Putins Attacken auf Europas Demokratien laufen nach Plan
Seit Jahren unterstützt die russische Regierung extreme politische Bewegungen in Europa. Unter dem Druck der Energiekrise gewinnen diese an Boden.
Frankfurt – Während der militärische Fortschritt Russlands im Ukraine-Krieg zunehmend stagniert, scheinen russische Bemühungen, Europa politisch zu spalten, allmählich Blüte zu tragen. Von Italien bis nach Schweden können sich populistische und nationalistische Kräfte Hoffnungen auf wesentliche Regierungsbeteiligungen machen. Viele dieser Bewegungen verfolgen eine Politik, von der auch die Regierung Wladimir Putins profitieren würde.
Ein Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Unterstützung der Ukraine durch Hilfslieferungen und Sanktionen gegen Russland. Viktor Orbán, der rechtsgerichtete Ministerpräsident Ungarns, bekräftigte zuletzt seine Absicht, das Verhältnis Ungarns zu Russland aufrechtzuerhalten und stellte weitere EU-Sanktionen infrage. In Italien könnten bald auch wieder Putin-nahe Figuren wie Silvio Berlusconi und Matteo Salvini mitregieren.
Putin findet auch in Deutschland Unterstützer
Während in Deutschland Wahlerfolge extremer Parteien bislang ausgeblieben sind, wird auch hier Stimmung gegen die Unterstützungen der Ukraine gemacht. Immer wieder kommt es zu Demonstrationen, die vermeintliche Russland-Feindlichkeit beklagen oder die russische Invasion mit dem Kampf gegen Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg gleichsetzen.
Die AfD hatte für den Herbst und Winter wiederholte Proteste angekündigt. Zu den Forderungen zählt dabei auch ein Ende für die Sanktionen gegen Russland. In Leipzig demonstrierten am Montag rechte Gruppen und verlangten unter anderem die Inbetriebnahme der Nord-Stream-2-Pipeline.

Auch die Linke hat einen „heißen Herbst“ der Proteste angekündigt. Auf dem Parteitag im Juni hat sich die Partei jedoch nach internen Streitigkeiten gegen Russland positioniert. Der Angriffskrieg Russlands wurde dort als „imperialistisch“ betitelt und Sanktionen gegen die politische Elite um Putin befürwortet. Prominente Stimmen innerhalb der Partei, wie Sahra Wagenknecht oder Klaus Ernst kritisieren die Parteilinie jedoch und setzen sich für eine Einigung mit Russland ein.
Kreml setzt auf Unzufriedenheit in den Wintermonaten
Besonders im Laufe der Herbst- und Wintermonate wird jedoch befürchtet, dass die Stimmung vielerorts sich gegen eine weitere Unterstützung der Ukraine wenden könnte. Im ARD-DeutschlandTrend gaben Mitte Juli bereits ein Drittel der Befragten an, Sanktionen gegen Russland im Angesicht der Nachteile für Deutschland nicht zu unterstützen. Unter den Befragten in Ostdeutschland teilte mehr als die Hälfte diese Meinung. Im März hatte eine Befragung des DeutschlandTrends noch ergeben, dass nur 14 Prozent der Bevölkerung der Meinung waren, dass die Reaktion der Bundesregierung auf die russische Invasion zu weit gehe.
Im europäischen Ausland zeigt sich eine Unzufriedenheit bereits deutlicher. Am Samstag versammelten sich in Prag rund 70.000 Menschen auf einer Demonstration, die von rechtsextremen Gruppen und der kommunistischen Partei mitorganisiert wurde, um unter anderem gegen den Ukraine-Kurs der EU zu protestieren. In Österreich konnte in letzter Zeit die pro-russische FPÖ Gewinne in Meinungsumfragen verzeichnen.
Putin zielt auf Verunsicherung und Handlungsunfähigkeit
Entwicklungen wie diese spielen dem Kreml durchaus in die Hände. Wie Politico berichtet, sind dies Symptome einer langjährigen Kampagne seitens Russlands, in europäischen Ländern den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu schwächen. Bei der Unterstützung extremer politischer Bewegung sei dabei nicht unbedingt das Ziel, einen russlandfreundlichen Politikwandel zu erzielen, sondern auch Unsicherheit durch eine zunehmende Polarisierung zu verbreiten. (nt)