Update vom 10. April, 9.30 Uhr: Nach Angaben des Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg, arbeitet das Militärbündnis an Plänen für eine ständige Militärpräsenz an ihren Grenzen. Damit wolle man künftigen russischen Aggressionen vorbeugen. Infolge der Handlungen von Russlands Präsident Wladimir Putin werde die Nato gerade grundlegend umgestaltet, sagte Stoltenberg der Zeitung The Telegraph. „Was wir jetzt sehen, ist eine neue Realität, eine neue Normalität für die europäische Sicherheit“, betonte Stoltenberg im Interview.
Update vom 10. April, 9.15 Uhr: Die Ukraine rechnet nicht mit einem baldigen Treffen zwischen Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin. Für künftige Verhandlungen besteht die ukrainische Regierung weiterhin auf starken Sicherheitsgarantien. Allerdings werde sie diese in den kommenden Wochen nicht bekommen, wie Präsidentenberater Mychajlo Podoljak im ukrainischen Fernsehen mitteilte. „Zu sagen, dass sie sich in einer Woche, in zwei Wochen treffen werden – nein, das wird so nicht passieren“.
Die Regierung bereite sich erstmal auf Kämpfe im Donbass vor, sagte er. Anschließend habe sie dann „eine stärkere Verhandlungsposition“ für ein mögliches Präsidententreffen. „Ja, es ist hart, wir verlieren jeden Tag Menschen und Infrastruktur. Aber Russland muss sich von seinen imperialen Illusionen befreien“, betonte Podoljak. Für ihre Verhandlungsforderungen zahle die Ukraine einen sehr hohen Preis. „Der Präsident der Ukraine wird in Verhandlungen gehen, wenn wir absolut klare Positionen dafür haben.“
Auch der ukrainische Chefunterhändler bei den Verhandlungen mit Russland, David Arachamija, sieht keine absehbaren Fortschritte. „Wir werden keine Gebiete aufgeben, und wir werden nichts anerkennen“, sagte Arachamija mit Blick auf die 2014 von Russland annektierte Krim und die ostukrainischen „Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk, die Putin vor der Invasion als unabhängige Staaten anerkannt hatte.
Update vom 9. April, 20.05 Uhr: Die Ukraine und Russland haben nach Kiewer Angaben zum dritten Mal seit Kriegsbeginn Gefangene ausgetauscht. Insgesamt seien 26 Ukrainerinnen und Ukrainer aus russischer Gefangenschaft zurückgekehrt, teilte Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk am Samstag auf Facebook mit. Wereschtschuk schrieb, der Austausch sei auf Befehl von Präsident Wolodymyr Selenskyj erfolgt. Es gab keine Angaben über den Ort des Austauschs und die Zahl der überstellten russischen Soldaten.
In Moskau teilte die russische Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkowa mit, beide Seiten hätten auch Fernfahrer ausgetauscht, die im anderen Land festsaßen. 32 russische und 20 ukrainische Fernfahrer seien in ihre Heimat zurückgekehrt, meldete die Agentur Tass.
Update vom 9. April, 19.27 Uhr: Boris Johnson war am Samstag unerwartet zu Besuch in Kiew (Update vom 9. April, 16.35 Uhr). Der britische Premierminister hat der Ukraine zur Abwehr des russischen Angriffs 120 gepanzerte Fahrzeuge und Anti-Schiffsraketensysteme zugesagt. „Wir steigern unsere militärische und wirtschaftliche Unterstützung und bringen eine weltweite Allianz zusammen, um diese Tragödie zu beenden“, sagte Johnson nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Die neuen Waffenlieferungen gingen über die Zusage vom Vortag hinaus, Rüstungsgüter im Wert von 100 Millionen Pfund (120 Millionen Euro) zu schicken, teilte die britische Regierung mit.
Update vom 9. April, 17.13 Uhr: Eine internationale Geberkonferenz für die Ukraine-Flüchtlingshilfe in Warschau hat Spenden- und Kreditzusagen in Höhe von 9,1 Milliarden Euro eingebracht. Einberufen wurde die Geberkonferenz von der Nichtregierungsorganisation Global Citizen, der EU-Kommission und der kanadischen Regierung. Die Gelder sollen etwa an Projekte der Vereinten Nationen und örtlicher Hilfsorganisationen gehen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte per Videobotschaft am Samstag, Deutschland stelle zusätzliche 425 Millionen Euro an humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe für die Ukraine und ihre Nachbarstaaten sowie 70 Millionen Euro an medizinischer Unterstützung zur Verfügung.
Update vom 9. April, 16.35 Uhr: Der britische Premierminister Boris Johnson ist unangekündigt nach Kiew gereist und hat dort den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getroffen. Das teilten sowohl die britische als auch die ukrainische Seite am Samstag mit. „Gerade jetzt hat ein Vier-Augen-Gespräch mit Präsident Selenskyj begonnen“, schrieb der stellvertretende Leiter des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Sybiha, am Samstag auf Facebook. Auch die britische Außenministerin Liz Truss bestätigte das Treffen auf Twitter.
„Der Ministerpräsident ist in die Ukraine gereist, um Präsident Selenskyj persönlich zu treffen, als ein Zeichen der Solidarität mit dem ukrainischen Volk“, sagte ein britischer Regierungssprecher. Johnson wolle ein neues Paket finanzieller und militärischer Hilfe darlegen.
Der britische Premier hatte am Freitag bei einem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigt, weitere Waffen im Wert von 100 Millionen Pfund (umgerechnet rund 120 Millionen Euro) an die Ukraine zu schicken. Darunter waren auch die Boden-Luft-Raketen vom Typ Starstreak. Selenskyj bezeichnete Großbritannien als „Führer bei der Verteidigungsunterstützung der Ukraine“.
Update vom 9. April, 16.30 Uhr: Angesichts der erwarteten russischen Offensive in der Ostukraine drängt der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell die Mitgliedstaaten der Europäischen Union* dazu, ihre Waffenlieferungen zu verstärken. „Legt den Schwerpunkt auf Waffenlieferungen“, forderte er am Samstag nach seinem Besuch in Kiew auf seiner Rückreise nach Polen vor Journalisten. „Sanktionen sind wichtig, aber Sanktionen werden das Problem der Schlacht im Donbass nicht lösen.“ Es sei klar: „Der Krieg wird in der Schlacht um den Donbass entschieden.“
Sanktionen sind wichtig, aber Sanktionen werden das Problem der Schlacht im Donbass nicht lösen.
„Alle fragen mich, wann stoppst du das Gas. Was den Krieg angeht, ist das nicht die Schlüsselfrage“, betonte Borrell. „Auch wenn man morgen aufhört, Gas zu kaufen, wird Russland weiter kämpfen.“ Russland werde wohl noch genug Geldreserven haben, um den Krieg noch eine Weile fortzusetzen. Die absolute Schlüsselfrage sei daher die der Waffenlieferungen: „Wann und wie und was wird geliefert.“
Borrell war am Freitag zusammen mit der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Kiew, um mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und anderen Regierungsvertretern zu sprechen.
Update vom 9. April, 14.55 Uhr: Ungeachtet mutmaßlich von Russland begangener Kriegsverbrechen setzt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eigenen Aussagen zufolge derzeit weiter auf Friedensverhandlungen mit Moskau. „Leider sehen wir parallel die Vorbereitungen für einen wichtigen - einige sagen: den entscheidenden - Kampf im Osten unseres Staates“, sagte Selenskyj nach einem Treffen mit Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer in Kiew.
„Eine große Zahl an Truppen, Technik und Waffen. Bewaffnete Menschen, die noch einen weiteren Teil unseres Landes besetzen wollen“, sagte Selenskyj. Das werde eine schwere Schlacht. Trotzdem sei Kiew „vorerst“ zu Verhandlungen mit Russland bereit. Selenskyj dankte Nehammer für seine Reise in die vom Krieg erschütterte Ukraine. „Das ist ein wunderbares Signal, dass die Führer europäischer Staaten damit anfangen, hierher zu kommen und uns nicht nur mit Worten unterstützen.“
Update vom 9. April, 12.50 Uhr: Die Europäische Union hat Russland für den Raketenangriff mit Dutzenden Toten auf einen Bahnhof im ukrainischen Kramatorsk verantwortlich gemacht und ihn als Kriegsverbrechen bezeichnet. Die EU sei zutiefst schockiert von Russlands Angriff, sagte der außenpolitische Sprecher der EU in einer Mitteilung. „Das war ein brutaler, wahlloser Bombenangriff auf unschuldige Zivilisten, darunter viele Kinder, die auf der Flucht waren aus Angst vor einem weiteren russischen Angriff auf ihre Heimat und ihr Land“, sagte der Sprecher.
Die Verantwortlichen für dieses Kriegsverbrechen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. „Die von den russischen Streitkräften begangenen Gräueltaten in Butscha, Borodjanka und anderen Städten und Dörfern, die jüngst durch die ukrainische Armee von der russischen Besatzung befreit wurden, sowie der brutale Angriff auf den Bahnhof von Kramatorsk sind Teil der verwerflichen Zerstörungstaktiken des Kremls“, hieß es weiter. „Die eklatanten Versuche, die Verantwortung Russlands für diese und andere Verbrechen durch Desinformation und Medienmanipulationen zu verschleiern, sind inakzeptabel“, unterstrich der Sprecher.
Update vom 9. April, 12.20 Uhr: Österreichs Kanzler Karl Nehammer ist zu einem Solidaritätsbesuch in Kiew eingetroffen. In der ukrainischen Hauptstadt wird er mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und Bürgermeister Vitali Klitschko zusammenkommen. Außerdem will er die Stadt Butscha besuchen, wo mehrere Hundert Zivilisten bei einem Massaker getötet wurden.
Erst am Vortag hatte eine Delegation um EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell Kiew und Butscha besucht. Die bekannt gewordenen Kriegsverbrechen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine müssten von unabhängigen und internationalen Experten lückenlos aufgeklärt werden, forderte Nehammer bei der Anreise vor Journalisten. Ziel des Besuchs sei es, die Ukraine bestmöglich humanitär und politisch zu unterstützen.
Erstmeldung: München - Im Ukraine-Konflikt laufen zwar weiterhin Bemühungen um eine diplomatische Lösung der Auseinandersetzungen durch Ukraine-Verhandlungen, doch wegen der Kampfhandlungen und mutmaßlicher russischer Kriegsverbrechen drohen die diplomatischen Lösungsansätze vollständig zusammenzubrechen.
Nur wenige Tage nach dem Massaker im Kiewer Vorort Butscha* ereignete sich schon der nächste dramatische Angriff auf Zivilisten. In der ostukrainischen Stadt Kramatorsk schlug eine Rakete im Bahnhof ein, wo Menschen auf Evakuierung warteten. Nach Angaben lokaler Behörden kamen dabei mindestens 52 Menschen ums Leben. Sowohl die Ukraine* als auch die USA* machten Russland für den Angriff verantwortlich. Moskau bestreitete einen solchen Angriff durchgeführt zu haben. Inzwischen intensivieren sich Kämpfe im Donbass, wo die USA eine „blutige und hässliche Offensive“ erwarten. Diese Karte zeigt, wo der Ukraine-Krieg wütet.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Länder der Welt nun zum Handeln aufgerufen. „Das ist ein weiteres Kriegsverbrechen von Russland”, sagte Selenskyj in seiner Botschaft auf Telegram mit Blick auf den Raketenangriff in Kramatorsk. Man erwarte eine „kräftige globale Antwort auf dieses Kriegsverbrechen”, so der ukrainische Staatschef.
Ähnlich wie das Massaker in Butscha und „weitere russische Kriegsverbrechen” müsse auch der Angriff auf den Kramatorsk-Bahnhof Bestandteil eines Gerichtsverfahrens gegen Russland sein. Die Welt müsse zudem herausfinden, wer den Befehl gegeben habe und wie man den Schlag auf den Bahnhof koordiniert habe. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. „Die Verantwortung ist unvermeidbar”, unterstrich Selenskyj an dieser Stelle.
Der ukrainische Präsident bedankte sich daneben für die finanziellen Hilfen der Europäischen Union für unter anderem die Anschaffung von Waffen und die Unterstützung bei der Untersuchung des Angriffs auf Kramatorsk. In diesem Zusammenhang erwähnte er insbesondere den Besuch der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen*. Gleichzeitig betonte er jedoch, existierende westliche Sanktionen gegen Russland seien nicht genug. „Der Druck auf Russland muss erhöht werden”, sagte Selenskyj und fügte hinzu: „Ein komplettes Energie-Embargo auf Öl und Gas ist nötig.”
Einige im Westen würden immer noch einen „weichen” Umgang mit dem russischen Staat an den Tag legen, kritisierte Selenskyj außerdem in seiner Nachricht. Dies sei falsch. Der ukrainische Präsident warf manchen westlichen Staaten überdies vor, zu versuchen, die Sanktionen gegen Russland abzuschwächen. Um welche Staaten es sich dabei handelt, nannte er jedoch nicht, aber man kenne sie: „Wir wissen, welche Staaten ständig versuchen, Sanktionsvorschläge abzuschwächen.”
Die Ukraine werde alles tun, um Europa zu zeigen, dass man auf jeden Fall kräftigere Sanktionen gegen Russland verhängen müsse. „Wir kennen alle, die die Entscheidungen verzögern”, betonte Selenskyj erneut. Doch man sei „zuversichtlich”, dass auch diese Länder und Politiker aufgrund der russischen Aktionen gegen die „Freiheit in Europa“ ihren Standpunkt ändern würden. (bb) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA