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Schröder-Ultimatum: SPD-Spitze drängt „komplett isolierten“ Altkanzler zu Postenverzicht

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Von: Andreas Schmid

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Gerhard Schröder steht wegen seiner Russland-Nähe im Ukraine-Konflikt in der Kritik. Nun erhöht die SPD den Druck mit einem Ultimatum.

Update vom 3. März, 22 Uhr: Auch Bundeskanzler Olaf Scholz fordert Altkanzler Gerhard Schröder (beide SPD) auf, seine Ämter bei staatlichen russischen Energieunternehmen niederzulegen. „Ich finde nicht richtig, dass Gerhard Schröder diese Ämter wahrnimmt“, sagte Scholz am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „maybrit illner“. Es sei ihm „sehr wichtig“, dass der frühere SPD-Kanzler sich von diesen Posten zurückziehe.

Die Posten bei staatlichen und halbstaatlichen russischen Energiefirmen seien „überhaupt keine private Angelegenheit“, betonte Scholz. Schröder trage auch als ehemaliger Kanzler weiter Verantwortung und müsse sich vor der Öffentlichkeit rechtfertigen. Zuvor hatte die SPD-Spitze Schröder bereits ein Ultimatum gestellt (siehe Erstmeldung).

Ukraine-Konflikt: Schröder-Ultimatum - SPD-Spitze drängt Altkanzler zu Postenverzicht

Erstmeldung vom 3. März: Berlin - Altkanzler Gerhard Schröder* nimmt im Ukraine-Krieg eine besondere Rolle ein. Der Sozialdemokrat, von 1998 bis 2005 Bundeskanzler, hat enge Beziehungen zu Russland und vor allem Wladimir Putin. Mit seinen Äußerungen zum Ukraine-Konflikt* lag und liegt der 77-Jährige weit entfernt vom Kurs der Bundesregierung. Die SPD-Spitze stellt Schröder daher nun ein Ultimatum.

Ukraine-Konflikt: SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken stellen Schröder „zeitnahes“ Ultimatum

Die SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken forderten Schröder in einem Brief ultimativ dazu auf, seine Posten bei russischen Staatsunternehmen niederzulegen. Man erwarte eine „zeitnahe“ Antwort, sagte Klingbeil am Donnerstag nach einer Sitzung des Parteivorstands. Ein konkretes Datum nannte er nicht. Sollte Schröder der Aufforderung, die bereits am vergangenen Samstag erfolgt sei, nicht nachkommen, werde man über das weitere Vorgehen beraten.

Schröder sei „komplett isoliert in der Sozialdemokratie“, sagte Klingbeil. Im Parteivorstand gebe es niemanden mehr, der Schröders Verhalten „auch nur ansatzweise gutheißt oder rechtfertigt“. Schröders Festhalten an den Mandaten sei „in keinster Weise mit der Haltung der Sozialdemokratie vereinbar“. Zuletzt hatte es bereits harsche Schröder-Kritik aus anderen Parteien* gegeben. Alle Informationen zum Hintergrund der Ukraine-Krise*.

Ukraine-Konflikt: Putin-Freund Schröder unter Druck

Schröder, der vor Scholz letzte SPD-Kanzler, gilt als langjähriger Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin*. Er ist Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft und hat Führungspositionen bei den Nord-Stream-Projekten. Bei den Pipeline-Plänen fungiert er als Lobbyist. Zudem soll Schröder einen Aufsichtsratsposten für Gazprom übernehmen, jenem Erdgasunternehmen, das in Deutschland derzeit stark in der Kritik steht. Der Fußballklub Schalke 04 beendete jüngst die Partnerschaft mit seinem langjährigen Sponsor*.

Aber auch Schröder hat bereits unmittelbare Sanktionen gegen sich erfahren müssen. So kündigten vier Mitarbeiter seines Büros. Fußball-Bundesligist Borussia Dortmund entzog ihm die Ehrenmitgliedschaft. Auch der Deutsche Fußball-Bund forderte Schröder auf, entweder auf die Funktionen in russischen Staatskonzernen zu verzichten oder seine Ehrenmitgliedschaft aufzugeben.

Gerhard Schröder und Wladimir Putin in inniger Umarmung bei der Eröffnung der Fußball WM 2018. (Archivbild)
Gerhard Schröder und Wladimir Putin in inniger Umarmung bei der Eröffnung der Fußball WM 2018 © Alexei Druzhini/Imago (Archivbild)

Ukraine-Krieg: Parteiausschussverfahren für Schröder – SPD-Ortsverein reicht Antrag ein

In der SPD gibt es einen ersten Antrag auf den Parteiausschluss Schröders, den der Ortsverein Heidelberg gestellt hat. Einen solchen Antrag kann jeder Ortsverein einreichen. Der Fall geht dann vors Schiedsgericht der Partei. Mitunter kann es einige Zeit lang dauern, bis eine Entscheidung getroffen wird. Das zeigte etwa die Causa Thilo Sarrazin. Der frühere Berliner Finanzsenators wurde erst nach mehrjährigem Hin und Her beim dritten Antrag aus der Partei entfernt.

Ukraine-Krieg: SPD-Mitglied über Schröder – „teilt Grundwerte einer Friedenspartei nicht“

Wie lange eine Entscheidung bei Schröder dauern wird, ist unklar. Es hängt wohl auch vom weiteren Verhalten des Altkanzlers ab. Der Heidelberger SPD-Kreisvorsitzende Sören Michelsburg kritisierte, dass sich Schröder nicht von Russland distanziere: „Wer Putin unterstützt, der teilt die Grundwerte einer Friedenspartei nicht.“ Ein SPD-Mitglied, das diese Werte missachte und den Krieg eines Autokraten unterstütze, sei für die Partei nicht mehr tragbar.

Als Kanzler Olaf Scholz* vor der Eskalation im Ukraine-Konflikt in Moskau war, lobte Putin Schröder als „anständigen Menschen“ und „unabhängigen Experten“*. Scholz stellte daraufhin klar: „Er (Schröder) spricht nicht für Deutschland, sondern nur für sich.“ Das hat die SPD, die sich zwischenzeitlich teils schwer mit der Distanz zum Altkanzler getan hat, nun erneut betont. Alle Informationen zum Ukraine-Konflikt finden Sie in unserem News-Ticker zu den Verhandlungen im Ukraine-Krieg sowie zur militärischen Lage im Ukraine-Krieg. (as) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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