden Fluss Dnepr sind seit Mittwoch in Gange. Zuvor hatten Truppen der Ukraine mehrere Ortschaften im Gebiet Cherson zurückerobert. Ukrainischen Geheimdienstinformationen zufolge bereitet sich Russland auf eine „Straßenschlacht“ vor (siehe Update von 9:51 Uhr).
+++ 13.17: Der ukrainische Stromnetzbetreiber Ukrenergo rechnet mit drastischen Konsequenzen, nachdem Russland die Energie-Infrastruktur der Ukraine am Samstag (22. Oktober) erneut mit Raketen beschossen hat. „Das Ausmaß ist vergleichbar oder übersteigt die Folgen der Angriffe vom 10. bis zum 12. Oktober“, schreibt das Unternehmen auf Facebook. Die bisherigen Beschüsse hatten bereits 40 Prozent der Energie-Infrastruktur der Ukraine zerstört, wie Präsident Wolodymyr Selenskyj mitteilte. Die Bewohner sind deshalb inmitten des Ukraine-Kriegs zum Energiesparen aufgerufen. Infolge der jüngsten Angriffe kündigte Ukrenergo ohnehin eine eingeschränkte Versorgung in verschiedenen Regionen an, darunter auch in Kiew.
+++ 11.20: Russland hat erneut Raketen auf verschiedene Regionen in der Ukraine geschossen. Ukrainische Behörden und Medien berichten über Explosionen, die am Samstag (22. Oktober) unter anderem im Gebiet Kiew stattgefunden haben. Dort sollen fünf Raketen abgefangen worden sein, wie der Berater von Präsident Selenskyj, Olexij Arestowytsch, meldete. Vitali Klitschko, Bürgermeister von Kiew, bestätigte dies.
Präsidentenberater Arestowytsch sagte, dass es in Teilen der Ukraine teils Folgen der Angriffe und durch die abgeschossenen Raketen gebe. Details nannte er nicht. Die lokalen Behörden in Riwne, Odessa und Kirowohrad meldeten jedoch neue Angriffe auf Energie-Infrastruktur, wie das ukrainische Nachrichtenportal Ukrainska Pravda berichtet. Russland hatte in den vergangenen Tagen bestätigt, derartige Ziele in der Ukraine verstärkt anzugreifen.
+++ 9.51 Uhr: Die Anspannung in der umkämpften Region Cherson im Süden der Ukraine wächst. Zwar konnte die Ukraine in den letzten Tagen immer wieder Fortschritte bei der Rückeroberung des Gebiets melden. Auch dort soll Russland allerdings weiterhin Angriffe auf kritische Infrastruktur und Wohngebäude durchführen, wie der Generalstab der Ukraine dem Nachbarland vorwirft. Ukrainischen Geheimdienstinformationen zufolge habe ein Großteil der Bevölkerung Cherson verlassen. Russland würde sich währenddessen auf „Straßenkämpfe“ vorbereiten.
+++ 7.25 Uhr: In der Nacht zum Samstag soll Russland das ukrainische Gebiet Tscherkassy angegriffen haben. Das berichtet Ihor Taburets, Leiter der Militärverwaltung der Oblast Tscherkassy, auf Telegram. „Während die Luftschutzsirene ertönte, griff der Feind das Gebiet Tscherkassy an. Die Rettungsdienste sind im Einsatz“. Weitere Informationen sind nicht bekannt. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen.
Update vom Samstag, 22. Oktober, 6.11 Uhr: Der lettische Verteidigungsminister Artis Pabriks hält Russlands Truppenaufmarsch an der Grenze zu Belarus für keine ernsthafte Bedrohung. „Wir müssen vorsichtig sein, aber ich bezweifle, dass die Russen im Moment in der Lage sind, eine weitere Front gegen die Ukraine aufzumachen, zumindest keine erfolgreiche“, sagt der Lette in einem Interview mit der New York Times am Freitag (21. Oktober). Laut Pabriks haben sich inzwischen rund 10.000 russische Soldaten an der Landesgrenze zum westlichen Nachbarn Belarus versammelt.
Die russischen Truppen könnten versuchen, Waffenlieferungen des Westens über Polen in die Ukraine zu behindern, sagt der Verteidigungsminister. „Sie könnten Dinge stören, aber es wäre sicher nicht so wie im Februar“, als Russland seinen Angriffskrieg begann, sagt Pabriks. Lettland, Mitglied des westlichen Verteidigungsbündnisses Nato, grenzt sowohl an Belarus als auch an Russland.
Erstmeldung vom Freitag, 21. Oktober: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland vorgeworfen, einen Staudamm in der südukrainischen Region Cherson vermint zu haben. „Unseren Informationen zufolge wurden die Aggregate und der Damm des Wasserkraftwerks Kachowka von russischen Terroristen vermint“, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videobotschaft am Abend. Im Falle einer Zerstörung des Staudamms würde „der Nord-Krim-Kanal einfach verschwinden“, warnte der ukrainische Staatschef. Dies wäre „eine Katastrophe großen Ausmaßes“. Der Staudamm des Wasserkraftwerks Kachowka liegt am Fluss Dnipro in der Region Cherson, die derzeit von russischen Truppen kontrolliert wird. (tvd/cs/vbu mit dpa/afp)