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„Können nicht x-beliebig viele Menschen aufnehmen“: CDU-Landrat fordert schnelles Rückführen

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Von: Florian Naumann, Jens Kiffmeier, Bona Hyun

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Ukraine-Krieg, Erdbeben, Konflikte: Viele Menschen flüchten nach Deutschland. Auch nach dem Flüchtlingsgipfel mit Faeser gibt es viele offene Fragen.

Update vom 17. Februar, 10.25 Uhr: Auch nach dem Flüchtlingsgipfel sind noch viele Fragen offen. Die Lage in den Kommunen spitzt sich zu, es gibt kaum noch Plätze, Flüchtige unterzubringen. „Wir müssen ehrlich sein, wir können nicht x-beliebig viele Menschen bei uns aufnehmen“, sagte CDU Landrat Christian Engelhardt bei ZDF heute. Es gebe irgendwann Grenzen, so Engelhardt. Man müsse sich auf die konzentrieren, die aus humanitären Gründen aufgenommen werden müssten. Engelhardt hält ein schnelleres Rückführen und bessere Grenzkontrollen für notwendig. „Selbst wenn Asylrecht abgelehnt wurde, bleiben die Menschen meist hier“, kritisierte Engelhardt.

Christian Engelhardt (CDU), Landrat des Landkreises Bergstraße, steht auf dem Gelände der Flüchtlingsunterkunft.
Nach dem Flüchtlingsgipfel: CDU-Landrat Christian Engelhardt fordert ein schnelleres Rückführen und bessere Grenzkontrollen. © Arne Dedert/dpa

Flüchtlingsgipfel in Berlin: Linke befeuert Debatte um Unterbringung von Geflüchteten

Update vom 16. Februar, 14.00: Die Linke hat die Debatte zur Unterbringung von Geflüchteten mit einem eigenen Vorschlag befeuert: So forderte Parteichefin Janine Wissler weitere Gebäude des Bundes und einen staatlichen Zugriff auf ungenutzte Häuser. „Unbegründet leerstehende Gebäude in privatem Besitz müssen notfalls zeitweise beschlagnahmt werden, um sie sinnvoll zu nutzen“, sagte sie laut der Nachrichtenagentur dpa mit Blick auf den Flüchtlingsgipfel mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Die SPD-Politikerin hatte jedoch zuvor bereits mehr Engagement des Bundes bei der Unterbringung zugesichert.

Flüchtlingsgipfel in Berlin: Faeser will „über Grundstücke, über frei stehenden Wohnraum reden“

Update vom 16. Februar, 11.15 Uhr: Friedensangebot zur Unterbringung von Geflüchteten: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will Ländern und Kommunen bei dem heutigen Flüchtlingsgipfel den Ländern und Kommunen konkrete Vorschläge zur Unterbringung von Geflüchteten machen.

„Das Bauministerium ist heute vertreten, sodass wir noch mal konkret auch über Grundstücke, über frei stehenden Wohnraum reden können“, sagte Faeser im ARD-„Morgenmagazin“. Aus ihrer Sicht sollen etwa Grundstücke für Container und die Reaktivierung von Wohnraum in einem erleichterten Bauverfahren helfen. Beim Thema Geld vertröstete sie aber die Länderchefs. Dies müsse mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einer Runde vor Ostern beraten werden, sagte sie. Zuvor hatten sich Länder und Kommunen über die schlechte Unterstützung des Bundes beschwert.

Flüchtlingsgipfel in Berlin: Worum geht es bei dem Treffen von Faeser mit den Kommunen?

Erstmeldung vom 15. Februar 2022, 12.22 Uhr: Berlin - Vehement hatten Städte, Gemeinden und Bundesländer zuletzt einen neuen „Flüchtlingsgipfel“ gefordert - Bundestags-Oppositionsführer Friedrich Merz wollte ihn sogar als Chefsache von Kanzler Olaf Scholz‘ (SPD) deklariert wissen. Am Donnerstag (16. Februar) ist es nun soweit: Der Gipfel findet statt. Wenn auch „nur“ unter Leitung von Innenministerin Nancy Faeser (SPD).

Bei dem Termin könnte es heftig krachen. Länder und Kommunen sehen sich unter enormem Druck, finanziell und organisatorisch. Auch Sporthallen könnten wieder als Unterkunft zum Einsatz kommen müssen, hieß es mancherorts. Doch Faeser und auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) bremsen eher bei Hilfen aus Berlin. Neuen Zündstoff lieferte am Mittwoch (15. Februar) auch eine Warnung des Deutschen Städtetags.

„Flüchtlingsgipfel“ mit Faeser: Städtetag warnt bereits vor „Spannungen“ wegen Unterbringung

„Soziale Spannungen wachsen zum Teil in der Nähe von Einrichtungen für Geflüchtete. Das macht uns in den Städten große Sorgen“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der Rheinischen Post. Er sprach damit indirekt ein heikles Thema an - die Sorge vor Übergriffen. In Erinnerung sind etwa die rassistischen Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen in den 1990er-Jahren. Dort hatten Neonazis Unmut über die organisatorische Situation vor Ort für Brandstiftung und Krawalle genutzt. Auch in den vergangenen Jahren gab es immer wieder Anschläge auf Geflüchteten-Unterkünfte.

Die Zahl der Flüchtlinge werde weiter steigen, sagte Dedy voraus. So würden nun auch aus dem türkisch-syrischen Erdbebengebiet Menschen nach Deutschland kommen. Zelte, Containerdörfer und Messehallen in den Städten hätten aber kaum noch freie Plätze.

Der Bund müsse deshalb eigene Aufnahmekapazitäten „als Puffer“ aufbauen und sich dafür mit den Ländern abstimmen. Zugleich fehlt es nach Ansicht des Städtetages an Personal sowie an Kita- und Schulplätzen für Geflüchtete. Ohne weitere finanzielle und personelle Unterstützung von Bund und Ländern könne die Integration nicht gelingen. „Die finanziellen Mittel für die Aufnahme der Geflüchteten müssen dynamisch an die tatsächliche Zahl der Geflüchteten angepasst werden“, forderte Dedy.

Flucht nach Deutschland: Krisen haben Auswirkungen - Faeser lobt Hilfe und „humanitären Kraftakt“

Im Januar wurden in Deutschland rund 29.000 Erstanträge auf Asyl gestellt. Würde man dies auf das Gesamtjahr hochrechnen, würde damit die im vergangenen Jahr registrierte Zahl von rund 218.000 Erstanträgen deutlich übertroffen - zumal der Trend der Einreisen eher weiter nach oben geht. Dabei spielen Krisen und Konflikte in vielen Teilen der Welt eine Rolle. Der EU ist indes immer noch kein größerer Wurf bei der Neuorganisierung ihrer Migrationspolitik geglückt.

Im vergangenen Jahr waren außerdem mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine gekommen. Sie besitzen angesichts des blutigen russischen Angriffskriegs einen Sonderstatus, benötigen aber ebenfalls Unterbringung, Sozialleistungen und weitere Versorgung. Faeser sprach in der Rheinischen Post von einem „humanitären Kraftakt“. Man habe viele Leben retten können, betonte sie.

Flucht und der Milliarden-Streit: Lindner verweist auf den Haushalt - und bleibt Gipfel fern

Vor allem kommunale Spitzenverbände, aber auch die Bundesländer verweisen seit Längerem auf erhebliche Lasten durch die hohe Zahl von Einreisen. Länder und Kommunen dringen auf eine komplette Übernahme der Wohn- und Gesundheitskosten durch den Bund. Dies wären etwa zwei Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich, genannt werden aber auch deutlich höhere Zahlen. Zudem solle der Bund mehr eigene Immobilien bereitstellen.

Für 2022 hatte die Bundesregierung Ländern und Kommunen zunächst pauschal zwei Milliarden Euro zusätzlich zur Versorgung der Menschen aus der Ukraine zugesichert. Im Oktober wurde dies um noch einmal je 1,5 Milliarden Euro zusätzlich für 2022 und 2023 für flüchtlingsbedingte Kosten erhöht. Für das laufende Jahr ergibt sich eine Summe von 2,75 Milliarden Euro. Auch gab es eine Zusage für Zahlungen von weiteren 1,25 Milliarden Euro ab 2023. Lindner wird am Gipfel nicht teilnehmen - ebenso wenig wie Scholz. Warnungen vor einer „Showveranstaltung“ wurden bereits laut.

Mit Blick auf weitere Forderungen verwies Lindner wiederholt auf begrenzte finanzielle Möglichkeiten des Bundes. Faeser argumentiert zudem, dass der Bund bereits 68.000 Plätze für Geflüchtete in 330 bundeseigenen Liegenschaften zur Verfügung gestellt habe. Davon sind offenbar etwa zwei Drittel belegt.

Flüchtlingsgipfel von Bund und Länder: Scholz‘ neuer Beauftragter soll Abhilfe schaffen

Um den Druck zu verringern, mehren sich auch Forderungen, die Abschiebung ausreisepflichtiger Menschen stärker voranzutreiben und sogenannte irreguläre Migration zu begrenzen. Dafür will sich der neue Sonderbevollmächtigte der Regierung, Joachim Stamp, einsetzen.

Umgekehrt wird auch diskutiert, Hindernisse für die Arbeitsaufnahme Geflüchteter - auch solcher, die nur über eine Duldung verfügen - abzubauen, um deren Integration in den Arbeitsmarkt und damit weg von staatlichen Sozialleistungen zu beschleunigen. (AFP/fn)

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