Gerade jetzt ist Peskow, der angeblich aus einer Moskauer Diplomatenfamilie stammt, von großem Nutzen für Putin: Während der Präsident sich abschottet und seinen Furor bei den wenigen Auftritten nur schwer verbergen kann, scheut sein Sprecher das Gespräch nicht. Ruhig, höflich und in sauberem Englisch erklärt er, was der Kreml nach eigenem Bekunden für die Wahrheit hält; bei CNN, im US-Sender PBS, bei den täglichen Presse-Briefings. Doch die gräuliche Schnurrbart-Beamten-Fassade trügt.
Auch das Weiße Haus in Washington hält Peskow für einen „Top-Lieferanten von Putins Propaganda“. Dass ihm nicht zu trauen ist, zeigte sich schon im Februar. Da bestritt er rundheraus, dass der Kreml einen Angriff auf die Ukraine plane. Das zu tun, sei „Wahnsinn“, sagte er bei CNN. Eine Woche später gab Putin den Angriffs-Befehl.
Auch deshalb steht er inzwischen auf diversen Sanktionslisten (USA, Australien, Kanada, EU) – Washington gilt er als „Ermöglicher“ Putins. Sein Auslands-Vermögen ist eingefroren. Ebenfalls betroffen sind seine dritte Frau – die ehemalige russische Eislauf-Olympiasiegerin Tatjana Nawka – und zwei seiner fünf Kinder.
Vielleicht auch aus eigener Betroffenheit nannte Peskow die westlichen Sanktionen* bei PBS einen „totalen Krieg“ des Westens gegen Russland. Dass es in seinem Fall um deutlich mehr geht als um ein Beamtengehalt, ist offensichtlich. Das US-Finanzministerium wirft ihm „unrechtmäßig erworbenen Reichtum“ vor, der sich nur durch die Verbindungen zu Putin erklären lasse. Seine Frau soll über ein stattliches Immobilien-Vermögen in Moskau und auf der von Russland annektierten Krim verfügen, Ex-Frau und Tochter Elizaveta besitzen laut NDR und WDR eine Luxus-Immobilie in Paris.
Der durchaus protzige Lebensstil der Familie ist bekannt. Sohn Nikolay arbeitete zeitweise für den Propaganda-Sender RT und zeigt sich gerne mit Luxusautos, Tochter Elizaveta stellt ihr Luxusleben in den sozialen Medien offen zur Schau. Die 24-Jährige war es auch, die zu Beginn des russischen Angriffskrieges für eine kleine Erschütterung sorgte. Bei Instagram postete sie die Worte „Nein zum Krieg“, löschte den Eintrag aber bald. Später erklärte sie, sie habe sich nicht auf die Ukraine bezogen – sie sei „für Frieden überall auf der Welt“.
An der Linientreue ihres Vaters gibt es jedenfalls keine Zweifel. Er verbreitet das russische Narrativ der „Spezialoperation“ munter weiter. Gefragt, ob Putin Nuklearwaffen einsetzen werde, antwortete Peskow bei PBS übrigens, niemand in Moskau denke auch nur daran*. Das wäre beruhigend, wenn man ihm denn glauben könnte. *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA