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CDU lässt Merkel-Plan platzen: Scholz eskaliert Mieten-Streit öffentlich - „Fest im Lobby-Griff“

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Von: Florian Naumann

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Olaf Scholz schießt heftig gegen die Mietpläne der Unionsfraktion.
Auftritt mit Wut im Bauch: Olaf Scholz schießt heftig gegen die Mietpläne der Unionsfraktion. © Wolfgang Kumm/dpa

Steht das Klimagesetz wieder auf der Kippe? Die Unionsfraktion cancelt einen Mieter-Kompromiss aus Merkels Kabinett - Vizekanzler Scholz zürnt öffentlich.

Berlin/Bernau - Als Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) Mitte Mai das überarbeitete Klimaschutzgesetz der GroKo vorstellte, war ihr die Genugtuung förmlich anzusehen - nicht nur in Sachen der geschärften Klimaziele. Ein „Unfug“ werde abgeschafft, freute sie sich: Künftig sollten Mieter und Vermieter Mehrkosten für das Heizen hälftig aufteilen, erklärte sie die Einigung im Kabinett Merkel. Doch genau dieser Plan scheint nun geplatzt. Die Unionsfraktion will den Kompromiss der Kanzlerin offenbar nicht mittragen. Die Zeichen stehen in der Koalition nun auf Sturm.

Denn der CDU-Rechtspolitiker Jan-Marco Luczak hat den Mieten-Kompromiss im Klimapaket stellvertretend für seine Fraktion vom Tisch gewischt: „Die hälftige Umwälzung der CO2-Verbrauchskosten auf die Vermieter stellt einen fundamentalen Bruch des Verursacherprinzips dar“, erklärte er am Dienstag. Auf Twitter wurde er noch deutlicher: „Es gibt keine Einigung!“ Die Retourkutsche der SPD folgte am Mittwoch - von Vizekanzler Olaf Scholz höchstpersönlich. Mitten in einer Pressekonferenz zum Thema Pflegereform attackierte er die Union scharf: Ihre Fraktion sei „fest in Lobbyhand“, polterte er.

Scholz eskaliert Mietenstreit mit der CDU: „Lobby hat meinen Koalitionspartner fest im Griff“

Ob die Pläne aus Merkels Kabinett es kurz vor der Sommerpause doch noch durch den Bundestag schaffen - es scheint völlig offen. „Vermieter haben auf das Verbrauchsverhalten von Mietern keinerlei Einfluss, sie sollen aber dennoch dafür zahlen“, stellte Luczak den Unions-Standpunkt klar: „Damit werden sogar Anreize für klimaschädliches Nutzerverhalten geschaffen.“ Die Regelung könne sogar zum Nachteil für kinderreiche Familien oder Senioren mit höherem Heizbedarf werden, warnte der Abgeordnete.

Ganz anders beurteilte Scholz die Situation. Klar sei bereits jetzt, dass Heizkosten durch die Klimabepreisung steigen werden, warnte der Kanzlerkandidat der SPD*. Er sei „sehr empört darüber, dass eine Lobby meinen Koalitionspartner fest im Griff hat, die verhindert, dass diese Preise nicht durchschlagen auf die Mieterinnen und Mieter“. Die Kostenteilung zwischen Mietern und Vermietern sei bereits ausgehandelt gewesen. „Aber das ist der Immobilienlobby zu viel und das ist denjenigen, die in der CDU-Fraktion das Sagen haben, auch zu viel.“

Das Thema tauchte vermutlich aufgrund des Vetos der Unionsfraktion am Mittwoch nicht in der Kabinettssitzung auf. Wohl auch zum Unwillen von Bauminister Horst Seehofer (CSU). Seehofer habe sich „dafür ausgesprochen, dass nicht nur die Verantwortung, sondern auch die Kosten geteilt werden müssen“, erklärte ein Ministeriumssprecher. Nun komme es zu einer Verzögerung - man werde sich den nötigen Gesprächen aber stellen. Merkels stellvertretende Sprecherin Martina Fietz sprach von einem normalen Vorgang - es sei „das Recht des Parlaments“, Themen „weiterzuentwickeln“.

Merkel plötzlich in heftigem Mietstreit: Klimagesetz nun wieder auf der Kippe?

Der Streit um die Kosten des Klimawandels war zuletzt ohnehin virulent: Auch die Grünen hatten zuletzt heftige Kritik für ihre Pläne zu höheren Energiekosten kassiert - wenngleich selbst Vertreter finanziell schwächerer Menschen der Partei beisprangen. Im gegebenen Fall ist das Problem allerdings noch einmal drängender. Die von der Union beanstandete Mieten-Regelung ist Teil des neuen Klimaschutzgesetzes. Und dessen Neufassung hatte das Bundesverfassungsgericht angemahnt.

Angela Merkel* dürfte auf den letzten Metern ihrer Kanzlerschaft also noch einmal ein Einsatz als Schlichterin ins Haus stehen. Ohnehin stehen noch einige Projekte der GroKo auf der Kippe: So könnte etwa eine Reform der Parteispenden scheitern. Und auch die am Mittwoch von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) - getrennt voneinander - vorgestellte Pflegereform ist noch nicht vollends in trockenen Tüchern. Sie muss wie das Klimagesetz noch durch den Bundestag*. Einsprüche aus den Fraktionen sind also auch in diesem Fall noch möglich.

Unterdessen könnte der Großen Koalition die Zeit davon laufen. Nur noch zwei Sitzungswochen stehen im Bundestag in dieser Legislaturperiode auf dem Programm: In der kommenden Woche und von 21. bis 25. Juni. Das Justizministerium hoffte laut eines Sprechers dennoch auf eine Verabschiedung des Gesetzes - mit Kostenteilung für Vermieter und Mieter. (fn) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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