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Söder und der böse Wolf - Schönwetter-Wahlkampf in den Alpen

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Hauptalmbegehung vom Almwirtschaftlichen Verein
Hauptalmbegehung vom Almwirtschaftlichen Verein © dpa / Lino Mirgeler

Die Hauptalmbegehung bietet immer zweierlei: Einen spektakulären Blick auf Bayerns Bergwelt – und politische Diskussionen über die Zukunft der Almwirtschaft. Wie so oft stand auch dieses Jahr der Wolf im Vordergrund. Die Staatsregierung verspricht Unterstützung für die Almbauern.

Schliersee - Ministerpräsident Markus Söder und drei Kabinettsmitglieder: Mit einer ungewohnt starken Riege ist die Staatsregierung am Mittwoch zur traditionellen Hauptalmbegehung angetreten. An der Kreuzbergalm bei Schliersee präsentiert sich Söder mit seiner Stellvertreterin Ilse Aigner, Agrarministerin Michaela Kaniber und Umweltminister Marcel Huber (alle CSU) fürs Foto unterm Kreuz. Aber klar, im Herbst ist ja Landtagswahl, und die Umfragen für die CSU schauen nicht gut aus. Die Almbauern symbolisierten das, „was unser Land ausmacht“, Tradition und Liebe zur Heimat, sagt Söder.

Blau-Weiße Bauchpinselei

„Hier ist Bayern ganz besonders schön“, betont er. Bei strahlend blauem Himmel nach der Ankunft auf der Alm im Landkreis Miesbach mit dem fantastischen Blick zum Wendelstein hat Aigner zuvor gesagt: „Herzlich willkommen in meinem Stimmkreis.“

Eingeladen hat der Almwirtschaftliche Verein Oberbayern. Das Problem, das Vorstand Georg Mair dem Ministerpräsidenten - dem zweiten, der in der hundertjährigen Geschichte des Freistaats an der Begehung teilnehme - vor allem mitgibt, ist zwar nicht „das Wahlkampfthema schlechthin“. Und es ist auch nicht direkt akut. Dennoch treibt die befürchtete Ankunft eines Wolfes die Bauern um. In der kleinräumigen Almwirtschaft im unwegsamen Gelände sei ein Schutz der Weidetiere nicht möglich, sagt Mair. Würden aber Almen nicht mehr beweidet, verschwinde die Kulturlandschaft.

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Die Staatsregierung, auf das Thema vorbereitet, sagt volle Unterstützung zu. „Die Alm ist bislang auch ohne den Wolf ausgekommen“, sagt Söder. Laut Huber soll eine Weidekommission prüfen, auf welchen Almen ein Schutz der Weidetiere vor dem Wolf nicht möglich ist. Dort könnte ein Wolf dann trotz strengen Schutzes vergrämt, gefangen oder abgeschossen werden.

122 000 Kilometer wolfssicherer Zaun sind unerealistisch

Kaniber zitiert Berechnungen der Landesanstalt für Landwirtschaft, demnach wären 122 000 Kilometer wolfssicherer Zaun nötig, um die bayerischen Weiden zu schützen. Niemand könne das gutheißen. Auch Aigner sagt, ein wirksamer Schutz von Almen sei kaum vorstellbar.

Gerade im Bergland wären Zäune extrem aufwändig. Unterhalb der Alm haben die Bauern einen aufgebaut: Doch selbst zwei Meter überspringe der Wolf, sagen sie. Es sei ein Märchen, dass ein Zaun helfe.

Hauptalmbegehung vom Almwirtschaftlichen Verein
Hauptalmbegehung vom Almwirtschaftlichen Verein © dpa / Lino Mirgeler

Noch schlimmer als die Wölfe sind die Touristenscharen

Sichtbarer als der Wolf haben allerdings die Touristenscharen ihre Spuren hinterlassen. Almbesitzer Josef Eham zeigt auf den Hang gegenüber der Kreuzbergalm. Tiefe sandige Spuren führen in Kurven bergab. Moutainbiker - immer öfter auch mit E-Bikes und damit noch geländegängiger unterwegs - haben sie beim Bremsen hinterlassen. „Wenn wir Niederschlag haben, ist es wie ein Wasserfall“, sagt Eham. Die Erosion schreitet voran. „Wir haben Elektrozäune.“ Sie sind eigentlich fürs Vieh - aber sie halten auch Touristen ab, die sonst einfach über die Weide marschieren.

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Naturschutz-Ranger sollen Städter erziehen

Der Ansturm der Erholungssuchenden aus dem rund 60 Kilometer entfernten München bringt manchen Almbauern an die Grenze. Aigner spricht vom zunehmenden Druck auf die Erholungsgebiete hier. Auch beim Landratsamt Miesbach macht man sich Gedanken. Es müssten Lösungen auf freiwilliger Basis gefunden werden, sagt Josef Faas, Leiter fachlicher Naturschutz. „Wir bräuchten als ersten Schritt auch Naturschutzranger.“ Schließlich helfe keine Regel, wenn sie nicht kontrolliert werde.

Vielfach fehlt es an Wissen und Sensibilität. Einige Städter lassen ihre Drohnen fliegen - ohne daran zu denken, dass sie das Vieh verschrecken und Panik auslösen. Hunde der Ausflügler hinterlassen ihre Häufchen auf den Weiden und damit auf dem Futter der Kühe, die davon erkranken. Und freilich: Wenn diese Hunde, die Touristen, der Wolf und womöglich Herdenschutzhunde zusammentreffen würden, ginge das wohl nicht gut aus. Aber jedenfalls macht den Almbauern nicht nur der Wolf Sorgen.

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dpa

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